Werben in der Krise

Welche Werbekampagnen während der Krise die größte Wirkung zeigen

31.07.2020 - Zu Beginn der Coronakrise vermittelten viele Kampagnen Botschaften der Zugehörigkeit. Dies allein reicht nicht aus, um dauerhaft beim Publikum zu punkten. Die besten Kampagnen konnten Corona-spezifische Botschaften erfolgreich mit einem bereits existierenden Brand Purpose verbinden. Im weiteren Verlauf der Pandemie setzten die Kampagnen mehr auf individuelle menschliche Bedürfnisse, wie eine aktuelle Studie zeigt.

von Christina Rose

Mithilfe des Data Creativity Scores - einem Index zur Quantifizierung der Werbewirksamkeit - analysiert die Agenturgruppe Reply   die Wirkung von Werbekampagnen auf Verbraucher. Gemeinhin zahlen sprachliche und visuelle Werbebotschaften auf mindestens eines der fünf folgenden menschlichen Bedürfnisse ein (Maslowsche Bedürfnispyramide): existenzielle Grundbedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Individualbedürfnisse und Selbstverwirklichungsbedürfnisse.

In den Monaten März und April der COVID-19-Krise in Europa stellten Werbekampagnen vor allem soziale Bedürfnisse wie das Bedürfnis nach Zugehörigkeit in den Mittelpunkt. Dies ist eine direkte Folge der Pandemie, da Kampagnen vor der Krise mehrheitlich Individual- und Selbstverwirklichungsbedürfnisse adressierten. Dabei wurden aus den sozialen Medien bekannte Botschaften wie "Stay safe" oder "In this together" aufgegriffen.

Kampagnen-Kreativität nur durchschnittlich

Die meisten der untersuchten Kampagnen, die soziale Bedürfnisse in den Fokus stellten, erzielten nur durchschnittliche DCS-Scores (Data Creativity Score (DCS), ein vom Datenspezialisten TD Reply entwickelter Index zur Quantifizierung der Werbewirkung). Insbesondere in Frankreich, Italien, Spanien - Ländern mit im europäischen Vergleich relativ strengen Lockdowns- reagierte das Publikum verhalten auf diese Kampagnen. Obwohl COVID-19-Kampagnen bei den Verbrauchern große Emotionen auslösten, wurden sie nicht als originell angesehen.

Erfolgreich waren einzelne Kampagnen, die es schafften, Corona-spezifische Botschaften der Zugehörigkeit und des Miteinanders mit einem bereits vor der Coronakrise existierenden Brand Purpose zu verbinden. Insgesamt betrachtet führten die ersten Botschaften der Zugehörigkeit und Gemeinschaft beim Publikum auch aufgrund der vielen Wiederholungen zu Ermüdungserscheinungen.

Werbung spricht Individualbedürfnisse und Selbstverwirklichung an

Im weiteren Verlauf der Krise und im Zuge der Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen in vielen Ländern verlagerte sich im April/Mai der Fokus der Kampagne von den sozialen Bedürfnissen wieder zu Ich-bezogenen Themen, die unter anderem ein Leben nach dem Lockdown thematisieren. Dabei kam vermehrt ein humorvolles Messaging zum Vorschein, das dem Publikum für das Zuhause bleiben dankt und die durch die Quarantäne aktivierte Kreativität in den eigenen vier Wänden in den Vordergrund stellt. Viele der untersuchten Kampagnen vermittelten ein optimistisches Lebensgefühl und setzten die individuelle Einzigartigkeit der Menschen in Szene.

Diese Kampagnen wurden vom Publikum besser aufgenommen als die Kampagnen, die soziale Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellten. Im Ländervergleich schnitten Kampagnen aus Großbritannien besser ab als aus anderen Märkten, da mehr Werbekampagnen auf Wertschätzung und Selbstverwirklichung abzielten.

Impulse für die Zukunft

Die Ergebnisse der Studie geben Aufschluss darüber, wie Marken in Zukunft erfolgreich Werbekampagnen gestalten: Auf dem Weg in eine "neue Normalität" sollten Marken Kreativität eng mit der Unterstützung bei der Lösung von Problemen und Bedürfnissen der Nutzer verknüpfen. Die Pandemie bewirkt eine stärkere Orientierung der Kampagneninhalte an den Verbraucherbedürfnissen. Hier können vor allem Kampagnen punkten, die zusätzlich mit dem Brand Purpose verbunden sind.

Um erfolgreich zu sein, müssen Marken neue Inhalte identifizieren und auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen, um sicherzustellen, dass die Botschaften originell bleiben und auf eine hohe Resonanz stoßen. Gleichzeitig müssen sie damit rechnen, dass ein Publikum mit Ermüdungserscheinungen auf sich stark verbreitende ereignisbezogene Botschaften reagiert. Es ist zu erwarten, dass das auch auf die aktuell populäre Ansprache der Individual- und Selbstverwirklichungsbedürfnisse zutreffen wird. Aus diesem Grund müssen Marken ihr Messaging für eine bessere Wirksamkeit anhand der aktuellen Resonanz des Publikums kontinuierlich überprüfen und dynamisch anpassen.


Zur Methode: Der kontinuierlich aktualisierte COVID-19-Report von Reply untersucht die aktuellen Auswirkungen der Pandemie auf verschiedene Bereiche der Wirtschaft in den betroffenen Ländern. Diese Ausgabe beleuchtet Charakter und Wirkung der Werbekampagnen während der Krise. Hierfür wurden 52 Werbekampagnen aus den EU-5-Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien untersucht.

Zum Einsatz kommt dabei der Data Creativity Score (DCS), ein vom Datenspezialisten TD Reply entwickelter Index zur Quantifizierung der Werbewirkung. Ein Algorithmus berechnet auf Basis digitaler Nutzungsdaten objektive Scores für Kampagnen anhand der Bewertungskategorien kreatives Konzept und Aktivierungseffekt. Der DCS fasst diese Kategorien anteilig in einem Wert zusammen, um die digitale Resonanz der Verbraucher auf die Kampagnen zu quantifizieren. Auf Basis der Reaktionen des Publikums kann ausgewertet werden, ob die Konsumenten eine Kampagne als kreativ empfinden und ob sie wirksam umgesetzt ist.

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