Jede/r zweite VerbraucherInnenIn hat während der Pandemie neue Online-Aktivitäten aufgenommen. Das ist ein Ergebnis des '2021 Global Consumer Trends Reports' von Qualtrics
, Anbieter von Customer-Experience-Lösungen. Der Bericht zeigt, wie sich das Verhalten und die Erwartungen der deutschen VerbraucherInnenInnen nach der Pandemie verändern werden. Dazu wurden knapp 18.000 KonsumentInnen (darunter 1.000 aus Deutschland) aus 17 Branchen in 18 verschiedenen Ländern befragt.
Corona zwang die VerbraucherInnen fast über Nacht, digital zu werden. Somit ist es nicht verwunderlich, dass ganze 55 Prozent der Deutschen im Jahr 2020 neue Online-Aktivitäten aufgriffen: 16 Prozent nahmen zum ersten Mal an einem Online-Videoanruf mit Freunden oder Familie teil, 11 Prozent kauften erstmals Produkte im Web, für genauso viele war eine über das Internet bestellte Restaurantmahlzeit eine Premiere. Auch das Online-Bankengeschäft stieg um 8 Prozent.
Ob Kommunikation, Einzelhandel oder Fitness: Die Sehnsucht nach persönlichen Interaktionen ist groß
Corona hat die KonsumentInnen in den Jahren 2020 und 2021 mit diversen Lockdowns in die Schranken gewiesen. Die große Hoffnung liegt auf Januar 2022 - da erwarten die Deutschen die Rückkehr zum normalen Leben. Im weltweiten Vergleich freuen sich die deutschen VerbraucherInnen am meisten darauf, sich nach der Pandemie von ihren technischen Geräten abzuwenden. Sie möchten lieber zu persönlichen Treffen und Aktivitäten zurückkehren, bei denen sie ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Gemeinschaft verspüren.
So sinkt das Vorhaben, Online-Fitnesskurse nach der Pandemie zu besuchen (-36). Auch unsere europäischen Nachbarn wollen die digitalen Trainingsgeräte einpacken und wieder im echten Sportstudio schwitzen, darunter Frankreich (-8), Großbritannien (-23) und Spanien (-29).
Die Studie betrachtet die neuen Verhaltensweisen, die die VerbraucherInnen in Deutschland während der COVID-19-Pandemie annahmen. Die KonsumentInnen wurden gefragt, ob sie diese neuen Verhaltensweisen auch in Zukunft weiterführen (+) oder zu ihrem bisherigen Verhalten zurückkehren (-) werden, wenn sich das Leben wieder normalisiert. Die Ergebnisse werden mit einem Index von -50 bis +50 angegeben.
In Sachen digitale Kommunikation möchten die deutschen VerbraucherInnen weniger Online-Anrufe tätigen (-7). Ein Grund dafür könnte die relativ niedrige Zufriedenheit mit Internet- (69 Prozent Zufriedenheit) und Mobilfunkanbietern (mit 65 Prozent Zufriedenheit die am schlechtesten bewertete Branche in Deutschland) sein - eingefrorene Bildschirme und verzögerte Audiosignale tragen vermutlich dazu bei. Auch auf digitale Gottesdienste wird ein Großteil der Deutschen nach dem Ende der Pandemie verzichten (-40).
Zudem wird eine Verschiebung zurück zum persönlichen Bankgeschäft erwartet. Das liegt jedoch nicht an mangelndem Vertrauen in die Branche - 64 Prozent der Deutschen vertrauen den Banken - das Bedürfnis nach "echten" Erfahrungen Vorort überwiegt auch hier. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Deutschland deutlich von Großbritannien und Frankreich: Hier erwarten die Menschen nach der Pandemie mehr Online-Banking zu betreiben (Steigerung um +16 und +12).
In puncto Online-Shopping steigt in Frankreich und Großbritannien das Bedürfnis nach digitalen Erlebnissen (jeweils um +12), während es bei den Deutschen sinkt (-6), besonders beim Lebensmitteleinkauf (-17). Die Einzelhändler hierzulande müssen sich also auf eine Rückkehr der KonsumentInnen vorbereiten. Gleichzeitig darf der Anteil an KundInnen, der weiterhin lieber digital einkauft und sich eine kanalübergreifende Experience wünscht, nicht untergehen. Unternehmen sollten bereits jetzt darüber nachdenken, wie sie beide Segmente optimal bedienen können.
Online-Streaming als einziger Dauerbrenner
Einzig den Streaming-Diensten dürfte die wachsende Abneigung gegenüber dem digitalen Konsum egal sein: Die Deutschen erwarten, dass sie nach der Krise mehr TV oder Filme online schauen (+9). Die wachsende Nachfrage scheint auch die Qualität der Streaming-Dienste nicht zu beeinträchtigen: Die Branche wies während der Pandemie mit einem Wert von 86 Prozent den höchsten Zufriedenheitsgrad in Deutschland auf.
Von allen Anreizen, die eine Marke bieten könnte - niedrige Preise oder toller KundInnenservice - ist eine hohe Qualität der Produkte und Dienstleistungen für die VerbraucherInnen in Deutschland (48 Prozent) der wichtigste Faktor bei der Auswahl eines Unternehmens. Für Firmen bedeutet das: Mit oder ohne Krise, wenn die Qualität nicht stimmt, laufen sie Gefahr, knapp die Hälfte ihrer Kundschaft zu verlieren. Selbst eine großartige Customer Experience macht schlechte Qualität nicht wett. Bei den englischen und spanischen Nachbarn hingegen sind es nur 40 Prozent, bei denen Qualität über allem steht.
Der Umgang mit dem KundInnen liegt auf Platz zwei: Weltweit würden 23 Prozent der KonsumentInnen am liebsten von einem Unternehmen kaufen, das sie gut behandelt. Deutschland landet mit 20 Prozent, die den KundInnenservice über alles stellen, leicht unter dem Durchschnitt. Und während bei 26 Prozent den britischen KonsumentInnen die Zahl auf dem Preisschild ausschlaggebend ist, wenn sie sich für ein Unternehmen entscheiden, ist das nur bei 19 Prozent der Deutschen der Fall.
Wunsch nach kanalübergreifenden Kontaktmöglichkeiten wächst
Was die Studie auch zeigt: Es geht nicht immer darum, den ein oder anderen Kanal anzubieten. Oft macht es die Mischung. Unternehmen sollten genau hinschauen, welche Tätigkeiten VerbraucherInnen gerne online durchführen und wann sie den persönlichen Kontakt suchen. Beispielsweise möchten die Deutschen nach Corona wieder in ihre Bankfiliale gehen, hingegen eröffnen 30 Prozent ihr neues Bankkonto am liebsten Online. Das gleiche gilt beim Streaming: Der Online-Konsum von Filmen und Serien nimmt weiter zu, doch bei technischen Problemen wünschen sich 30 Prozent mit einem/r persönlichen Support-MitarbeiterIn am Telefon zu sprechen.
Besonders im KundInnen-Support erwarten VerbraucherInnen immer mehr Kanäle, über die sie mit dem Hersteller in Kontakt treten können. Deshalb sollten Unternehmen den KundInnen dort abholen, wo er sich aufhält - ob online, persönlich oder irgendwo dazwischen. Um beispielsweise einen neuen Mobilfunkvertrag abzuschließen, erwarten 18 Prozent der Deutschen VerbraucherInnen, dass sie Supportanfragen per Telefon, 44 Prozent über Self-Service-Angebote wie FAQs, Kontaktformulare oder Chatbots, 27 Prozent persönlich Vorort und 10 Prozent über einen Online-Chat lösen.