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Die rasante Entwicklung von Programmatic Printing hat personalisierte Druckerzeugnisse in den Mittelpunkt des Marketinggeschehens gerückt. Ein potenzielles Problem im Kontext eines digitalen, automatisierten Marketingprozesses kann aber die Messbarkeit sein. Im Vergleich zu rein digitalen Marketingkanälen, wie beispielsweise Online-Display-Ads oder E-Mail, ist die Messung komplexer, weil ein direkter Rückkanal fehlt.
ONEtoONE 6/2023 - Programmatic Printing
Die Herausforderungen:
- Medienbruch: Druckerzeugnisse selbst sind nicht online messbar. Es ist daher wichtig, einen nahtlosen und planvollen Übergang in die digitale Welt zu bieten und sicherzustellen, dass dort die wesentlichen Kampagnen-Kennziffern gemessen werden können.
- Response: Um die Interaktion mit dem Werbemittel zu messen, können individualisierte URLs, QR-Codes oder Bestellnummern verwenden werden, die eine eindeutige Zuordnung zu den NutzerInnen ermöglichen. Allerdings ist dazu immer eine Response der EmpfängerInnen nötig.
- Attribution: Die genaue Zuordnung von Conversions oder Interaktionen zu den verschiedenen Phasen einer Marketingkampagne kann kompliziert sein, weil der zeitliche Ablauf nicht immer genau feststellbar ist. Das kann es schwierig machen, die Leistung gedruckter Materialien mit anderen Kanälen zu vergleichen.
- Echtzeit-Analytik: Im Gegensatz zu digitalen Kanälen ist bei Print nicht immer eine Echtzeit-Analytik möglich. Eine vollständige Ergebniskontrolle kann oft nur zeitverzögert über Kontrollgruppen erfolgen.
Für die Messung stehen im wesentlichen zwei Mechaniken zur Verfügung: Das individuelle Tracking über personalisierte Response-Elemente und die Messung der Gesamt-Performance mittels Kontrollgruppen. Beide Methoden haben spezifische Vor- und Nachteile, weshalb es sich anbietet, sie zu kombinieren.
Ein individuelles User-Tracking gibt deutlich detaillierte Einblicke in das Verhalten der NutzerInnen, mit denen sich Rückschlüsse über das Verhalten bestimmter Kundengruppen ziehen lassen. So kann sich beispielsweise zeigen, dass weibliche und männliche Empfänger, große und kleine Unternehmen oder Stadt- und Landbewohner unterschiedlich auf ein Werbemittel reagieren. Diese Erkenntnisse können zu Optimierungszwecken sehr wertvoll sein.
Personalisierte Response-Elemente können beispielsweise Codes, Bestellnummern oder Links sein, die für jeden Empfänger individuell generiert wurden. Hier sind einige Möglichkeiten, wie sie dazu beitragen können:
- Bestellnummern: Die Verwendung eindeutiger Bestellnummern ermöglicht eine präzise Zuordnung von Conversions zu einem bestimmten Druckerzeugnis. Auf dieses Weise lassen sich selbst Besteller identifizieren, die gar nicht zum ursprünglichen Empfängerkreis des Katalogs gehörten, etwa weil der Katalog im Unternehmen weitergegeben wurde. Bestellnummern sind ein sehr neutraler Identifikator, weil keinerlei Anreize zur Nutzung gemacht werden. Dies verringert Verzerrungen.
Nachteilig ist dagegen, dass eine Identifikation nur bei einer direkten Bestellung möglich ist. Die Wirkung eines Werbemittels wird aber immer breiter sein, weil auch die Marke / das Unternehmen selbst beworben wird. Mehrstufige Customer Journeys lassen sich zudem schlecht messen. Dies ist der Fall, wenn zunächst nur ein Interesse am Produkt geweckt und dieses später erworben wird. Zuletzt kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Produkt zwar direkt gekauft wird, bei der Bestellung aber die Suchfunktion auf der Homepage genutzt wurde.
