Einzelhandel

Einzelhandel nach Corona: Ein Viertel weniger Kundschaft

14.07.2021 - Deutsche KonsumentInnen wollen Besuche im stationären Handel um 24,7 Prozent reduzieren. 27,1 Prozent der deutschen VerbraucherInnen sagen, ihr Einkaufsverhalten habe sich durch die Pandemie dauerhaft verändert. Im europäischen Vergleich der niedrigste Wert.

von Christina Rose

Der aktuelle 'The Shape of Retail'-Report des Beratungsunternehmens Alvarez & Marsal (A&M)   und Retail Economics   zeigt, dass VerbraucherInnen in Deutschland ihre Besuche im stationären Einzelhandel dauerhaft um 24,7 Prozent reduzieren wollen. Damit verhalten sich deutsche KonsumentInnen im europäischen Vergleich noch konservativ. Das Einkaufsverhalten ändert sich langsamer, doch auch hierzulande hat die Pandemie bestehende Trends beschleunigt.

Mehr Druck für den stationären Handel, denn die KonsumentInnen "lernen" Online

In Deutschland geben 72,9 Prozent der VerbraucherInnen an, dass ihr Einkaufsverhalten sich durch die Pandemie gar nicht (53,3 Prozent) oder nur temporär (19,6 Prozent) verändert hat. Dementsprechend wollen 64,8 Prozent der Befragten lokale Geschäfte genauso oft (54,3 Prozent) oder sogar öfter (10,5 Prozent) als vor Covid-19 besuchen. 35,3 Prozent der KundInnen dagegen wollen ihre Besuche reduzieren, was bei 16,8 Prozent daran liegt, dass sie insgesamt weniger ausgeben wollen. Netto resultiert aus diesen Zahlen ein erwarteter Rückgang der Besuche im stationären Handel um 24,7 Prozent.

Die übrigen 27,1 Prozent der deutschen Verbraucher und Verbraucherinnen meinen, ihr Einkaufsverhalten habe sich permanent verändert. 6,2 Prozent der Befragten sehen diese Veränderung in sämtlichen, 20,9 Prozent nur bei bestimmten Produktkategorien - manche Branchen werden weit stärker getroffen als andere.

Branchen, in denen die Befragten auch nach der Pandemie häufiger online kaufen wollen, sind Mode (23,1 Prozent), Elektrogeräte (20,9 Prozent), Reise & Freizeit (16,6 Prozent) oder auch Haushaltswaren (15,4 Prozent). Je jünger die Zielgruppe, umso höher dieser Wert. Viele VerbraucherInnen haben während der Pandemie bestimmte Produkte zum ersten Mal online gekauft. Das begünstigt einen dauerhaften Wandel im Konsumverhalten.

Insgesamt erwarten die KonsumentInnen, dass 25,2 Prozent ihrer gesamten Haushaltsausgaben sich dauerhaft auf E-Commerce verlagern werden. Damit liegt Deutschland an letzter Stelle unter den befragten Ländern und unter dem europäischen Durchschnitt von 29,9 Prozent.

Nachzügler Deutschland

Die Pandemie beschleunigt das Wachstum des Online-Anteils an den Gesamtumsätzen im Handel weiter. Europaweit machten Online-Einkäufe 2019 12,1 Prozent der Gesamtumsätze aus, 2020 waren es bereits 14,8 Prozent. Für das Jahr 2025 wird ein Online-Anteil von 20,4 Prozent erwartet. Für Deutschland sagt die Studie unter allen Ländern das langsamste Wachstum voraus. Hierzulande verhalten sich die KonsumentInnen konservativer und steigen langsamer auf E-Commerce um.

Orientierung kann ein Blick nach Großbritannien bieten. Dort sind die VerbraucherInnen bereits online-affiner und 44,1 Prozent der Befragten erwarten, dass sie den stationären Handel künftig seltener aufsuchen werden. Infolgedessen geht der Bericht davon aus, dass sich bis 2025 mehr als ein Drittel (33,5 Prozent) des Umsatzes im Einzelhandel im Vereinigten Königreich ins Internet verlagert. Für die dortigen Händler bedeutet das bis 2025 einen Gewinneinbruch um acht Milliarden.

E-Commerce setzt die Gewinne des Einzelhandels unter Druck

Je mehr sich der Handel in Richtung Online verlagert, umso stärker sinken die Gewinne der Händler. Diese Entwicklung herrscht seit 2011 in allen analysierten Ländern vor. Die Studienautoren prognostizieren, dass die Margen im europäischen Durchschnitt von 6,4 Prozent im Jahr 2011 auf 3,2 Prozent im Jahr 2025 sinken werden.

In Deutschland sinken die Margen weniger stark. Allerdings nur deshalb, weil sie aufgrund der vorherrschenden Rabatt- und Sparkultur traditionell überdurchschnittlich niedrig sind. Von 2,4 Prozent für 2019/20 wird hier ein Rückgang auf 2,1 Prozent 2025 erwartet.

Im Online-Geschäft sind generell niedrigere Margen möglich als im stationären Einzelhandel. Das Marktumfeld ist höchst kompetitiv und weist andere Kostenstrukturen auf als der stationäre Handel. Während die Geschäftsmodelle sich anpassen, sind zumeist zusätzliche Investitionen in neue Kompetenzen nötig. Insbesondere die Retourenquote ist ein hoher Kostenfaktor.

Deutsche KonsumentInnen retournieren durchschnittlich 7,1 Prozent aller bestellten Waren. Damit liegen sie im europäischen Vergleich erneut am Ende des Feldes. Dieser Wert steigt jedoch voraussichtlich weiter an, denn junge Erwachsene retournieren 10,6 Prozent der Bestellungen, verglichen zu 6,6 Prozent bei den Senioren. Waren zurückzusenden ist fest im Konsumverhalten junger Menschen verankert.

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