Customer Journey

Crossmediale Customer Journey: So spielen die einzelnen Kanäle zusammen

09.07.2024 - In einer crossmedialen Customer Journey können KundInnen viele Stationen ansteuern, ihre Fahrt jederzeit unterbrechen und auf andere Bahnen umsteigen - ONEtoONE zeigt, wo die Stärken der einzelnen Linien liegen.

von Dominik Grollmann

Gar nicht so leicht, in einer komplexen Omnichannel-Customer-Journey den Überblick zu behalten: Wie die U-Bahn-Linien einer fiktiven Großstadt kreuzen sich die einzelnen Kanäle und führen über verschiedene Stationen zum Ziel - wobei manche als Umsteigebahnhöfe fungieren, an denen die Passagiere von einem Kanal zum anderen wechseln, um ihr Ziel zu erreichen.

ONEtoONE 2/2024 - Programmatic Printing

Apropos Ziel: Aus Sicht des Marketers liegt das natürlich im Shopping-Center, ganz im Norden der Stadt, wo die Conversions stattfinden. Aber nicht alle Linien enden dort. Manche führen darüber hinaus - Endstation "Kundenbindung/Loyalty" - oder fahren als Circle-Line in einem immerwährenden Kreis. Letzteres ist nicht nur für Fahrgäste und Personal bequem, sondern lässt sich auch besonders lange Reisen in einem Closed Loop-Ansatz zu.

Ein Tag in Crossmedia City

Auf den ersten Blick wirkt der Metro-Plan unserer fiktiven Stadt - nennen wir sie Crossmedia City - reichlich unübersichtlich. Vieles ist eben, wie auch im echten Leben, historisch gewachsen. Auf den zweiten Blick offenbart sich dann aber doch eine gewisse Struktur in Crossmedia City:

  • Im Südwesten der Stadt liegt das Wohnviertel. Hier trifft man jeden BewohnerInnen wenigstens einmal am Tag. Von hier brechen alle BewohnerInnen auf, wenn sie ihre tägliche Reise durch Crossmedia City antreten.

  • Etwas nördlich liegt das Business-Center. Viele Bewohner­Innen sind hier tagsüber anzutreffen. Hier wird gearbeitet, gehandelt, gedealt und gefeilscht. Für Geld ist fast alles zu haben. Viele, aber nicht alle Linien, kreuzen dieses Viertel.

  • Ein genauso großer Teil des Lebens spielt sich im Zentrum von Crossmedia City ab. Hier befinden sich das Univiertel, aber auch viele Büros, Cafes, Freizeiteinrichtung, Schulen und Kitas. Hier trifft man sich, ist kreativ und tauscht sich aus. Kommerz steht nicht im Mittelpunkt - obwohl viele EinwohnerInnen abends noch einen Abstecher ins Shopping-Center machen.

  • Dorthin gelangen sie über den vielleicht wichtigsten Bahnhof: Er befindet sich im Norden, direkt im Shopping Center und heißt "Kaufentscheidung/Registrierung". Alle BewohnerInnen landen irgendwann einmal dort - zumindest, wenn sie noch etwas Einkaufen wollen. Denn nur über diese Station lassen sich die Geschäfte (stationär, Web- oder crossover) des Shopping Centers erreichen.

  • Nach dem Einkaufsbummel wollen aber viele noch nicht direkt nach Hause. Sie lassen den Abend noch im Ausgehviertel im Osten der Stadt ausklingen, wo sie sich von ihren Lieblingsmarken noch ein wenig verwöhnen lassen können.

Spätestens in der Nacht kehren dann aber alle BewohnerInnen wieder in ihre Wohnquartiere zurück und es wird ruhig in Crossmedia City - bevor die Stadt am nächsten Morgen wieder zu Leben erwacht, die Bewohner erneut in die City aufbrechen und der Kreislauf von vorne beginnt.

