04.01.2024 - Durch die anhaltende Inflation gucken die Deutschen beim Einkaufen stärker auf den Preis. Da kommen Coupons gerade recht. Doch ist die Marketingstrategie auch dazu in der Lage, Spontan-Käufer bis hin zu Schnäppchenjägern nachhaltig an sich zu binden?
von Irmela Schwab
Das Einkaufsband ist voller Waren. Der Kassierer zieht ein Produkt nach dem anderen über den Scanner. "Macht 138,55 Dollar." Die Kundin reicht ihm daraufhin lächelnd eine Handvoll Coupons. "Wirklich?" Die Kasse rattert, die Summe schrumpft. Am Ende bezahlt die Vorstadthausfrau Connie einen Klecksbetrag von 16,45 Dollar. Der Hollywood-Film "Queenpins", auf deutsch "Coupon-Königinnen", zeigt wie Couponing funktioniert.
Oder besser: nicht funktioniert. "Aus Sicht von Marken-Verantwortlichen sollte eine Couponing-Aktion so nicht ablaufen", rät Philipp Timm, der nicht nur die "Queenpins" gesehen hat, sondern als Managing Director des Promotion-Dienstleisters Savi
alle Spielarten des Rabatt-Marketings beherrscht - und davon gibt es viele. "Markenartikler können gemeinsam mit dem Handel das Einkaufsverhalten in gewünschte Bahnen lenken", erklärt er.
Szenario eins: Eine Marke möchte ein neues Produkt lancieren und sicherstellen, dass es die Konsumenten bemerken und auch kaufen. Ein kleiner Nachlass auf den regulären Preis ist da ein gutes Werbemittel.
Szenario zwei: Bevor das neue Produkt in den Handel kommt, soll das schon ältere Produkt Platz in den Regalen machen. Das gelingt ebenfalls über einen Coupon, der KundInnen zum Kaufen anregt. "Der Markenartikler zeigt dem Händler außerdem, dass seine Produkte gut ankommen, so dass er künftig eine gute Platzierung erhält", weiß Timm.
Szenario drei ist ebenfalls mit einem Hintergedanken verbunden. Diesmal will ein Wettbewerber der besagten Marke ein konkurrierendes Produkt auf den Markt bringen. Um ihre Position zu stärken, reagiert die Marke damit, dass sie ihre Produkte mit einer Coupon-Aktion bei der Zielgruppe preislich attraktiver macht - und dem Konkurrenten das Leben erschwert.
1. Rabatt auf alles geben: 20 Prozent auf alle Warengruppen ist keine gute Idee. Die KundInnen nehmen dadurch kein Produkt wahr, sondern sehen nur das Sortiment als Ganzes. Somit ist keine nachhaltige Kundenbindung möglich. Große Handelsketten können dagegen eine Ausnahme sein. Zum Beispiel verfolgt Rossmann mit seinem Zehn-Prozent-Coupon, die in seiner App hinterlegt ist, die Strategie, einzelne Warenkörbe bestimmter Zielgruppen zu analysieren und diese Insights für das Geschäftsfeld Retail Media zu nutzen.
2. Zu viele Rabattaktionen fahren: Wenn ihr Lieblingsprodukt günstiger als normalerweise ist, betrachten es die Käufer als Geschenk. Wird der Artikel aber ständig rabattiert feilgeboten, verliert es in den Augen der Konsumenten an Wert. Sie werden das Produkt höchstwahrscheinlich nur noch dann erwerben, wenn es wieder eine Coupon-Aktion gibt.
3. Aktionen nicht eingrenzen: Coupons in beliebiger Vielzahl und unbestimmter Dauer anzubieten, hat schon vielen Unternehmen hohe Umsatzverluste beschert. Besser ist es, vorher genau zu kalkulieren, um Anzahl und Zeitraum genau bestimmen zu können. ExpertInnen raten auch, Coupons jeweils mit einem Code zu versehen, der einem bestimmten User zugeordnet ist.
