Corona, Flutkatastrophe, Impfdilemma, Afghanistan: Die Ereignisse und Themen dieses Sommers haben in der Stimmungslage der Menschen Spuren hinterlassen. Dies zeigen aktuelle Ergebnisse der Studienreihe Pilot Radar
, für die das Marktforschungsinstitut Norstat regelmäßig 1.000 Personen befragt. In der aktuellen 31. Welle (Erhebungszeitraum KW 33/2021) zeigt sich, dass sich die Sichtweise auf Corona relativiert hat. Mit steigenden Inzidenzwerten sinkt die Zuversicht (minus 19 Prozentpunkte), dass sich die Lage schnell normalisieren könnte.
Das viel beschworene "Wir-Gefühl", der Glaube an den gesellschaftlichen Zusammenhalt, ist weiter erodiert und mit 33 Prozent auf einem neuen Minus-Rekord angekommen. "Was wir in der Radar Zeitreihe deutlich verfolgen können, ist ein noch unspezifisches Gefühl bei den Menschen, dass sich etwas verändern muss, gleichzeitig ist eine ambivalente Ratlosigkeit zum ,Wie' spürbar - eine Stimmung, die die Markenkommunikation aktiv aufnehmen und in ihren Botschaften antizipieren kann", erklärt Daniel Daimler
, Leiter Marktforschung bei Pilot.
Zwei Drittel stimmen für mehr Rechte für Geimpfte
Auch wenn das Vertrauen in die Politik nach wie vor gering ausgeprägt ist (35 Prozent), werden die jüngsten Beschlüsse der Ministerpräsidenten-Konferenz überwiegend begrüßt. 80 Prozent sprechen sich dafür aus, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen auch weiterhin medizinische Schutzmasken vorgeschrieben bleiben - und dies, obwohl der Mund-Nasen-Schutz den Menschen immer lästiger wird. Aktuell stören sich 47 Prozent daran gegenüber 37 Prozent im Januar. 65 Prozent stimmen dafür, dass geimpften Personen mehr Rechte eingeräumt werden sollten als Ungeimpften. Hier steigt der Zustimmungswert sichtbar mit der Impfquote. Mit der Durchführung der Impfkampagne sind indes noch immer 61 Prozent der Befragten nicht oder überhaupt nicht zufrieden, obwohl inzwischen genügend Vakzine für all diejenigen zur Verfügung stehen, die sich immunisieren lassen wollen.
Die Deutschen begrüßen weiterhin klare Corona-Regelungen.
Grafik: Pilot
Klimawandel ist das neue Top-Thema
Corona ist nach eineinhalb Jahren zu einem festen und fast schon selbstverständlichen Bestandteil unseres Alltags geworden. Die Pandemie führt das Relevanz-Ranking noch immer an, allerdings mit dem niedrigsten Wert (76 Prozent) seit Erhebungsbeginn der Studien-Wellen im März 2020 (KW 13/2020: 96 Prozent). Dagegen rücken Themen wie der Klimawandel sowie Extremismus und Terror als direkte Reaktion auf die Geschehnisse in Afghanistan deutlich in den Vordergrund. Wirtschaftsthemen sind in der Wahrnehmung der Menschen nach zwischenzeitlichen Höchstwerten von 79 Prozent (2. Quartal 2020) auf nunmehr 12 Prozent abgesackt.
Niedrige Sorgen - stabile Konsumfreude
Zwei Drittel der Befragten befürchten, dass sich die Rückkehr zu einem normalen Leben durch das Auftreten neuer Mutationen weiter verzögern könnte. Deutlich abgenommen hat dagegen die Sorge um die gesundheitlichen Risiken durch Corona, dass sich etwa eine nahestehende Person mit dem Virus infizieren (42 Prozent) oder der Befragte selbst mit schweren Symptomen erkranken könnte (31 Prozent). Dies sind die niedrigsten Werte seit der ersten Welle. Das 'Sorgenbarometer' ist entsprechend auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2020 angekommen. Damit korreliert die Ausgabebereitschaft. Die Konsumfreude ist stabil, könnte saisonal bedingt allerdings in den kommenden Wochen abflauen.
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung.
Grafik: Pilot
Werbeinhalte: Umweltschutz schlägt Rabatte
In der Markenkommunikation haben Botschaften zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz am stärksten zugenommen. 74 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen Monaten Werbung mit diesen Aspekten häufiger oder gleich häufig wahrgenommen zu haben. An zweiter Stelle steht die Kommunikation von Rabatten und Preisen gefolgt von Innovationsthemen. Seltener registriert wurden im Vergleich zum Vorjahr Werbeinhalte, die ein Gefühl der Aufbruchstimmung oder positive Emotionen vermitteln sollten.
Damit treffen die werbungtreibenden Unternehmen laut Pilot den Nerv der Zeit, denn die quantitative Wahrnehmung von Themenbereichen deckt sich auch mit dem Interesse der Konsumenten. So erklärten 63 Prozent, dass ihnen Werbeinhalte zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit gefallen, 59 Prozent bekannten sich zur Preis- und Rabattkommunikation. Das Schlusslicht bildeten Botschaften zum sozialen Engagement (48 Prozent). Fazit für die Markenkommunikation:
"Viele Unternehmen haben verstanden, was die Menschen bewegt, und ihre Markenkommunikation stärker auf ,grüne' Themen ausgerichtet", so Daniel Daimler, Leiter Marktforschung bei Pilot.
"Allerdings besteht dabei auch die Gefahr einer Inflationierung auf Kosten der Substanz. Die Herausforderung besteht deshalb darin, nachhaltige Botschaften mit spezifischen und differenzierenden Markeninhalten aufzuladen wie etwa Innovationen oder Dienstleistungs-Mehrwerten - und damit auch konkrete Orientierungshilfen im Sinne positiver Veränderungen anzubieten."