Eine Stadt mit vielen Möglichkeiten

Auch wenn sich die Tage im Grunde ähneln, heißt das keineswegs, dass alle BewohnerInnen immerzu das gleiche tun. Das liegt schon daran, dass ihnen für ihre tägliche Reise durch die Stadt eine Vielzahl von Verkehrsmitteln zur Verfügung stehen, deren Routen zum Teil noch aus der Postkutschenzeit stammen, zum Teil aber auch gerade erst fertiggestellt wurden. Manche Züge fahren ihr Ziel auf kürzestem Weg an, mit anderen lässt sich eine ganze Rundreise gestalten.

Line 1 - Programmatic-Printing-Circuit

Die Reise mit Linie 1 ist ideal für langfristige Kundenbeziehungen und Dialogkampagnen, weil sich die Journey in einem Kreislauf führen lässt. Mit dieser Linie lässt sich (fast) der gesamte Tagesablauf organisieren, trotzdem bleibt die Linienführung übersichtlich.

Typisch für eine Circle Line: Es gibt keine definierten Start- und Endhaltestellen, die Passagiere können an jedem Umsteigebahnhof zusteigen. In diesem Fall: Die Haltestelle Kaufentscheidung/Registrierung, an der Interessenten Kataloge, Prospekte oder Whitepaper oder Paketbeilagen angeboten werden. Und die Station Customer Care / CRM, an der alle Passagiere aus dem CRM-System zusteigen, die zu Stationen wie Loyalty Programm, Corporate Publishing oder Dialog-Mailing reisen wollen. Für Marketer wichtig: Die Linie meidet das Bankenviertel (Paid-Media) und führt über das Univiertel (Owned Media) und die Haltestelle "Push" direkt zur Kaufentscheidung. Das ist im Vergleich ein sehr kurzer und einfacher Weg. Der Umsteigebahnhof "Landingpage" dient weniger dem Ein- als dem Ausstieg für Passagiere, die ihre Reise auf einer anderen Linie fortsetzen wollen.

+ Vom Wohnviertel über Push zur Kaufentscheidung - der Weg ist einfach, gradlinig und schnell.
+ Die Linie erlaubt Closed-Loop-Marketing sowie
+ mittels Owned Media und Push die volle Kontrolle für den Marketer.
+ Die Ziele im Ausgehviertel sind für die Kunden attraktiv.
+ Idealer Einstiegspunkt ist Customer Care / CRM,
- die Stationen im Shopping-Center werden nicht direkt angefahren. Mindestens ein Umstieg ist notwendig.

Line 2 - E-Mail / Newsletter-Loop

Auf den ersten Blick wirkt diese Journey beinahe identisch mit der Route von Linie 1. Tatsächlich teilen sich beide wesentliche Eigenschaften: Etwa den Closed-Loop-Ansatz sowie das hohe Maß an Kontrolle, das aus der Kombination von Owned Media und Push entsteht. Außerdem lassen sich die selben Einstiegspunkte und Benefits nutzen. Im Detail gibt es dann aber doch drei erwähnswerte Unterschiede:

+ Die Linie 2 - E-Mail bietet zwar ebenfalls keine direkte Verbindung zum Shopping-Center, der Anschluss zum Webshop fühlt sich aber deutlich nahtloser an.
Statt gedrucktem (Dialog-)Mailing erhalten KundInnen eine E-Mail. Das hat Vor- und Nachteile: Niedrigere Kosten stehen auf der einen, geringere Aufmerksamkeit auf der anderen Seite.
+ Die Linie 2
- E-Mail hat aber noch einen größeren Nachteil: Sie muss zwingend die Stationen "DSGVO" und "Cookie-/Consent-Management" durchfahren. Das macht die Reise komplizierter und nicht wenige Passagiere scheuen diesen Schlenker wie der Teufel das Weihwasser. Sie steigen gar nicht erst ein.

