01.07.2021 - Das sechsteilige B2B-Mailing von Werbemittelhersteller TOP-Werbemittel zieht alle Register klassischer Dialogmarketing-Kunst. Und wirkt dennoch seltsam aus der Zeit gefallen.
von Joachim Graf
Ich liebe Geschenke. Was kann individueller sein als ein Geschenk mit eigenem Firmenlogo? Wenn dann noch Pfefferminzpastillen ins Spiel kommen, ist der Tag gerettet.
Der erste Eindruck: Ein dicker Fensterbriefumschlag, vorne mit dem Firmenlogo von TOP-Werbemittel
, hinten mit einem Marketing-Sinnspruch bedruckt. Innen eine mit dem eigenen Verlagslogo digital bedruckte 6x5cm Pfefferminzdose, das ist schon einen zweiten und dritten Blick wert. Vier Fotos auf dem Anschreiben, dazu ein "Offerte"-Störer und das Wort "Gratis": Hier beherrscht jemand die hohe Dialogmarketingschule. Dabei liegen ein Bestellschein, ein Rückantwortumschlag und ein Zusatz-Informationszettel - mit dem Mailing beschäftigt man sich durchaus eine Weile. Gut gemacht.
Die Personalisierung: Wer Produktindividualisierungen verkaufen will, muss Produktindividualisierungen zeigen. Das klappt. Sogar das Foto auf dem Anschreiben zeigt das individualisierte Produkt. Auch der Antwortbogen ist bereits personalisiert. Alles professionell gemacht. Einziger Schönheitsfehler: Unser (farbiges) Firmenlogo ist schwarzweiß aufgebracht, deswegen geht der Bestellturbo "ohne Änderung wie bemustert" leider ins Leere.
Die Gestaltung: Von der persönlichen (farblich abgesetzten) Unterschrift des Geschäftsführers, über Zusatzargumentations-PS und die persönliche "Reservierungsnummer" bis hin zum Trust-Argument "Geschenk-Ideen seit 1966": Der Dialog mit dem Kunden ist professionell gestaltet. Hier sind Profis am Werk, die ihr Dialogmarketinggeschäft offensichtlich seit vielen Jahren erfolgreich betreiben.
Hauptargumentation: Wenn ich binnen vier Wochen bestelle, erhalte ich 20 Prozent mehr Ware. Die Gratis-Stückzahlen sind auf dem Antwortbogen je Bestellmenge schlauerweise nochmal extra aufgeführt. Ansonsten muss das Warenmuster überzeugen - und der Servicezettel, der mir Ideen geben soll, wann ich das Döschen verschenken soll.
So hat das Mailing bei mir funktioniert: Wir leben aktuell in virtuellen Zeiten ohne Messen (keine Give-aways), mit digitalen Angeboten und Einkäufern im Homeoffice. Aber dazu findet sich in diesem Mailing kein Wort. Die Zeitlosigkeit dieses Mailings war vor Corona ein Zeichen für die hohe Dialogkompetenz des Unternehmens. Jetzt bietet es mir ein Lösung für ein Problem, das ich (aktuell) nicht habe.
Dieses Problem wird sich hoffentlich in Zukunft lösen, wenn es wieder Messen gibt, wenn es wieder Face-to-Face-Gespräche mit Einkaufsverantwortlichen gibt, wenn es wieder Menschen gibt, die Geschäftspost im Büro entgegennehmen. Ein anderer Aspekt lässt mich das Mailing als ein wenig altertümlich und verstaubt empfinden: Das fast völlige Fehlen des Dialogs Richtung online.
"Am schnellsten geht´s per Fax", schreibt Geschäftsführer Ralf Wendel
und lässt einen Fax-Bestellschein und einen Briefumschlag an Frau oder Tochter (?) beilegen. Nein Herr Wendel, am schnellsten geht es per Web: Wo ist der QR-Code und personalisierte URL für die personalisierte Landingpage, sodass ich die angebotene Bestellung online aktualisieren und abschicken kann? Wo ist auf Ihrer (immerhin im Mailing kommunizierten) Website mindestens das zum Mailing korrespondierende Online-Angebot? Die Website beherrscht immerhin Funktionen zum Upload von eigenen Logos und zur Individualisierung eines Teils des Angebots. Eine crossmediale Kombination aus Online- und Direktmarketing- Know-how würde den Dialog schnurstracks in die 20er Jahres des 21. Jahrhunderts katapultieren.
In unserer Rubrik "Dialog des Monats" stellen wir Dialogmaßnahmen vor, die uns aufgefallen sind. Rezensionsvorschläge nehmen wir gerne entgegen.
Mehr zu diesem Thema und weiteren Themenschwerpunkten können Sie hier
als E-Paper, Ausgabe 06/2021 lesen.
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