Bild: Jarrett Campbell / wikicommons
Vor 36 Jahren wurde in Deutschland die erste E-Mail versendet. Seither hat diese einen langen Weg hinter sich und wird hinsichtlich ihres Potenzials als Marketingkanal regelmäßig totgesagt. Die Zahlen ergeben ein anderes Bild: 94,6 Prozent (Vorjahr: 92,7 Prozent) der Unternehmen setzen EMail-Marketing ein, 84,7 Prozent (76,0 Prozent) verschicken einen Newsletter. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen nutzen die Website zur Leadgenerierung (70,0 Prozent, gegenüber 60,5 Prozent im Jahr 2018). Auch die Technik hat sich professionalisiert. So nutzen inzwischen knapp zwei Drittel der Unternehmen professionelle Versandsysteme, die Hälfte versenden über zertifizierte Mailserver - im Vorjahr waren es vier beziehungsweise sieben Prozentpunkte weniger.
EMail-Marketing ist in deutschen Unternehmen fest etabliert.
Grafik: DDV/Absolit, Grafik: HighText
Wenngleich die Herangehensweise an das Thema EMail-Kommunikation und die dahinterstehende Versandinfrastruktur immer professioneller wird, werden viele Basics weiterhin missachtet. Zu diesem Ergebnis kommen die alljährlichen E-Mail-Marketing Benchmarks, entstanden in Zusammenarbeit zwischen dem
Deutschen Dialogmarketing Verband (DDV)
und
Absolit Dr. Schwarz Consulting
. Im Rahmen der Studie wurden die EMail-Marketing-Aktivitäten der 5000 wichtigsten deutschsprachigen Unternehmen aus neun Branchen auf bis zu 150 Kriterien aus sieben Themenbereichen untersucht.
Schon bei der Personalisierung trennt sich die Spreu vom Weizen: So fragen zwar noch 52,9 Prozent aller deutschen Unternehmen bei der Registrierung nach dem Namen des Neuabonnenten. Im Vorjahr 2018 waren es erst 46,7 Prozent. Wirklich personalisieren jedoch nur neun von zehn personalisierungswilligen Unternehmen - hier ist der Wert schließlich rund sieben Prozentpunkte niedriger. Eine Begrüßungs-EMail verschickt dann nur noch eine Minderheit. Den nächsten Schritt, eine Willkommenskampagne, geht sogar nur ein Prozent der Untersuchten. Angewandte 1:1-Kommunikation ist also in deutschen Marketingabteilungen durch die Bank eher die Ausnahme als die Regel.
Noch schlimmer wird es, wenn man die 5.017 untersuchten Unternehmen nach Branchen sortiert und die einzelnen Branchen miteinander nach folgenden sieben Kriterien vergleicht:
- Dialog - Wie umfassend ist der digitale Kundendialog?
- Technik - Wie professionell ist die Versandtechnik?
- Sicherheit - Wie gut schützt sich das Unternehmen?
- Neukunden - Dient die Website zur Leadgenerierung?
- Automation - Wie ist der Einsatz von Marketing Automation?
- Recht - Werden geltende Gesetze beachtet?
- Gestaltung - Sind die versendeten E-Mails professionell gestaltet?
ONEtoONE liegen die Ergebnisse im Detail vor und hat 57 Branchen einzeln nach den sieben Faktoren untersucht: Dabei haben wir jeweils die Durchschnittswerte nach Branche gebildet und verglichen, ob die Ergebnisse im Gesamtdurchschnitt über- oder unterdurchschnittlich sind. Ergebnis: Vor allem Touristik und Handel positionieren sich in vielen der sieben Faktoren unter den Top-10%-Branchen, auch einzelne Markenhersteller schneiden überdurchschnittlich ab.
Top: Handel, Flop: Gesundheitssektor und B2B
Stark unterdurchschnittlich schneiden vor allem B2B-Unternehmen und Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft ab. Hier finden sich sehr viele Faktoren, bei denen einzelne Branchen zu den schlechtesten fünf Prozent gehören. Zählt man die Treffer bei "beste" und "schlechteste" in den sieben Faktoren sowie den beiden Personalisierungsfragen zusammen, ergibt sich folgendes Ranking:
Der Handel bleibt Best-Practice-Branche im EMail-Marketing.