Linie 3 - Der Social-Media-Zug

Die Linie 3 ist eine junge, aber stark frequentierte Verbindung in Crossmedia City. Auf den ersten Blick täuscht sie vor, eine Circle Line mit Closed-Loop-Ansatz zu sein. Aber aufgepasst: Tatsächlich fährt sie die Station "Kaufentscheidung" lediglich aus zwei Richtung an. Es gibt quasi eine Line 3a und 3b mit den selben Endhaltestellen. Unterschied: 3a fährt durchs Business-Center (Paid-Media), während 3b den Weg durchs Uni-Viertel (Owned Media) nimmt. Die Passagiere auf 3a lassen sich genau targeten stören sich auch nicht an den ungeliebten Stationen "DSGVO" und "Cookie-/Consent-Management". Wer diese Passagiere erreichen will, muss dem Metrobetreiber aber auch teures Geld bezahlen.

Deswegen fokussieren sich viele Marketer lieber auf die Linie 3b, wo man die Aufmerksamkeit der Menschen kos­tenlos erreichen kann. Aber Achtung - diese Linie fährt nicht die Station "Push", sondern lediglich die Haltestelle "Pull" an. Dadurch ist viel Aufwand, Sorgfalt und Mühe nötig, um dort überhaupt erfolgreich wahrgenommen zu werden. Oft wurde in der Verangenheit versprochen, die Linie 3 bis ins Shopping-Center zu verlängern - geglückt ist das bislang noch nicht. Andererseits klappt der Anschluss über Linie 4 (Web/Internet) so gut, dass man den Unterschied kaum merkt.

Deutlich störender ist dagegen die Tatsache, dass sich nicht der ganze Tagesablauf mit Linie 3 organisieren lässt. Nach dem Shopping-Bummel befinden sich die Passagiere nicht mehr in Linie drei. Wenn es nicht gelingt, sie nun auf eine Circle Line ins Ausgehviertel zu lotsen, gehen sie verloren und müssen am nächsten Morgen wieder neu gewonnen werden.

+ Linie 3 ist die am stärksten frequentiert Linie.
- Die Abzweigung durchs Univiertel ist auf dem ersten Blick günstig, bietet aber wenig Kontrolle, viel Konkurrenz und starke Ablenkung. Wer dort gesehen werden will, muss Purzelbäume schlagen.
- Der Weg durchs Business-Center (Paid-Media) scheint oft einfacher und bietet mehr Kontrolle - kostet aber extra.
- Um ins Shopping-Center zu gelangen, ist mindestens ein Umstieg nötig. Der funktioniert zwar meist reibungslos, bedingt aber, dass die Passagiere Linie 3 verlassen. Entweder gelingt es dem Marketer also, sie nach dem Einkauf erfolgreich in eine Circle Line der Line 1 oder 2 zu bugsieren - oder sie müssen am nächsten Tag mühsam neu gewonnen werden.

Line 4 - Die Internet-Verbindung

Die Web- / Internet-Verbindung der Line 4 ist schon deswegen die wichtigste Linie, weil sie die einzige ist, die die Station "Web-Shop" erreicht. Sie ist aber auch so etwas wie der Alleskönner in der Stadt: Sie ist die einzige Verbindung, die ausnahmslos alle Stadtviertel von Crossmedia City erreicht. Und: Sie ist eine der ganz wenigen Linien, mit der die Einwohner vom Wohnviertel (Awarness) direkt bis ins Shopping Center (Conversion) fahren können, ohne einmal umzusteigen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob sie über das Business-Center (Paid Media) oder das Univiertel (Owned Media) fahren wollen. Egal ist auch, mit welcher Linie die Passagiere ihre Reise begonnen haben. Denn Line 4 verbindet alle anderen U-Bahn-Linien untereinander.

Das macht die Linie zugleich aber auch ziemlich unübersichtlich. Selten führt sie einmal geradeaus, ständig gibt es Möglichkeiten, die Bahn zu wechseln. Man kann leicht verloren gehen. Wer seine Passagiere in Linie 4 setzt, sollte ihnen deswegen eine glasklare Routenplanung auf den Weg geben.

