Bild: bellaluna/Photocase.com
Unter dem Titel "The Power of Data Love
" hat der Deutsche Marketing Verband (DMV) die neueste Ausgabe der European Marketing Agenda veröffentlicht und beschreibt darin aktuelle Trends und Entwicklungen in der Marketingbranche. Die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst:
- Die Bedeutung von digitalem Marketing bleibt ungebrochen und weitestgehend immun gegen politische Krisen und Inflationsängste.
- Zudem scheint eine neue Welle über das Customer Experience Management (CXM) ausgebrochen und der Bedarf nach Customer Experience Plattformen immer stärker zu werden.
- Zusätzlich rücken weitere Themen wie Nachhaltigkeit, der Einsatz von KI oder der Bereich Consumer Research / Data Science zunehmend in den Fokus. Die Aufgabe: Sinn zu stiften aus den "allwissenden Datenmüllhalden".
- In manchen Ländern rangiert die Bedeutung von (eigenen) Loyalty Programmen im Vergleich zu den Vorjahren sehr weit oben.
- Die größten Herausforderungen bestehen nach wie zuvor in der Konsolidierung gesammelter Daten sowie in der Gewinnung von SpezialistInnen mit der nötigen Digitalkompetenz.
- Insgesamt sind deutliche Unterschiede in der Flughöhe der Länder zu beobachten: so sticht Deutschland bei vielen Themen "heraus" und setzt andere Schwerpunkte wie beispielsweise Zahlenorientierung, Fokus auf Marketing Operations oder ROMI. In anderen Ländern wie Österreich, Portugal und Litauen steigt die Relevanz des Brand Management im Sinne von "Wir müssen die Marke wieder stärken".
Der digitale Schub im Marketing hält an
Die Befragung zur European Marketing Agenda 2023 (EMA 23) zeigt: Die Bedeutung des digitalen Marketings ist ungebrochen. Digitalprojekte haben - nicht zuletzt durch Corona - in den vergangenen Jahren einen massiven Schub erhalten, der auch im Jahr 2023 - jenseits von Corona - weiter anhält. So landete der Themenkomplex "Digitales Marketing insgesamt" in der Befragung mit 41 Prozent deutlich auf Platz 1 der Schwerpunktthemen, gefolgt von Customer Experience Management (34 Prozent) und Brand Strategy & Management (26 Prozent).
Grafik: Deutscher Marketing Verband
Auch im europäischen Vergleich nannten fast alle Länder das digitale Marketing als wichtigstes Schwerpunktthema. Allein Deutschland und Irland fallen hier aus dem Raster: Während die deutschen Marketers digitales Marketing immerhin auf Platz 3 der Schwerpunktthemen nannten, taucht es in Irland unter den Top 3 gar nicht auf. Ganz oben steht dagegen auf der grünen Insel die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie, in Deutschland der Ausbau der Customer Experience - bei gleichzeitiger Verwirrung, was denn genau hierunter an Themenfeldern fällt.
Damit bleiben die Top 3 aus dem vergangenen Jahr mit leicht veränderter Gewichtung erhalten. Jedoch zeigen sich darüber hinaus Themen, die im Vergleich zum Vorjahr teils deutlich an Bedeutung gewonnen haben. Den höchsten Anstieg gab es mit +13 Prozent beim Trendthema Nachhaltigkeit, das in den Marketingabteilungen immer öfter konsequent mitgedacht wird. Auch die Themen Markt- und Wettbewerbsanalyse (+12 Prozent) sowie Customer Research (+9 Prozent) haben im Vergleich zur European Marketing Agenda 2022 einen höheren Stellenwert bekommen. Hierin zeigt sich der inhärente Wunsch der Unternehmen, noch individueller auf Kunden einzugehen (Personalisierung).