Grafik: Absolit/iBusiness
Die Branchen mit dem besten EMail-Marketing und der besten Personalisierung
- Mode+Kosmetik-Handel (in 8 von 9 Faktoren bei den zehn Prozent der besten Branchen)
- Universalhandel (8 Faktoren)
- Lebensmittelhandel (7 Faktoren)
- Spezialhändler (7 Faktoren)
- Airlines (7 Faktoren)
- Sport/Freizeit-Handel (5 Faktoren)
- Sport/Freizeit-Hersteller (5 Faktoren)
- Reiseportal (5 Faktoren)
- Reiseveranstalter (5 Faktoren)
- Modehersteller (4 Faktoren)
- Fremdenverkehrsbüro (4 Faktoren)
- Hotel (2 Einträge)
- Krankenversicherung (1 Faktor)
So haben einhundert Prozent der untersuchten Mode- und Kosmetikhändler sowohl EMail-Kommunikation als auch Newsletter, drei Viertel fragen den Namen ab, mehr als zwei von drei Unternehmen begrüßen Neuabonnenten. Auch die weiteren Handelsbranchen sind quer durch die Segmente überdurchschnittlich digital unterwegs - wohl ein Zeichen für den hohen Wettbewerb in diesen Branchen. Das gilt auch in der Tourismus-Industrie, auch hier sind überdurchschnittlich viele Unternehmen digital unterwegs. Dass es sich bei den Top-Branchen um eine durchgehende Digitalqualifikation handelt, zeigt sich daran, dass in diesen Branchen auch in weiteren Detailkategorien wie Technik, Sicherheit, Recht oder Gestaltung in der Regel überdurchschnittlich gute Durchschnittswerte zu finden sind.
Krankenhäuser (in 6 von 9 Faktoren bei den fünf Prozent der schlechtesten Branchen), B2B-Energieunternehmen (5 Faktoren), die Metall-Industrie (3 Faktoren), Stadtwerke (2 Faktoren ) und Automobilzulieferer (2 Faktoren) schneiden besonders schlecht ab.
(Leseanleitung: Die Durchschnittswerte der Universalhändler gehören bei acht der neun betrachteten Faktoren zu den besten 10 Prozent aller 57 Branchen; Die Durchschnittswerte der Krankenhäuser gehören bei sechs der neun betrachteten Faktoren zu den schlechtesten 5 Prozent aller 57 Branchen.)
Das ist um so bemerkenswerter, als vergleichbare Branchen durchwegs mit besseren Digitaldurchschnitten aufwarten können. Der EMail-Index der B2B-Energieunternehmen ist zum Beispiel 20 Prozentpunkte niedriger als derjenige der Energieversorger. Während die Unternehmen der Metallindustrie gleich in drei Kategorien zu den schlechtesten fünf Prozent gehören, schneiden die Maschinenbauer durchwegs besser (wenn auch nicht viel besser) ab. Kliniken gehören gleich in 6 von 9 Faktoren zu den durchschnittlich fünf Prozent der schlechtesten Branchen, Unternehmen aus parallelen Branchen wie Arzneimittel, Fitness, Gesundheitsdienstleister und Medizintechnik landen in einzelnen Fällen sogar in den oberen Bereichen des Durchschnitts.
Monatlich, wöchentlich oder gar täglich? Das Thema der richtigen Versandfrequenz ist ein Evergreen des EMail-Marketings. Im besten Fall bestimmt der Leser die Frequenz selbst, im schlimmsten Fall wird der Empfänger ohne Rücksichtnahme auf dessen Interaktionrate mit E-Mails überschwemmt. Die Varianz der durchschnittlichen Mails pro Monat ist im
Branchenvergleich riesig - von Händlern hört man im Schnitt zweimal pro Woche, von Unternehmen aus dem Energiesektor nur jeden zweiten Monat. Betrachtet man die durchschnittliche Frequenz, in welcher Unternehmen Mails versenden, zeichnet sich ein zweiwöchentlicher Versandrhythmus ab.