20.04.2021 - Viele Handelsunternehmen verschicken Minikataloge per Dialogpost. Doch eine Dialogkommunikation ist dabei nur selten zu sehen.
von Joachim Graf
Der Briefkasten ist die aufmerksamkeitsstarke Alternative zur Onlinekommunikation, die unter Aufmerksamkeitsdefizit und DSGVO leidet. Weil der Hauptkatalog vielfach zu teuer ist, ersetzen Handelsmarketer sie durch Minikataloge - als Start der Anstoßkette, die im Web oder Laden enden soll. Beispiel: Gewürzhersteller Gefro
, Ikea
und der Rewe Lieferservice
.
Der erste Eindruck: Statt mit einem Katalog zeigt Rewe seine Waren in echt: Aufmerksamkeitsstark sind dem Klappmailing drei Teebeutel beigeklebt. Das öffnet man doch gerne. Gefro verspricht gleich neben der Adresse ein "Tomatenmesser gratis". Ebenfalls eine starke Motivation, das Mailing zu öffnen. Dagegen ist der Produkt-Hero, den Ikea abbildet (Duftkerze mit "neuem niedrigen Preis") eher schwach.
Die Personalisierung: Rewe und Ikea sprechen die Adressaten persönlich mit Vorname an - Ikea stilecht mit einem schwedischen "Hej". Beim Traditionshersteller Gefro fehlt nicht nur die Anrede - sondern sogar der Name in der Anschrift.
Die Gestaltung: Das Gefro-Mailing hat viele kleine Elemente, die auf die langjährige Direktmailing- Erfahrung hinweisen: Die aufgedruckte Umklappecke samt Aktionshinweis "Angebote entdecken" auf der Aufreißlasche, die zusätzlich den Hinweis auf ein Bestellgeschenk enthält. Ein Produkthero mit weiterer Dreingabe-Versprechen und den persönlichen Brief des Chefs - so hat man es in den Hochzeiten des Dialogmarketings gelernt.
Ikea bildet auf hochwertigem Papier seine Produkte ab, wie man es aus dem Ikea-Katalog gewohnt ist - allerdings mit kaum weniger Bild- und Textmaterial, was den Prospekt sehr voll erscheinen lässt. Rewe begnügt sich mit drei Zeilen Text, einer anonymen Unterschrift "Dein Lieferservice Team" und einer Zeile Vorteilsargumentation. Weitere 15 Zeilen in Sechs-Punkt-Schrift dienen der AGB-Einschränkung des ausgelobten 10-Euro- Gutscheins und dem Datenschutzhinweis, nach dem die Adresse von Bertelsmann-Tochter Bedirekt
zugekauft worden ist.
Hauptargumentation: Am klarsten kommuniziert Gefro: "Kaufe Gewürze und Du kriegst was geschenkt", das ist die leicht verständliche Botschaft. Weil sowohl Gewürze als auch Messer bei dem Anbieter eine hohe Produktqualität aufweisen, wird das Mailing vor allem bei Stammkunden sicherlich funktionieren.
Auch das Ikea-Mailing ist Stammkunden vorbehalten. Alles ist im gewohnten Ikea-Stil. Angebote oder ein ausdrücklicher Call-to-Action sucht man allerdings vergebens.
Warum Rewe ausgerechnet an den HighText- Geschäftsführer eine Produktprobe mit Fenchel- Anis-Kümmel-Tee schicken muss, erschließt sich nicht. "Jetzt Lieblingstee bestellen und sparen" ist für einen Service, der sich vielleicht an Geschäftskunden richtet, eher schwach.
Crossmedia und die Anstoßkette: Ikea ist sich selbst genug, die Standard-URL findet man im Kleingedruckten. Rewe kommuniziert im Flyer immerhin eine spezielle URL. Dort wird das Thema "Tee" allerdings nicht aufgegriffen, sondern redirected auf eine "Themenwelt Büroeinkauf". Wer erzählt den Verantwortlichen etwas von speziellen Landingpages? Solche Landingpages beherrscht Gefro, auch wenn der Aktionscode eher versteckt ist und die URL der Website nur kleingedruckt auf dem papiernen Bestellcoupon zu finden ist.
So haben die Mailings bei mir funktioniert:
Adressqualität, Personalisierung, Dialogkonzeption, crossmediale Umsetzung: Bei allen drei Händlern ist deutlich Luft nach oben. Bestellen würde ich nur bei Gefro. Weil die Messer wirklich gut sind und ich da Stammkunde bin. Aber das wissen die Jungs und Mädels von Gefro ja nicht.
In unserer Rubrik "Dialog des Monats" stellen wir Dialogmaßnahmen vor, die uns aufgefallen sind. Rezensionsvorschläge nehmen wir gerne entgegen.
Mehr zu diesem Thema und weiteren Themenschwerpunkten können Sie hier
als E-Paper, Ausgabe 1-2/2021 lesen.
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