Studie Zero-Party-Data 2024

Datenstrategie: Wie Menschen wieder mehr von sich verraten

18.06.2024 - Für Geld tun sie es doch: VerbraucherInnen sind wieder eher bereit (Zero-Party-)Daten freiwillig bereitzustellen. Das geht aus unserer Exklusivstudie hervor. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass empathische Datenkommunikation wichtig bleibt.

von Joachim Graf

Nur jeder elfte Bundesbürger bzw. jede siebte Bundesbürgerin würde Unternehmen überhaupt keine Daten von sich preisgeben. Im vergangenen Jahr war es einer von sieben.

ONEtoONE 2/2024 - Programmatic Printing

Die angespannte wirtschaftliche Situation sorgt aktuell wohl dafür, dass der Deal "Rabatt gegen Daten" wieder besser funktioniert. Allerdings auch nicht besser als im Jahr 2018. Ansonsten sieht es zunehmend düster aus im Feld des Platin-Standards der Kundendatenerhebung, den Zero-Party-Data. Denn die Diskussionen um den Datenschutz, befeuert durch KI-Ängste, EU-Regulierungen und Browser-Datenblockaden sorgen für eher negative Gefühle bei den Deutschen, wenn es darum geht, Unternehmen personenbezogene Daten zu überlassen - unabhängig von Geschlecht, Einkommen und Alter.

"Welche Daten würden Sie einem Unternehmen überlassen - zum Beispiel für den Rabatt auf eine Ware?" Das hat das Marktforschungsinstitut Splendid Research   über tausend BundesbürgerInnen in einer repräsentativen Erhebung im Auftrag von iBusiness in der aktuellen, fünften Welle gefragt. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass Menschen aktuell weniger zurückhaltend als im Vorjahr sind, was die Datenweitergabe angeht. Auch die Zahl derer, die überhaupt keine Daten weitergeben wollen, hat sich wieder auf den Wert von knapp zehn Prozent eingependelt. Im Jahr 2023 war es ein Viertel mehr.

Die EMail-Adresse geben laut dieser bevölkerungsrepräsentativen Studie die Deutschen am ehesten her. Knapp Dreiviertel der Befragten würden ihre EMail-Adresse zum Beispiel für einen Rabatt auf eine Ware einem Unternehmen überlassen. Deutlich geringer ist der Anteil derjenigen, die den eigenen Namen den Marketingtreibenden verraten würden. Auch Geburtsdatum und die für Postmailings und Programmatic-Printing-Kampagnen nötige Adresse anzugeben ist für immerhin zwei von fünf Befragten akzeptabel, wenn sie dafür einen Rabatt erhalten.

Für Marketingverantwortliche interessant ist die weitere Reihung dessen, welche Daten die BundesbürgerInnen als schützenswerte Privatsphäre ansehen (und nicht an Dritte weitergeben) und was nicht. Denn hinter den Top-Four wird es sehr schnell dünn: Den Familienstand verrät noch jeder dritte Befragte, die Telefonnummer gibt dann schon nur noch ein Fünftel heraus. Trotz gestiegener Gelassenheit auf Seiten der Kundschaft: Wenn in Marketingplänen Conversational Commerce und Messengerdienste eine Rolle spielen sollen, ist ein Fünftel technische Reichweite viel zu wenig.

Ebenso ärgerlich ist es, dass Hobbys und persönliche Interessen nur von einer Minderheit weitergegeben werden. Das hindert natürlich Marketer daran, auf persönliche Interessen zugeschnittene Angebote für eine breitere Anwenderschaft bereitzustellen.


Vor allem bei den Brot-und-Butter-Datensätzen - Name und Adresse - ist der Rückgang schmerzhaft für Marketingverantwortliche, die auf datengestützte Kampagnen bauen. Lediglich die EMail-Adresse ist nach wie vor für die Mehrheit ein weitergebbares Datengut: Kein Wunder, schließlich sind Wegwerf-Adressen - beispielsweise bei Gmail, GMX und Web.de - für die Menschen kostenlos und schnell einzurichten. Oder man verwendet gleich eine EMail-Adresse mit Verfallsdatum, die sich bei Anbietern wie Müllmail.com ohne Registrierung einrichten lassen.

Zwei entscheidende Unterschiede liefert unser Datensatz, wenn es um demografische Ausreißer geht: Männer geben deutlich eher die eigene Adresse und die Telefonnummer preis als Frauen. Frauen sind auskunftsfreudiger, was ihr Geburtsdatum angeht - allerdings nicht, wenn sie Kinder haben. Eltern sind in dieser Beziehung äußerst zurückhaltend.

Den größten Unterschied sieht man allerdings, wenn man die Antworten der einzelnen Altersgruppen ansieht. Die Altersgruppe der 18- bis 39-Jährigen geben die Kerndaten des Marketings: Name, Adresse und Telefonnummer deutlich weniger oft an Unternehmen weiter als die Altersgruppen ab 40 Jahren. Hier liegen die Abweichungen gegenüber dem Durchschnitt zum Teil bei einem Viertel.

Generelles Fazit: Nur wer seinen KundInnen wirklich sehr genau und glaubhaft erklärt, warum er bestimmte Daten benötigt, kann diese einzelnen Daten nach wie vor bekommen - wenn auch immer schwerer. Denn trotz gestiegener Auskunftsfreude gegenüber dem Vorjahr: Eine Tendenz bleibt auch in diesem Jahr ungebrochen: Von Studienwelle zu Studienwelle sinkt die durchschnittliche Zahl der akzeptierten Datenpunkte. Aktuell sind im Schnitt 3,5 Angaben für jeden einzelnen Befragten akzeptabel - im vergangenen Jahr 2023 waren es 4,0, im Jahr 2018 sogar 6,1. Das große Daten-Schleppnetz wird wohl auch 2024 nicht mehr funktionieren.

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Vorträge zum Thema:

  • Bild: Michael Poganiatz
    Joachim Graf
    (ibusiness.de)

    Die Zukunft der KI. Die Zukunft der Daten. (Der Weg zum empathischen Zero-Party-Data-Marketing)

    Wohin entwickelt sich die KI in den kommenden zehn Jahren? Und was wird dann aus dem datengestützten Marketing, wenn First-Party-Data erheben für eine erfolgreiche Customer Experience immer schwieriger wird? Zukunftsforscher Joachim Graf stellt aktuelle Studien vor, die über die zunehmend prekäre Lage an der Datenfront zeigen. Er zeigt, wie diese Entwicklung sowohl KI- als auch Personalisierungsansätze gefährdet und warum die KI dieses Problem trotz technischer Fortschritte auf absehbare Zeit nicht lösen kann. Er stellt Strategien vor für den Weg zum empathischen Zero-Party-Data-Marketing: Die Methode, um Personalisierung und KI nach wie vor einzusetzen trotz wachsender Datenzurückhaltung und immer schlechter werdenden Datenqualität.

    Vortrag im Rahmen der Daten & KI 2023. Virtuelle Kongressmesse über Customer Experience mit datengestütztem Marketing und Vertrieb am 06.06.23, 09:00 Uhr

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