- Rabatt- und Gutscheincodes: Individuelle Gutscheincodes stellen ebenfalls einen Link zwischen (beliebigen) BestellerInnen und Werbemittel her, haben aber eine breitere Wirkung. Ein Gutscheincode lässt sich auch messen, wenn die Bestellung nicht die Artikel betrifft, die im Werbemittel beworben wurden oder wenn die Bestellung über die Suchfunktion der Homepage generiert wurden.
Aber es gibt auch Nachteile: Rabatte und Gutscheine schaffen einen zusätzlichen Kaufanreiz. Es werden auch KundInnen reagieren, die unter anderen Umständen immun gegen die Werbung gewesen wären. Das Messergebnis wird durch diesen Aspekt positiv verzerrt - die Response ist nicht auf das Werbemittel, sondern auf den geldwerten Vorteil zurückzuführen. Daher gilt die Gleichung: Geringer Anreiz = geringe Verzerrung.
- Individuelle Landingpages: Neutraler wirken individuelle URLs oder QR-Codes, die die NutzerInnen zu einem exklusiven Inhalt oder attraktiven Angebot führen. Je nach Ausgestaltung des Inhalts werden dabei lediglich solche KundInnen erreicht, die ein echtes Interesse an dem Produkt haben. Auf der Landingpage werden die BesucherInnen durch spezifische Parameter in der URL identifiziert und ihr Verhalten kann von gängigen Tracking-Tools analysiert und ausgewertet werden.
Nachteil: Die Kunst besteht darin, einen hohen Nutzungsanreiz für die Landingpage zu bieten, ohne dabei die Ergebnisse zu verzerren. Der Inhalt muss einerseits soviel Lust auf den Abruf machen, dass die EmpfängerInnen bereit sind, vom Papier- ins Online-Medium zu wechseln. Andererseits soll aber niemand angezogen werden, der beispielsweise lediglich an einem Gewinnspiel teilnehmen möchte, ohne irgendein ernsthaftes Produktinteresse zu haben.
- Kontrollgruppen: Die härteste Währung ist am Ende die Gesamtperformance einer Print-Kampagne, die im Vergleich zu einer Kontrollgruppe gemessen wurde. Dazu wird ein Teil der für die Printkampagne selektierten Kundengruppe nach statistisch validen Methoden ausgewählt und explizit nicht mit der Print-Maßnahme bespielt. Nach einem angemessen Zeitraum werden die Ergebnisse beider Gruppen in Bezug auf das zuvor festgelegte Kampagnenziele (Zahl der Bestellungen, Umsatz, Warenkorbgröße, Reaktivierung etc.) verglichen. Auf diese Weise lässt sich die Wirkung der Print-Kampagne sehr präzise bestimmen.
Nachteil: Für statistisch repräsentative Kontrollgruppen ist eine bestimmte Kampagnengröße notwendig. Zu kleine Gruppen lassen keine aussagekräftigen Ergebnisse zu. Eine Echtzeitverfolgung der Ergebnisse ist außerdem schlecht möglich. Zudem lassen nur die zuvor festgelegten KPIs für die gesamte Gruppe messen, nicht aber die individuellen Stationen der einzelnen Customer Journeys.
Kombination am wirkungsvollsten
Durch die Kombination dieser Elemente können Marketing-spezialisten einen tieferen Einblick in das Nutzerverhalten und die Wirksamkeit von Programmatic-Printing-Kampagnen gewinnen. Dabei gilt es für jedes Unternehmen, den richtigen Mix der einzelnen Komponenten zu finden. Es dürfte jedoch helfen, dass viele der genannten Methoden bereits gängige Praxis sind und den meisten Online-Marketern geläufig sein dürften - insbesondere seitdem durch die Privacy-Funktionen vieler EMail-Clients die Messbarkeit von Newsletter-Kampagnen gelitten hat.
Die größte Herausforderung dürfte beim Thema Print letztlich darin liegen, den Medienbruch zwischen Print und Online zu überwinden. Gerade beim individuellen User-Tracking besteht die Kunst darin, die NutzerInnen auf einem vorgegebenen Pfad ins digitale Medium zu lotsen, um dort die Response messen zu können. Es ist offensichtlich, dass die EmpfängerInnen einer Drucksache nicht ohne weiteres eine digitale Reaktionsmöglichkeit nutzen werden. Dazu muss ihm ein Anreiz geboten werden, der einerseits groß genug ist, um die Hürde des Medienbruchs zu überwinden. Zugleich muss er aber so klein sein, dass er die Messung nicht beeinflusst. Ein schwieriger Spagat.