4. Mehrere Coupons auf einmal bieten oder mit weiteren Rabatten mischen: Im Laden ist ein Produkt, das normalerweise 3,60 Euro kostet, mit einem Rabatt von einem Euro versehen. Zeitgleich ist ein Coupon im Umlauf, der für das Produkt ebenfalls einen Preisvorteil von einem Euro bietet. Am Ende kostet der Artikel nurmehr 1,60 Euro. Das schmälert die Marge um einiges. Das passiert zuweilen größeren Firmen, bei denen mehrere Marketer mit verschiedenen Ansprechpartnern sprechen.
5. Alles auf klassisches Couponing setzen: Bei den "Queenpins" hat der Händler in der geschilderten Szene gleich zwei Fehler gemacht. Zum einen hatte er zu viele rabattierte Produkte in seinem Laden, das lockt vor allem Schnäppchenjäger an, die gerne günstig einkaufen. Dies erlaubt dem Händler nicht mal, Rückschlüsse auf bestimmte Warenkörbe und Zielgruppen zu ziehen. Zum anderen: Die Coupons standen alleine für sich. Um aus spontanen KäuferInnen wiederkehrende KundInnen zu machen, sollten Marken die Coupons besser mit einem Loyalty-Programm kombinieren.
Bei MyWellness
ist Marwa Dreykluft gerade dabei, die einzelnen Spielarten des Couponmarketings auszuprobieren und zu verfeinern. Die Marketingleiterin bewirbt einmal jährlich, am Black Friday im November, ihr Angebot zu indidividuellen Spa-Erlebnissen mit einer großen Coupon-Aktion. Damit will sie vor allem Zielgruppen ansprechen, die noch nicht zu den MyWellness-KundInnen zählen. Zusätzlich gibt es ein Bonusprogramm, das jeden zehnten Besuch eines Privat-Spas an den Standorten Berlin oder im Bundesland Nordrhein-Westfalen mit einem Gratis-Aufenthalt belohnt. "Beide Maßnahmen waren nicht richtig miteinander verzahnt", sagt Dreykluft.
Die Problematik: User konnten am Black Friday mehrere der digitalen Coupons sammeln und einlösen. "Häufig landen die Coupons auf Deal-Seiten, wo Schnäppchenjäger nach guten Angeboten suchen", schildert die Marketingleiterin. Ob die Jäger und Sammler von den Rabattscheinen wieder kamen und auch zum regulären Preis buchten? Ungewiss.
Um Gewissheit zu bekommen und Gelegenheitskäufer in echte KundInnen zu wandeln, hat Dreykluft im vergangenen September das Treueprogramm "Friends" eingeführt. Für jede einzelne Buchung oder Einkäufe im Spa-Shop erhalten KundInnen nun Punkte, die er für weitere Spa-Besuche sowie weitere Dienstleistungen einsetzen kann.
MyWellness wiederum kann den KundInnen über das Punkteprogramm schneller und unkomplizierter einzelne Aktionen anbieten. Beispiel: "Wenn wir in einem unserer Standorte speziell den Umsatz von Getränken steigern möchten, incentivieren wir das Produkt für einen begrenzten Zeitraum mit Extra-Treuepunkten. Auch kann das Produkt mit bereits gesammelten Punkten bezahlt werden." Genauso plant Dreykluft den nächsten Black Friday: Die Coupons will sie nun mit den Punkten des Treueprogramms enger verknüpfen.
Um mehr VerbraucherInnen mit Kindern anzusprechen, hat der Hygieneartikel-Hersteller Kimberly-Clark
für sein Produkt DryNites mit Savi eine Couponing-Kampagne umgesetzt. Die Ziele: Aufmerksamkeit für das Produkt, mehr Absatz und eine hohe Kundenbindung.
