Interview mit Patricia Grundmann, BVDW/Obi First Media

"Jeder vierte Werbedollar wird 2026 an Retail Media gehen"

28.12.2023 - Wie der BVDW sich für die Sache des Handelsmarketings stark macht: Patricia Grundmann, Vorsitzende des Fachkreises Retail Media Circle (RMC) im Verband und Geschäftsführerin der Obi First Media Group, über das Ende der Cookie-Ära und die daher einzigartigen Chancen der neuen Werbegattung.

von Christian Gehl

Frau Grundmann, zu welchem Zweck wurde der Retail Media Circle gegründet?

Im RMC hat der BVDW viele international agierenden Handelsunternehmen aus Deutschland unter einem Dach gebündelt. Unser Ziel ist die gemeinsame Vertretung unseres Marktsegmentes sowie die gemeinsame Festlegung von Standards, vergleichbare KPIs und eine Vereinheitlichung bei den Messungen der Werbewirkung, damit sich Retail Media als Marktsegment weiterentwickeln kann. Gemeinsam nehmen wir über den BVDW auch international eine aktive Vorreiterrolle für europäische Initiativen ein.

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Welche strategische Bedeutung messen Sie Retail Media bei?

Retail Media ist mehr als ein Trend der Gegenwart. Retail Media wird in Zukunft ein noch bedeutsamerer Teil des Marketing-Mix sein und weiterhin an Bedeutung gewinnen. Schon heute ist der Retail-Media-Markt in Deutschland der zweitgrößte Europas und Deutschland wächst überdurchschnittlich. Die Boston Consulting Group prognostiziert, dass der Retail-Media-Markt in den USA bis 2027 um 25 Prozent pro Jahr auf mehr als 100 Milliarden US-Dollar anwachsen und schon 2026 mehr als 25 Prozent der Marketing-Spendings ausmachen wird. Umgerechnet bedeutet dies, dass jeder vierte US-Dollar der Marketing-Spendings für Retail Media ausgegeben werden wird.

Für welche Werbeziele eignen sich die entsprechenden Plattformen?

Retail Media stand in der Vergangenheit für Kommunikation, die auf den lower funnel in der Customer Journey einzahlt. Kunden waren somit in erster Linie endemische Marken, die auch in den jeweiligen Shops zu beziehen waren. Retail Media kann jedoch weit mehr - wir erreichen KonsumentInnen, die grundsätzlich am Kauf von Produkten interessiert und somit offen für werbliche Botschaften sind. Insofern eignen sich Retail-Media-Umfelder auch für nicht-endemische Marken und deren Brand-Kommunikation. Viele Händler verfügen über enorme Reichweiten, wie sie sich große Werbungtreibende vor allem aus dem FMCG-Sektor wünschen. Damit verfügen Retail-Media-Anbieter auch über extrem wertvolle Daten, die künftig deutlich an Bedeutung gewinnen werden, zumal die etablierten Werbemechaniken über Third-Party-Cookies in absehbarer Zeit nicht mehr möglich sein werden. Wir müssen also dem Markt verdeutlichen, dass die First-Party-Daten der Händler eine attraktive Lösung für die Zeit nach den Third-Party-Cookies darstellen.

Welche Daten genau stehen denn den Werbetreibenden über Retail-Media-Anbieter zur Verfügung?

Umfangreiche First-Party-Daten sorgen für eine einmalige Kenntnis der Customer Journey und bieten optimale Bedingungen zur zielgruppenpassenden Ansprache - ein Mehrwert, wie es ihn in keiner anderen Mediengattung gibt. Aggregierte Userdaten bestehen beispielsweise aus Produktdaten, demografischen Daten, Kaufdaten, Benutzerdaten, Kampagnendaten und Verhaltensdaten.

Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Argumente für die Buchung von Retail Media?

Heute wird - mehr denn je - jeder in Marketing investierte Euro in Frage gestellt. Mit Retail Media kann ein Werbetreibender seinen ROI direkt messen, was ein unglaublicher Vorteil im Vergleich zu anderen Mediengattungen ist. Der Strukturwandel fördert dank KI außerdem bereits jetzt die Technologisierung und Automatisierung in allen Bereichen des Marketings und wird hinsichtlich Retail Media völlig neue Möglichkeiten schaffen. Die bevorstehende Welt ohne Cookies stellt für viele Publisher eine Herausforderung im Angebot und für viele Advertiser in der Ausspielung zielgerichteter Werbung dar. Gleichzeitig wird die Power der Retailer, die im Besitz von First-Party-Daten sind, zunehmen und neue und messbare Chancen für Advertiser öffnen.

Das Gespräch führte Christian Gehl

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