Den Medienbruch überwinden
Während bei einer E-Mail ein Klick auf einen Link ausreicht, um ein Produkt "mal schnell" genauer anzuschauen, muss der Lesende eines Printprodukts mindestens sein Handy zücken und einen QR-Code abfotografieren oder sogar eine Tiny-URL in den Laptop tippen. Dazu kommt, dass die Werbung gerade dafür in einem ungünstigen Moment wirkt, zum Beispiel auf dem Weg zwischen Briefkasten und Wohnungstür.
Versuchen Sie daher schon auf technischer Ebene, die Hürde zum Übertritt in die digitale Welt so niedrig wie möglich zu halten:
- Nahtlose Integration: Nutzen Sie QR-Codes, nutzen Sie URL-Verkürzer, geben Sie klare Handlungsanweisungen - und geben Sie mehrere "Klick"-Reize. Die Anweisungen für die Aktion sollten klar und einfach verständlich sein, um die Hemmschwelle für die EmpfängerInnen zu minimieren.
- Mobile Optimierung: Da viele Menschen mobile Geräte für Online-Aktionen verwenden, ist es wichtig sicherzustellen, dass die Landingpages, QR-Codes oder Bestellseiten gut auf mobilen Geräten funktionieren. Mobile Optimierung trägt dazu bei, Frustrationen aufgrund von Inkompatibilitäten oder langsamen Ladezeiten zu vermeiden.
- Laptop-Optimierung: Der QR-Code ist sicherlich der erste und beste Weg von Print ins Digitale - vergessen Sie aber auch Laptop-Nutzer nicht. Bieten sie deswegen immer ein alternative via Webcode oder URL-Verklürzer.
Mit diesen Maßnahmen ist immerhin schon eine gute Basis gelegt - mehr aber auch nicht. Denn nun geht es an die Kür, an die eigentlichen Anreize, die Sie bieten müssen, um eine Reaktion zu erhalten. Um die Bereitschaft der EmpfängerInnen zu erhöhen, an der Aktion teilzunehmen, sollten Sie sicherstellen, dass die Online-Aktion einen klaren Mehrwert bietet. Natürlich können Sie immer eine hohe Resonanz erhalten, in dem sie einen Porsche 911 verlosen. Aber damit würden Sie sich und Ihrem Unternehmen keinen Gefallen tun. Besser ist es, nahe am Produkt zu bleiben und exklusive Angebote, zusätzliche Informationen oder personalisierte Inhalte zu bieten:
- Editionen: Sie können exklusive Produkt-Edition anbieten, die es nur für Print-EmpfängerInnen gibt. Diese sollten attraktiv sein, aber den Fokus auf dem Produkt belassen.
- Limitierungen: Erstellen Sie limitierte Editionen von Produkten oder Dienstleistungen, die exklusiv für die EmpfängerInnen der Programmatic-Printing-Kampagne verfügbar sind. Die Knappheit solcher Angebote kann den Anreiz erhöhen.
- Frühzeitige Zugangsberechtigungen: Geben Sie den EmpfängerInnen frühzeitigen Zugang zu neuen Produkten, Dienstleistungen oder Informationen. Der exklusive Vorabzugang kann als Belohnung für ihre Teilnahme dienen.
- Umweltfreundliche Initiativen: Integrieren Sie umweltfreundliche Elemente in Ihre Kampagne. Zum Beispiel könnten EmpfängerInnen, die auf eine bestimmte Weise reagieren, einen Beitrag zu einer Spende für wohltätige Zwecke leisten oder an einem umweltfreundlichen Programm teilnehmen.
- Gamification-Elemente: Integrieren Sie spielerische Elemente, um die Interaktion zu fördern. Dies könnte die Form von Quizzen, Rätseln oder anderen interaktiven Aktivitäten annehmen, bei denen die EmpfängerInnen belohnt werden.
