17.09.2021 - Wie produziert man gleichzeitig besonders viel Müll und verbrennt parallel noch Marketinggeld? Zum Beispiel, wenn man als internationale Digitalagentur einen QR-Code kommunizieren will.
von Joachim Graf
Das Meta Festival
ist ein "game-changing hybrid festival for digital masters and movers Sept. 23, 2021 at Metapolis" - was immer das auch bedeutet. Dazu hat uns die Depth Agency
netterweise eigeladen. Oder mir zumindest ein Dialogmailing geschickt.
Der erste Eindruck: Oh whow, ein in Plastikschutzfolie wattierter Umschlag. Das er mit einem standarisierten Etikett und gleich in zwei Versionen bei uns im Verlag ankommt, schmälert die Erwartung auf ein cooles (Werbe-)Geschenk etwas. Im Briefumschlag steckt - eine A5-Pappkarte mit einem QR-Code und einer (englischsprachigen) Einladung zu einem "day full of exciting talks on the latest trends in marketing, tech & commerce" auf einer "virtual 3D-Platform". Auf der Rückseite ist - derselbe QR-Code, nur in gross.
Die Personalisierung: Eine Anrede hat die Postkarte nicht. Warum ich (und die Kollegin) die Einladung bekommen haben? Warum ausgerechnet ich da (online oder physisch) teilnehmen soll? So viele Fragen. Aber vielleicht beantwortet der QR-Code sie?
Die Gestaltung: Der QR-Code (wie auch der begleitende QR-Code) führt mich - auf ein Google-Docs-Dokument: "Welcome to Metapolis" steht da. Und ein interaktiver Fragebogen: "How would you like to participate in the Meta Festival!" (Ausrufezeichen, nicht Fragezeichen). Eine parallele Google-Suche nach dem Festival klärt mich darüber auf, dass der Eintritt zu dem Festival zwischen 769 und 19 Euro kostet, 39 Speaker auf 4 Stages bietet und über Xing gekauft werden kann.
Eine Postkarte von einem internationen Digitalagentur-Netzwerk, die in einem Plastikumschlag steckt, die einen QR-Code enthält, der auf ein Google-Doc führt, das auf eine Xing-Buchungsseite führt, um einen VR-Event zu bewerben, den man nicht sehen kann: Das müssen die "latest trends in marketing, tech & commerce" sein, von denen das internationen Digitalagentur-Netzwerk sprach.
So hat das Mailing bei mir funktioniert: Geht es nur mir so, dass ich es für zutiefst unhöflich halte, wenn mir als deutschem Staatsbürger eine deutsche Agentur für einen überwiegend deutschsprachigen Event eine englischsprachige Einladung schickt? Ich finde die englische Sprache genau so cool oder uncool wie (beispielsweise) die serbokroatische, finnische oder malayische. Warum muss ich einen Werbetext dann aus dem Englischen übersetzen? Höflich und personalisiert (latest trend in marketing, you know!) wäre eine deutschsprachige Version. Und eine persönliche Ansprache. Und eine Landingpage, die nicht Google Docs ist (latest trend in tech!). Vielleicht wäre ein vernünftiger Checkout auch nicht schlecht (latest trend in commerce!)
Ich wollte übrigens vom zuständigen Marketingmensch wissen, warum wir zweimal eine gedruckte Pappkarte mit einem QR-Code in einem Plastikumschlag bekommen haben - welcher garantiert nicht recylingfähig ist (latest trend in Nachhaltigkeit. Heared about?). Man hätte ja, anstatt das Porto für die Deutsche Post zu optimieren, einfach eine ökologisch deutlich ressourcenschonendere und Portokosten senkende Papppostkarte verschicken können?
Die Antwort auf meine Frage nach dem Plastikmüll an viele Menschen verblüffte mich auf so vielen Ebenen: " Da wir beide persönlich zum Event einladen wollen, haben wir an beide getrennte Einladung geschickt. Diese Entscheidung basiert sowohl auf hygienischen Gründen, als auch auf der Tatsache, dass wir nicht davon ausgehen können, dass alle Personen derzeit im Office arbeiten."
Welcher Dialogmarketer erklärt dieser "internationalen Digitalagentur mit über 2000 erfahrenen Denkern & Machern" wie Dialogmarketing funktioniert? Und Marketingtech? Und E-Commerce? Und Nachhaltigkeit?
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