30.07.2001 - Bausat in Hamburg bietet Baustellen-Logistik via Web an.
Es war einmal ein Werbespot der Telekom: Ein Baustellenleiter rief seinen Chef an und bat ihn, einen Blick auf das eben erstellte Bauwerk zu richten - die Brücke passte nicht. Seinerzeit haben alle über die Geschichte gelacht, trotzdem aber insgeheim gedacht, so etwas gibt es doch gar nicht. Weit gefehlt. Circa ein halbes Jahr nachdem der Spot gelaufen war, passierte es im richtigen Leben. Beim Bau einer Fußgängerbrücke am Hamburger Airport stellte man während des Einbaus fest, dass die Brücke um ganze 20 Zentimeter zu kurz war ...
Die Schuldfrage war seinerzeit nicht zu klären. Fest steht aber, nicht alle Projektbeteiligten waren auf dem letzten Planungsstand. Manche hatten noch alte Zeichnungen, manchen fehlten die Protokolle der letzten Bauleitersitzung und wieder andere waren überhaupt nicht informiert worden. "Situationen wie diese kommen auf dem Bau immer wieder vor - und sie kosten die ohnehin schon darbende Bauwirtschaft Millionen", weiß auch Ingo Hadrych, Geschäftsführer der Bausat GmbH in Hamburg, ein Unternehmen, das Baustellen-Logistik via Web anbietet.
Anfang 2000 gründete Arne Weber, Geschäftsführer und Inhaber der Hamburger Bauunternehmung H.C. Hagemann das Start-up mit dem urspünglichen Vorhaben, alle 30 Minuten ein Standbild per Webcam von Baustellen ins Netz zu stellen, damit der Baufortschritt beobachtet werden kann. Schnell stellte sich aber heraus: Das ist nicht der Weisheit letzter Schluss.
Die gesamte Baustellen-Logistik über das Internet abzuwickeln wäre die wahre Innovation. Also wurde die Gründung verschoben und am erweiterten Konzept gefeilt. Seit einem Jahr nun ist Bausat online - mit dem kompletten Angebot. Alle wichtigen Baudokumentationen sind von jedem Beteiligten auf dem jeweils neuesten Stand abrufbar. Von den Zeichnungen über den Bauzeitenplan bis hin zur Telefonliste aller beteiligten Unternehmen. Niemand kann mehr vergessen werden, denn der Verteiler ist automatisiert. Und niemand kann sich mehr darauf berufen, von nichts gewusst zu haben, denn es liegt nun an einem selbst, sich auf den neuesten Stand zu bringen.
Vorteile, die Bauunternehmen und Bauherren inzwischen sehr zu schätzen wissen. Bausat lebt - nicht schlecht - von der Mund-zu-Mund-Propaganda. Das war nicht immer so. Gerade im Baugewerbe ist die Altersstruktur sehr hoch, Bauleiter und Poliere erreichen in der Regel in ein paar Jahren das Rentenalter und sind darum dem Internet gegenüber nicht so richtig aufgeschlossen. "Zuerst hörten wir: ‘Was sollen wir denn auf der Baustelle mit einen Laptop und wozu die Kamera? Wollt ihr kontrollieren, ob wir unsere Pausen überziehen?´", erinnert sich Hadrych an die Anfangszeiten.
Heute allerdings will nach seinem Bekunden niemand mehr auf die neue Technik verzichten, denn sie erleichtert das Arbeiten, verkürzt die Entscheidungswege und spart Zeit. Haben die Bauleiter vor einem Jahr noch rund zwei Stunden am Tag damit verbracht, das Bautagebuch zu führen, Pläne zu verteilen und Informationen auszutauschen, benötigen sie heute nicht einmal mehr die Hälfte der Zeit. Einsparpotenziale, die gerade im Bau über Leben oder Tod entscheiden können.
"Leider", so Hadrych, "können wir noch nicht auf eine umfangreiche Datenbasis zurückgreifen, denn alle Projekte laufen noch. Erst nach der Endabrechnung und der Nachkalkulation sind Vergleiche mit ähnlich gelagerten Vorhaben, die noch manuell geführt wurden, möglich." Trotzdem ist schon jetzt klar, dass enorme Kostenreduzierungen machbar sind. So sind zum Beispiel Materiallieferungen just in time möglich, denn die Lieferanten können, bevor sie ihren LKW losschicken, im Web nachsehen, ob zum Beispiel die Steine schon benötigt werden.
"Man glaubt gar nicht", so Hadrych, "wie viel auf den Baustellen rumliegt, was noch gar nicht benötigt wird und bis zum Verbau immer wieder umgepackt werden muss."
Überall, wo etwas entsteht, hat man die gleichen Probleme. Im Schiffbau zum Beispiel, wo es nur wenige Werften mit einer ausgeklügelten Logistik gibt. Wie bei der Meyer-Werft in Papenburg, die als Deutschlands erfolgreichste Werft gilt und ohne staatliche Subventionen auskommt. Inhaber Meyer erklärte einmal, er wisse zu jedem Zeitpunkt, wo in welchem Schiff welche Schraube verbaut werde. "Wenn wir nur einen Teil der ausgefeilten Logistik, wie sie zum Beispiel im Schiffbau an den Tag gelegt wird, auf den Bau übertragen können", sinniert Hadrych, "könnten bis zu zehn Prozent der Baukosten eingespart werden."
Der aktuelle Auftragsbestand ist nach eigenem Bekunden gut, die ersten Erfahrungen sind gesammelt. "Es ist geplant", so Hadrych, "Marketing und Vertrieb aufzustocken und dann Bauherren und Bauunternehmen in ganz Deutschland gezielt anzusprechen."cb
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