Retail Media am POS
Bild: Olga Hofmann, shutterstock
Laut der Prognose des Fachkreises Online-Mediaagenturen (FOMA)
im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW)
werden die Investitionen in Retail Media-Werbung um 22 Prozent zunehmen - netto. Kernaussage: "Retail Media wird zum neuen Battleground."
Der Grund: Google wird wohl seine Drohung wahr machen und beendet im 2. Halbjahr 2024 tatsächlich die Cookie-Rallye auf Chrome
. Es wird es einen Run auf Daten gestützte Umfeldwerbung geben. Und die gibt es am detailliertesten bei Online-Shops. Was natürlich den enormen Ausbau der Retail-Media-Infrastruktur im vergangenen Jahr erklärt. Gut die Hälfte aus den Top20 der deutschen Online-Shops nimmt jetzt Werbung an, zuletzt auch die Versandapotheke DocMorris
und das Modekaufhaus Breuninger
.
Agenturen sehen eine hohe Marktbedeutung voraus / Wobei Drittanbieter am meisten von Retail Media profitieren werden
Grafik: FOMA-Trendmonitor 2023; Grafik: Hightext Verlag
Bisher war der Markt hierzulande deutlich von Amazon beherrscht: Über 80 Prozent der Werbeumsätze liefen über den amerikanischen Kaufhausriesen. 2,07 Milliarden Euro erlöste Amazon im vergangenen Jahr allein mit Werbung auf seinen Übersichts- und Produktdetailseiten, so die Analyse der Organisation der Mediaagenturen
OMG
zum Werbemarkt 2023. Vergleichsweise magere 460 Millionen Euro kamen der Konkurrenz zugute, vor allem den deutschen Vorreitern
Otto
,
Zalando
und
About You
.
10,5 Milliarden Euro haben die europäischen Retail-Media-Plattformen in 2023 umgesetzt, schätzt der Digitalverband
IAB Europe
und legt die Messlatte für die weitere Entwicklung hoch. Mehr als verdoppeln soll sich der Umsatz in Europa innerhalb der nächsten drei Jahre. Auf der Dmexco im September äußerten sich ExpertInnen entsprechend euphorisch. Anna Sibbing
, Head of E-Commerce bei
Havas Media Germany
, sieht bei ihren KundInnen ein Wachstum von 30 Prozent in diesem wie im kommenden Jahr. Uwe Roschmann
, Managing Director der
Omnicom Media Group Germany
, bezeichnet Retail Media rundweg als
"eine der dynamischsten Branchen", die das
"Wachstum im digitalen Werbemarkt maßgeblich voran" treibe.
Neben Werbung in den Online-Shops direkt sollen dafür vor allem zwei Trends verantwortlich sein. Benedikt Mecking
, Head of New Business & Corporate Sales bei der Mediaagentur
Media Central Group
, sieht vor allem die nicht ganz großen Online-Shops im Zugzwang:
"TKP's sind bei kleineren Online-Shops vielen Werbetreibenden vielleicht zu teuer, mit zusätzlichen Reichweiten auf externen Seiten lässt sich das ausgleichen", meint Mecking.
"Die Ausweitung auf andere Kanäle ist da im ureigensten Interesse der Retail-Media-Verkäufer. Bald werden wir häufig Co-Branding-Werbung auf großen Internetseiten sehen, also zwei Logos in einer Anzeige, das des Shops und das der dort vertretenen Marke mit ihrem Produkt."
Gestützt wird die starke Nachfrage von technologischen Innovationen, die aus klassischen Kampagnen ganzheitliche Omnichannel-Marketingstrategien mit interaktiven und zugeschnittenen Elementen machen - und die Hersteller in die Lage versetzen, ihre Produkte gleichzeitig im stationären Handel zu vermarkten. Alban Villani
, Regional CEO EMEA bei Retail-Media-Anbieter
CitrusAd
nennt die fünf Trends, die dabei für das Jahr 2024 wichtig werden.
- Die Zahl der Kooperationen steigtEinzelhändler haben das volle Potenzial von Retail Media verstanden und werden ihre Kooperationen zukünftig auch auf Marken und Inhalte ausweiten, die nicht mit ihrer eigenen Produktpalette in direkter Verbindung stehen. Die Aufnahme dieser nicht-endemischen Brands in die eigene Retail-Media-Strategie führt dabei nicht nur zu höheren Umsätzen, sie nutzt auch bestehende strategische Verbindungen. So könnten beispielsweise Autohäuser Anzeigen für Versicherungen schalten oder Videospielehersteller Werbekooperationen mit Energy-Drink-Marken eingehen.
- Der Markt will neue FormateDie Zeiten simpler Bannerwerbung auf Webseiten sind vorbei, die große Nachfrage nach interaktiven Rich-Media-Angeboten nimmt stetig zu und wird zu einer Erweiterung des Portfolios von unterschiedlichen Formaten führen. Neben Video- und Audio-Inhalten wird dabei vor allem die Interaktion mit den Kunden über Social-Media-Kanäle eine große Rolle spielen.
- Marken setzen auf ganzheitliche StrategieLadengeschäfte stellen einen konzentrierten Sammelpunkt der relevanten Zielgruppe dar, weshalb sich immer mehr Marken für einen holistischen Retail-Media-Ansatz entscheiden, der neben On- und Off-Site auch Produktplatzierungen in physischen Läden beinhaltet. Während Ladenbetreiber mit der Vermietung von Werbeflächen und Bildschirmen eine konstante Einnahmequelle erschließen, komplettieren Werbetreibende einen lückenlosen Kreislauf an Online- und Offline-Maßnahmen, um zielgerichtet das richtige Publikum anzusprechen.
- KI treibt das Wachstum von Retail Media Mit Künstlicher Intelligenz steht Retailern und Markenherstellern ein leistungsfähiges Werkzeug zur Verfügung, um mit effizient genutzten Kundendaten ihre Kampagnen präziser auszurichten, Websites zu optimieren und Analysen zu erstellen. Ein Trend, der 2024 verstärkt in den Fokus rücken wird, ist der Einsatz von KI für Prognosen - etwa zur Identifikation von Nutzungsmustern, zur Vorhersage von Kundenverhalten und zur passgenauen Ansprache von Zielgruppen. In Verbindung mit dem Einsatz generativer KI zur schnelleren Erstellung personalisierter Werbung wird dieses KI-gestützte Targeting Unternehmen in die Lage versetzen, die richtigen Kunden zur richtigen Zeit anzusprechen.
- Retail-Media-as-a-Service gewinnt an BedeutungRetail Media boomt - und während viele Unternehmen mit Inhouse-Lösungen versuchen, einen möglichst großen Mehrwert für sich herauszuziehen, erreichen nicht wenige dabei schnell ihre Grenzen. Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Anbietern von Retail-Media-Plattformen wird 2024 auch deswegen zunehmen, weil die für die Steuerung komplexer Strategien benötigten Tech-Stacks und Analysen bereits auf dem Markt bestehen. Aber auch die notwendige Expertise zur strategischen Planung und Umsetzung von erfolgreichen Kampagnen wird dazu führen, dass sich mehr und mehr Unternehmen für Retail-Media-as-a-Service entscheiden.