KI wird zum Game Changer für die individuelle Kundenansprache
Der Blick auf das digitale Marketing hat sich verändert: Ging es in früheren Jahren noch um bestimmte Technologien oder einzelne Tools, steht seit einiger Zeit immer mehr die übergeordnete Datenstrategie sowie die Orchestrierung cross-funktionaler Teams im Vordergrund; ebenso wie der Wunsch nach massenhaft individualisierter Ansprache im Data-Driven Marketing.
Vor diesem Hintergrund erstaunt, dass das Thema Künstliche Intelligenz (KI) auf den Prioritätenlisten europäischer Marketingverantwortlicher bislang gar nicht auftaucht. Obwohl das Potenzial an vielen Stellen längst erkannt wurde, wird Künstliche Intelligenz bislang nicht in bestehende Prozesse und Systeme überführt. So gab keine einzige Person in der Befragung an, in diesem Bereich notwendige Kompetenzen ausbauen oder sich mit KI als akutem Handlungsfeld auseinandersetzen zu wollen.
Diese Einstellung werde sich in den kommenden Jahren ändern, so Ralf Strauß
, Präsident des DMV und Chairman der European Marketing Confederation (EMC):
"In der Vergangenheit wurde viel über mögliche Anwendungsszenarien mit KI philosophiert, jedoch eher als 'Zukunftsmusik'. In jüngster Zeit haben nun Anwendungen wie ChatGPT gezeigt, welches Potenzial KI im Data-Driven Marketing bietet. Marketingverantwortliche werden sich darauf einlassen müssen: KI wird zum Game Changer für die individuelle Kundenansprache in Marketing und Vertrieb."
Unsichere Zeiten sorgen für die Priorisierung digitaler Kanäle
Grafik: Deutscher Marketing Verband
Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine, Energiekrise und Inflation - 2022 war ohne Zweifel ein weiteres herausforderndes Jahr. Auch an der Marketingbranche gehen diese politischen und ökonomischen Turbulenzen nicht spurlos vorbei: Die European Marketing Agenda 2023 zeigt, dass die aktuellen Unsicherheiten den Wunsch nach einer professionelleren und individualisierten Kundeninteraktion verstärken. Dazu setzen die Unternehmen priorisiert auf digitale Kanäle. So gaben 46 Prozent der Befragten die priorisierte Implementierung von Marketing Tech als strategisches Fokusthema an, 42 Prozent nannten den Aufbau einer Marketing-Operations-Funktion.
Auch hier setzen die unterschiedlichen Länder unterschiedliche Schwerpunkte: Während Österreich gemeinsam mit Litauen und Spanien auf den Auf-/Ausbau von Marketing Tech abzielt, stellen Deutschland und Slowenien auch 2023 weiterhin den Aufbau einer Marketing-Operations-Funktion ins Fadenkreuz ihrer Anstrengungen. Andere Länder wie Irland, Holland oder auch UK setzen hingegen an erster Position auf die "Power of the Brand".
Dringend gesucht: Wege zur Daten-Konsolidierung und Digital-Know-how
Auf die Frage nach den größten Herausforderungen für das Marketingjahr 2023 nannten die europäischen Marketers an vorderster Stelle (35 Prozent) das Thema
"Konsolidierung verteilter Kundendaten zur Ermittlung einer 360-Grad-Kundensicht" - und somit den Wunsch, Daten nicht nur massenweise zu sammeln, sondern für das eigene Unternehmen sinnvoll zu nutzen. Auf Platz 2 der Herausforderungen landeten alle Fragen rund um die Gewinnung von Mitarbeitenden mit relevanter Erfahrung (32 Prozent). Denn Kompetenzen in MarTech und Data Science werden auch in 2023 händeringend gesucht - konkrete Weiterbildungsprogramme in diesen Bereichen allerdings auch. Weitere Herausforderungen liegen in der Etablierung einer konsistenten Customer Experience entlang aller Touchpoints (30 Prozent) sowie grundsätzlich in der Implementierung und Nutzung neuer Technologien (27 Prozent).