+ Keine Metro-Linie bietet mehr Flexibilität bei der Reiseplanung. Unter Zuhilfenahmen von Linie 4 lässt sich jede Station erreichen - meist sogar auf mehreren Wegen.
+ Line 4 ist der Klebstoff in Crossmedia City und verbindet alle anderen Metro-Linien miteinander.
- Aller Universalität zum Trotz gibt es zwei entscheidende Einschränkungen: Linie 4 bietet nicht die Möglichkeit zu einer unterbrechungsfreien Rundreise (Closed Loop).
- Linie 4 erreicht nicht die Station "Push" im Univiertel (Owned Media). Bestenfalls Paid-Media lässt sich als Push ausspielen.

Express-Linien: Radio, TV und OoH

Noch aus dem vorindustriellen Postkutschen-Zeitalter stammen die beiden Linen 4 und 5 ( "Radio / TV" sowie "Out of Home" - OoH). Nichts desto trotz haben sie sich in die Neuzeit gerettet und spielen bis heute eine ganz besonders wichtige Rolle: Beides sind Express-Linien mit extrem kurzen Wagenlaufzeiten!

Schneller und gradliniger als alle anderen führen sie aus dem "Wohnviertel" zur zentralen Umsteigestation "Kaufentscheidung". "Out of Home" hat sogar den Vorzug, bis in den stationären Handel ("POS") hinein zu führen. Dieses Feature bietet sonst nur Linie 4 "Web / Internet". Und - auch wenn man es dem Metro-Plan aus Vereinfachungsgründen nicht so genau ansehen kann - bei der Linie 5 "Radio/TV" führt zumindest der Radio-Teil ebenfalls sehr, sehr nahe an den POS. Wegen dieser Eigenschaft eignen sich beide Linien für direkte und starke Botschaften, die sofort umgesetzt werden können.

Beide Linien haben zuletzt außerdem einen neuen Umsteigebahnhof erhalten, der sie mit dem modernen Metro-Netz verbindet. Über "SEO/SEA" und "Landingpage" lassen sich "Radio, TV"- oder "OoH"-Passagiere auch auf eine der anderen Linien lotsen, wenn diese gewünscht ist.

Größter Nachteil: So schnell die KundInnen kommen, so schnell gehen sie verloren. Sie brauchen einen starken Anreiz, um in eine der Circle Lines (1 oder 2) zu steigen.

So endet der Tag in Crossmedia City

Das Nahverkehrsnetz in unserer fiktiven Großstadt wirkt vielleicht nicht wie aus einem Guß - ehrlicherweise muss man zugeben, dass es das auch nicht ist. Es ist organisch gewachsen. Trotzdem ist es unterm Strich sehr leistungsfähig. Für jeden Einsatzzweck lässt sich ein passendes Verkehrsmittel finden:

  • Die Stärke von Linie 1 ("Programmatic Printing") liegt darin, einen Kreislauf zu bilden und dem Marketer die volle Kontrolle zu überlassen. Hier gibt es keine Überraschungen.

  • Linie 2 ("E-Mail / Newsletter") steht dem in Nichts nach, arbeitet jedoch mit elektronischen Nachrichten und muss den Umweg über die Station "DSGVO" nehmen.

  • Linie 3 ("Social Media") wird von sehr vielen Passagieren, bevorzugt, die sich zudem im Business-Center leicht ansprechen lassen - das aber nur gegen Geld.

  • Linie 4 ("Web/Internet") ist unabdingbar, weil nur diese ins Herz des Shopping-Centers (und darüber hinaus!) führt und alle anderen Linien miteinander verbindet.

  • Linie 5 & 6 ("Radio / TV", "OoH") sind super-schnelle Express-Linien, bei denen aber kein Weg am kostenpflichtigen Business-Center vorbeiführt.
Wer einen Tag in Crossmedia City verbringen will, wird nicht mit einem einzigen Verkehrsmittel auskommen. Mit einer klugen Kombination lässt sich aber eine perfekte Reise gestalten.

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