Nachdem die passenden Händler für die Aktion gefunden waren, galt es die Rabatthöhe zu bestimmen. So hoch wie nötig, um nicht die Marge am Produkt zu verlieren, aber doch so viel, um einen Kaufanreiz auszulösen. Gleichzeitig muss auch die aktuelle Marktsituation ? etwa Aktivitäten des Wettbewerbs ? beachtet werden, sodass Aktionen zum richtigen Zeitpunkt gestartet werden können. In der ersten Ansprache setzte Kimberly-Clark auf eine Cashback-Aktion. Die Eltern konnten das Produkt in Ruhe zu Hause ausprobieren und sich via Scan des Kassenbelegs von Savi den Kaufpreis komplett erstatten lassen. Über die Savi DMP ist das technisch nur einmal pro VerbraucherInnen möglich, was die Unternehmen vor Betrug schützt. Die gewonnen Kontaktadressen durch die Cashback-Aktion mit datenschutzkonformen Einwilligungsbestätigungen der VerbraucherInnen erlauben es nun gezieltes Couponing durchzuführen und die Käufer der DryNites-Produkte gezielt anzusprechen: Den KäuferInnen wurden via E-Mail ein Zwei-Euro-Coupon für den Nachkauf angeboten. Der digitale Coupon konnte dann bei den Handelspartnern an der Kasse eingelöst werden. Kimberly-Clark konnte mit der Promotion die anvisierten Ziele erreichen und den Absatz seiner Produkte messbar steigern. Zudem konnte die Marke direkte Verbraucherkontakte herstellen, die für weitere Ansprachen genutzt werden können ? auch für andere Produkte, die für Familien mit Kindern interessant sind.
Der Experte, der Dreykluft berät, ist Georg Dirk, Managing Director bei Gurado
. Der Couponing-Dienstleister unterstützt seinen B2B-Kunden mit einer IT-Lösung, um die Rabatte sicher abzuwickeln. Zum Gurado-Kundenstamm gehören - neben MyWellness - auch Blumen Risse, Lotto und FTI. Über sein Framework können die Händler einzelne Coupons mit Codes versehen und verschiedenen digitalen Kanälen zuordnen, auf denen sie dann ausgespielt werden. Nachdem KundInnen sie dort heruntergeladen haben, können sie diese im Web-Shop oder im stationären Geschäft über eine Schnittstelle im Kassensystem einlösen.
Vom Einsatz von Coupons allein rät Dirk seinen KundInnen entschieden ab. Die Lektionen von den Anfängen des Coupon-Marketings sind gelernt: Als die US-amerikanische Plattform Groupon 2008 in den Markt kam, boten etliche Unternehmen ihre Produkte zum Schleuderpreis feil. Da etliche KäuferInnen jedoch nur das Angebot mitnahmen ohne wiederzukommen, litten die Umsätze der Anbieter. Das soll sich nicht wiederholen: "Der Markt bewegt sich derzeit weg vom klassischen Couponing hin zu einem ganzheitlichen Loyalty-Ansatz", stellt Dirk fest.
Klassisches Couponing: Digitale Coupons oder solche in Papierform können beim Anbieter direkt eingelöst werden. Das klassische Couponing eignet sich beim Erstkontakt, um die KundInnen zum Angebot zu führen. Üblich ist es, den KundInnen einen Coupon mit einem prozentualen Rabatt zu gewähren. Alternativ bewähren sich Coupons mit einem festen Wert, die manchmal auch an einen bestimmten Mindesteinkaufwert gekoppelt sind.
Cashback-Aktionen: KundInnen zahlen zunächst den regulären Preis und erhalten im Nachhinein zumindest einen Teil der Kaufsumme zurück.
Einkaufsgutschein: Reklamieren KundInnen ein Produkt, kann der Anbieter einen Einkaufsgutschein von einem bestimmten Wert bieten, um die KundInnen zufrieden zu stellen. Einen Gutschein anbieten können Händler und Marken auch, um KundInnen für ihre Treue zu belohnen.
Ein Chatbot informiert NutzerInnen ab sofort über wöchentliche Coupons in der Rewe App.
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82234 Weßling
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