O N E t o O N E 1 2 / 2 0 2 2 23 100%-Online-Pureplayer, der seit 2010 vom Modehändler Sty- leboom Textilhandels GmbH aus Nordrheinwestfalen betrieben wird. Die Idee: Urban Street Wear, vermarktet und präsentiert in kompletten Outfits. Positioniert für junge Zielgruppen zwischen 20 und 30 Jahre. Gemacht für Leute, die auf Top-Brands verzichten können, aber nicht auf Top-Preise und Top-Qualität. Zwar kann bei Seventyseven jedes Stück einzeln gekauft und beliebig kombiniert werden. Präsentiert und vermarktet werden die Textilien jedoch vorwiegend als Outfits. So wird den Kunden die Kaufentscheidung leichtgemacht (und die Warenkorbgröße gehoben). Eine hochmoderne, vollständig automatisierte Logistik, eine schlanke Organisation und das hocheffiziente, rein digitale Marketing sorgen für günstige Preise. Mit diesem Konzept konnte Seventyseven in den vergangenen zwölf Jahren auf inzwischen mehr als 3,5 Millionen KundInnen wachsen und ist zu einer digi- talen Erfolgsgeschichte aus Deutschland geworden, die die kom- plette digitale Klaviatur von Instagram, Facebook über Amazon sowie eigenen Android- und iOS-Apps perfekt spielt. Der Kater nach der 3rdPartyDataParty Aber auch digitale Kanäle kennen Wachstumsgrenzen. Immer mehr Werbekunden haben Social Media inzwischen für sich ent- deckt. Die Konkurrenz um die Aufmerksamkeit wächst folglich, während das Nutzerwachstum seinen Zenit überschritten hat. Das alles lässt die Kosten steigen und die Performance sinken. Dazu kommen: Cookie- und Tracking-Regeln, DSGVO, ePrivacy und TTDSG. Kurz: Der Third-Party-Data-Rausch geht dem Ende zu. Nutzerdaten unterliegen immer stärkeren Einschränkungen und auch First-Party-Data bieten oft nicht den gewünschten Ausweg. Denn ohne den obligatorischen Marketing-Consent dürfen auch sie nicht digital genutzt werden. Keine guten Bedingungen für das gewünschte weitere Wachstum bei digitalen Senkrechtstarten wie Seventyseven. Dabei bringen gerade Shopbetreiber eigentlich sehr gute Vor- aussetzungen mit. „Händler sitzen auf einem enorm wertvollen Datenschatz, weil sie über direkte Kundendaten verfügen“, weiß van der Loo. „Name, Adresse, Bestellhistorie, Umsatz, Bonität, Kauffrequenz, Produktvorlieben, stehengelassene Warenkörbe und gemerkte Artikel – über alle diese Informationen verfügen Händler aus erster Hand. Die Kunst besteht darin, diesen Schatz rechtlich einwandfrei zu heben.“ Vorsicht, Spoiler: Conversion > 20% Zu diesem Zweck entwickelten die beiden Partner eine Waren- korbabbrecher-Kampagne, in der Seventyseven-Kunden hochper- sonalisiert per Brief angesprochen werden. Als Auslöser (Trigger) dienen stehen gelassene Warenkörbe von registrierten KundInnen im Online-Shop. Weil für den Postversand keine Marketing-Consent nötig ist, aber von allen registrierten KundInnen eine Anschrift vorliegt, lassen sich 100 Prozent der Zielgruppe erreichen. dation Engine als Next Best Offer ausgewähltem Outfit. Eine in der Höhe individualisierbarer Rabattcode dient als Action-Getter und – genau wie die personalisierten QR-Codes – der exakten Messbarkeit der Aktion. So simpel die Mechanik, so groß der Erfolg: Durchschnittlich 21,1 Prozent der mit einem Print-Mailing bespielten Warenkorb- abbrecher konnten seit Kampagnenen-Start in den fortlaufend gemessenen Vierwochen-Zeiträumen reaktiviert werden, gibt Smartcom-Chef van de Loo an. „Nicht immer sind das die Produkte aus dem liegengelassenen Warenkorb, oft auch das Next-best-Offer oder ein anderes Produkt.“ Das bedeutet: Bei der durchschnitt- lichen Warenkorbgröße von Seventyseven liegt der Return-on- Advertising-Spend (ROAS) bei 11,35 – ein hervorragender Wert. Simple Mechanik – aber viel Hirnschmalz Auch wenn der Kampagnen-Ablauf selbst schnell erzählt ist und simpel funktioniert, ist im Hintergrund eine Menge Know-how nötig, damit alle Räder reibungslos ineinandergreifen. Zunächst galt es, die notwendigen Informationen zu identifizieren. Im be- schriebenen Fall sind dies: ● Kunden-Stammdaten: Name, Adresse, Geschlecht, Marketing- Zustimmung ● Kaufhistorie: Vergangene Bestellungen, Retouren, Bonität ● Kaufverhalten: Warenkorb- und Merkzettel-Inhalt, Kanal-Prä- ferenzen ● Produktdaten: Produktbeschreibung und -bilder, Warenverfüg- barkeit, Komplementär-Artikel, Verfallsdaten und Saisonalität. Im nächsten Schritt analysierte Smartcom, wie und wo diese Daten im Unternehmen vorliegen und auf welche Weise sie über- mittelt werden können. Dabei verfolgt van de Loo einen pragma- tischen Ansatz: „Nach unserer Erfahrung hilft es selten, wenn erst große Software-Investitionen vorgenommen werden müssen. Wir versuchen, die Daten aus der bestehenden Infrastruktur abzuleiten.“ Im vorliegenden Fall hieß das: ● Shopsystem und ● Warenwirtschaft. Ein CRM oder eine Marktingsoftware, die oft als Minimalvor- aussetzung gefordert werden, stand nicht zur Verfügung. Auch wurden die relevanten Produkt- und Unternehmensdaten nicht in dedizierter Software (ERP, PIM oder DAM) verwaltet. „Shop und Warenwarenwirtschaft waren unsere Kernsysteme – und diesen konnten wir auch alle relevanten Informationen entnehmen, ohne Kompromisse bei den Kampagnen-Ergebnissen eingehen zu müs- sen“, sagt van de Loo. Für Seventyseven bedeutete dies: Minimale Software-Investitionen, sowie eine kurze Umsetzungsdauer, die den laufenden Betrieb zudem nicht tangierte. Daten finden, Daten aufbereiten, Daten nutzen Das Mailing selbst besteht aus einem Brief sowie einem Flyer, individualisiert nach Geschlecht und bebildert mit den Produkten aus dem Warenkorb sowie einem weiteren, von einer Recommen- Der Datenkonsolidierung folgt eine erste Analyse: Welche KundInnen sind überhaupt in der Datenbank? Werden sich die Marketingausgaben lohnen? Dazu eignet sich ein Score-