Nachhaltigkeit

Inflation und Nachhaltigkeit: Etablierte Marketingdisziplin könnte Konflikt entschärfen

26.04.2023 - KonsumentInnen wollen zwar bewusster einkaufen und legen Wert auf Nachhaltigkeit. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten bremsen dieses Vorhaben aber vor allem bei bestimmten Marken und Anbietern aus.

von Christina Rose

In ihrer aktuellen Ausgabe des New Perspectives-Reports beleuchtet die Mediaagentur OMD Germany   die Auswirkungen der gestiegenen Lebenshaltungskosten auf das Konsumverhalten sowie den Stellenwert von Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit ist nach wie vor ein wichtiger Kauftreiber

Die gute Nachricht: Für 65 Prozent der Befragten ist Nachhaltigkeit nach wie vor ein wichtiges Thema. 57 Prozent lassen ihren Worten dabei auch Taten folgen und achten beim Kauf von Produkten auf nachhaltige Produkteigenschaften wie beispielsweise regionale Herstellung, artgerechte Tierhaltung, nachvollziehbare Lieferketten, weniger Verpackungsmüll, plastikfreie Alternativen etc. Allerdings haben die Entwicklungen der letzten Monate in den Geldbeuteln der Menschen hierzulande Spuren hinterlassen: So berichten 74 Prozent über deutlich gestiegene Lebenshaltungskosten und 71 Prozent zeigen sich angesichts der Preisentwicklungen auch für die Zukunft sehr besorgt.

Der Gürtel wird enger geschnallt und der Konsum gezielter

Entsprechend schnallen 78 Prozent der Befragten den Gürtel erst einmal enger und kaufen gezielter und preisbewusster ein, über die Hälfte verschiebt außerdem größere Anschaffungen erst einmal auf einen späteren Zeitpunkt - je Bereich wird dabei aber nicht gleich gespart. Außerdem gibt die Hälfte der Befragten an, beim Konsum - ganz gleich ob Lebensmittel (41 Prozent) oder andere Produkte (45-50 Prozent) - jetzt mehr den Preis, denn Nachhaltigkeitsaspekte im Auge zu haben. Gleichzeitig ist aber nach wie vor ein Drittel der Befragten bereit, einen höheren Preis für nachhaltige Produkte zu bezahlen.

Der Wunsch nachhaltig zu konsumieren ist also trotz Preissensibilität und Sparneigung nach wie vor vorhanden. Zwar geben 60 Prozent an, sich aktuell nachhaltige Produkte weniger leisten zu können und 56 Prozent kaufen seltener Bio-Produkte. Jede und jeder Zweite (52 Prozent) sagt auch, bei Bio-Produkten deutlich häufiger zu Handelsmarken, anstatt zu großen Bio-Labels wie beispielsweise Demeter & Co zu greifen. Aber: Aspekte wie "kaufe seltener Lebensmittel aus tiergerechter Haltung" oder "kaufe seltener regionale oder lokal erzeugte Produkte" fallen mit 39 bzw. 38 Prozent dem Rotstift deutlich seltener zum Opfer.

Auswirkungen haben die gestiegenen Lebenshaltungskosten auch auf die Wahl der Einkaufsstätte: So gehen 51 Prozent inzwischen häufiger in den Discounter einkaufen und mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten sucht im konventionellen Supermarkt nach entsprechenden Angeboten - insgesamt sind für 80 Prozent Angebote derzeit ein relevantes Kaufkriterium. Das Gute: Ein Großteil der Befragten (63 Prozent) geht davon aus, dass sie wieder mehr auf Nachhaltigkeit achten, wenn sich die Lage bezüglich ihrer Lebenshaltungskosten stabilisiert hat. Nachhaltigkeit bleibt also höchst relevant.

Am liebsten nachhaltige Produkte zum Vorzugspreis

Trotz der gestiegenen Bedeutung von Preisnachlässen: Am liebsten ist es KonsumentInnen, wenn sie Nachhaltigkeit und Sparaspekte unter einen Hut bringen können. So würden 51 Prozent auch zur teureren nachhaltigen Varianten greifen, wenn sie beim Kauf mehrerer Produkte Rabatte in Form von beispielsweise Cashback, Onpack, Coupons & Co bekommen würden. 44 Prozent wären bereit, mehr auszugeben, wenn sie dadurch weniger Verpackungsmüll produzieren und für 31 Prozent wäre der Aspekt "ohne Tierversuche" ein Grund, tiefer in die Tasche zu greifen.

"Auch wenn bei vielen Menschen aktuell der Preis wieder im Fokus steht, ist das Konzept der Nachhaltigkeit bei den KonsumentInnen in Deutschland etabliert und hat eine ungebrochene gesellschaftliche Relevanz. Marken sollten auf keinen Fall den Pfad der Nachhaltigkeit verlassen. Denn obwohl die VerbraucherInnen aktuell preisorientierter sind, bleibt Nachhaltigkeit eine der wichtigsten Dimensionen in ihrem Konsumverhalten. Unternehmen bedienen bestenfalls beide Bedürfnisse - Preis und Nachhaltigkeit. Marken, denen es gelingt, Rabattaktionen mit Nachhaltigkeits-Benefits wie Upcycling oder Verpackungsreduktion zu verknüpfen, investieren in die Kundenbeziehung und ermöglichen KonsumentInnen die Erfüllung eines dringenden Bedürfnisses: Nämlich dem nach einer nachhaltigeren Lebensweise. Die erhöhte Relevanz von Angebotskommunikation bietet Marken zudem aktuell die Chance KonsumentInnen enger an sich zu binden und sie zu App-NutzerInnen zu machen", so Klaus Schlett , Insights-Experte bei OMD Germany.

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