- Exklusive Inhalte oder Zugang: Bieten Sie exklusiven Zugang zu Premiuminhalten, Veranstaltungen oder Funktionen an, die nur für diejenigen verfügbar sind, die auf die Programmatic-Printing-Kampagne reagieren.
- Multikanalansatz: Nutzen Sie einen Multikanalansatz, der verschiedene Wege zur Reaktion bietet. Manche Menschen ziehen es vielleicht vor, den QR-Code zu scannen, während andere lieber eine URL eingeben. Durch die Bereitstellung mehrerer Optionen können Sie sicherstellen, dass der Medienbruch minimiert wird.
Indem Sie diese Überlegungen berücksichtigen und einen ansprechenden, nahtlosen und belohnenden Prozess für die EmpfängerInnen schaffen, können Sie die nachteilige Wirkung des Medienbruchs minimieren und die Chancen für erfolgreiche Programmatic-Printing-Kampagnen verbessern.
Best Practise
Wie Werns mit AR Mehrwert schafft |
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Im 360°-Showroom von Werns (links) lassen sich alle Objekte in einer 3D-Ansicht betrachten und auswählen. Anschließend können sie in einer AR-Ansicht in den eigenen vier Wänden platziert werden (rechts). Die Anwendung startet im Browser über den QR-Code, ohne dass eine App installiert werden muss und funktioniert auf jedem modernen Handy. Ausprobieren!
Bild: Cynapsis Interaktiv
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Bild: Cynapsis Interaktiv
Ein gutes Beispiel, um einen attraktiven und produktbezogenen Mehrwert zu schaffen, der eine direkte Verbindung zur digitalen Welt herstellt, hat die Kreativagentur Cynapsis Interaktiv
entwickelt. Es handelt sich dabei um eine einfache und leistungsfähige AR-Anwendung, die ohne jeglichen Installationsaufwand mit nahezu jedem Smartphone genutzt werden kann.
Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel Werns. Der Online-Shop (www.hi-werns.com
) bietet ein Portfolio aus hochwertigem Interior wie extravaganten Tierleuchten, Tapeten, Vasen, Töpfen und Möbeln und hat es sich zum Erfogsrezept gemacht, seine Produkte aufwendig zu inszenieren. Dieser Anspruch hat Werns zur Augmented-Reality-Lösung von Cynapsis gebracht.
Die Werns-Macher haben ihren Online-Shop als interaktiven 360°-Showroom gestaltet, der mit ihren Produkten bestückt ist. BesucherInnen können sich darin mit ihrem Handy bewegen, die gewünschten Produkte auswählen und diese dann über die AR-Engine in ihre eigene Umgebung platzieren (siehe QR-Code in der Bildergalerie).
Trotz dieser eindrucksvollen Präsentation bleibt der Aufwand für den Händler gering: Der in der App genutze Showroom
entstammt einer Stock-Image-Datenbank mit 360° Bildern. Und die meisten Hersteller haben längst 3D-Daten ihrer Produkte in petto, die sich einfach und effizient in AR-Dateien konvertieren lassen. Auf diese Weise lassen sich Raum und Produktabbildungen am PC zu einem vollständig eingerichteten 360-Grad-Bild rendern - ohne dass ein einziges Fotoshooting nötig ist!
Auch die AR-Anwendung, mit der die KundInnen die Gegenstände schließich in ihrer eigenen Umgebung platziert können,
genügt allen Ansprüchen an eine gute User Experience:
- Die AR-Anwendung ist einfach und intuitiv bedienbar. Jedes moderne Smartphone - gleich ob iOS oder Android - beherrscht die Technik.
- Es ist kein zusätzlicher Download erforderlich, die komplette Anwendung läuft im Browser, die Ladezeit ist gering.
- Ein QR-Code kann als Zugangsmöglichkeit zum ARInhalten dienen. Der Code kann direkt auf dem Druckerzeugnis
platziert werden und zusätzliche Tracking-Parameter enthalten, um die Nutzung zu messen. - Die Anwendung bietet einen klaren Mehrwert und lädt zum spielerischen Ausprobieren ein.
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