Zählte man im Jahr 2014 in der DACH-Region gerade einmal 81 Player (von denen mit Amazon
und Ebay
nur zwei wirklich bedeutsam waren), hat sich die Zahl bis zum Jahresbeginn 2020 auf imposante 173 mehr als verdoppelt. Das zeigen die Beratung Ecom Consulting
und das Softwarehaus Gominga
, die alle relevanten Player im D-A-CH-Raum in zwei Landscape-Grafiken von 2015 und 2020 aufgeführt haben. Im Vergleich ist deutlich erkennbar: Wo bis 2015 buchstäblich noch Brachland herrschte, ist heute eine Landschaft unterschiedlicher Marktplatzformen entstanden, bei der eine Reihe von Anbietern gleich mehrere Spielformen abdeckt.
Mischformen aus Marktplatz und eigenem Handelsgeschäft sind stark im Kommen
So kommt der B2C-Bereich auf über 135 aktive Online-Marktplätze, im B2B-Bereich sind es über 40 und im C2C-Bereich 45. Darüber hinaus zählt das Landscape-Poster 2020 über zehn Preisvergleichsplattformen mit Marktplatzanbindung sowie über 15 Social- und Content-Commerce-Plattformen auf. Bemerkenswert ist zudem, dass rund 29 Prozent der heute im D-A-CH-Raum aktiven Marktplätze ähnlich wie Amazon auch ein eigenes Handelsgeschäft auf ihren Marktplätzen betreiben. In der Summe sind das über 50 Player, die ihren angebundenen Herstellern und Händlern auf dem Marktplatz selbst Konkurrenz machen. Vor fünf Jahren lag dieser Wert erst bei 19 Prozent, das entspricht einer Anteilserhöhung von über 50 Prozent in fünf Jahren.
173 Online-Marktplätze gibt es aktuell im D-A-CH-Raum
Grafik: ecom consulting / gominga
Das Marktplatzwachstum der vergangenen fünf Jahre resultiere laut den Studienautoren im D-A-CH-Raum primär aus drei Quellen: Zum einen aus einer Vielzahl neure Marktplätze beispielsweise
Amazon Business
oder
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entstanden. Darüber hinaus drängen immer mehr internationale Player in den hiesigen Markt. Und schließlich erweitern Handelsgrößen wie
Zalando
,
Breuninger
,
Douglas
oder
MediaMarktSaturn
ihr Geschäftsmodell um einen Marktplatzansatz.
Nicht alle Marktplätze haben die vergangenen fünf Jahre überlebt
Angesichts des Wachstums-Hypes dürfe jedoch nicht verschwiegen werden, dass von 2015 bis 2020 auch eine beträchtliche Anzahl von Marktplätzen wieder vom Markt verschwunden ist. Das Aus von Playern wie Dawanda, Allyouneed, GartenXXL, Plus.de oder Ciao belegt, dass eine Marktplatzstrategie nicht automatisch von Erfolg gekrönt ist. Daher werden auch in Zukunft nicht alle Anbieter dauerhaft am Markt bestehen können ‒ zumal viele Marktplätze aktuell nicht immer aus einer Position der Stärke entstehen. Zuweilen erweckt es eher den Eindruck, als springe der ein oder andere gezwungenermaßen auf den Marktplatzzug auf.
Deutlich weniger als 2020: Die Zahl der Onlinemarktplätze im DACH-Raum 2015
Grafik: ecom consulting / gominga
Für Händler und Markenhersteller bedeutet die entstandene Marktplatzlandschaft Fluch und Segen zugleich. So profitieren diese zwar von zusätzlichem Kundenzugang und größerer Reichweite, müssen aber dafür aus dem zuweilen unübersichtlichen Marktplatzangebot das für sie passende herausfiltern. Zudem sind Aufwand und Risiko bei Technikinvestitionen, Working-Capital oder Fulfillment-Komplexitäten mit der Anzahl der Player exponentiell gestiegen. Gleiches gilt für die Anforderungen an Markendarstellung, Content sowie Bewertungen.
Hier allerdings weisen die Marktplätze auch noch Schwächen auf. Wie die Untersuchung zeigt, bietet die Mehrheit der (neueren) Marktplätze Kundeninteraktion und Bewertungssysteme entweder gar nicht oder nicht professionell an. Das ist schlecht für beide Seiten - Anbieter wie Kunden. Den Konsumenten fehlt ein vertrauensbildender Faktor. Und die Anbieter verpassen eine Chance zur direkten Kommunikation mit dem Käufer, die in Zeiten eines Direct-to-Consumer-Ansatzes immer wichtiger wird.
Trotz aller Herausforderungen ist es für Hersteller und Händler aber keine Alternative, sich dem Marktplatzthema zu verschließen, meinen die Studienautoren. Denn die vielen Marktplätze verstärken den Traffic-Sog, sodass es für individuelle Webshops noch schwieriger und kostspieliger wird, die Kunden auf die eigene Seite zu ziehen.