"Farbe wird immer mehr zum Thema"

28.01.2002 - Die Workflows ändern sich bei der digitalen Personalisierung drastisch

go Digitaldruck ist manchen zu komplex. Doch erstens kommt man heute nicht mehr an ihm vorbei, da die Personalisierung von Mailings am besten mit der digitalen Drucktechnik zu realisieren ist, und zum zweiten kann man die Sorge um die Technologie getrost den Fachleuten überlassen. Einer davon ist Klaus Gradischek, Geschäftsführer von PPM Graphic Systems in Nürnberg. Das Unternehmen ist auf die technische Abwicklung personalisierter Dokumente spezialisiert und bietet auch herstellerneutrale Schulungen zum gesamten Bereich der digitalen Druck-erzeugnisse. ONEtoONE hat mit Gradischek über den heutigen Stand der digitalen Personalisierung gesprochen.



OtO: Welche neuen Technologien sind aktuell für den personalisierten Druck am Markt?

Klaus Gradischek: Eigentlich gibt es kein neues System, denn alle derzeit verfügbaren Geräte sind nur eine Weiterentwicklung bereits bestehender Technologien. Farbe wird allerdings immer mehr zum Thema und inzwischen gibt es kaum ein Unternehmen, das sich nicht in irgendeiner Form mit farbigem Digitaldruck beschäftigt.

OtO: Sind digitale Drucksysteme heute wahre Alleskönner?

Gradischek: Digitale Drucksysteme können beileibe nicht alles, und keinesfalls können sie eine komplette Druckerei mit dort vorhandenem Wissen und Technologie ersetzen. Solche Systeme erkennen beispielsweise nicht von sich aus, dass ein Druckjob besser auf einer anderen Maschine laufen sollte oder mit anderem Papier ein besseres Druckbild erzielt würde. Diese Dinge geschehen in einer Druckerei meist ohne dass der Auftraggeber etwas davon erfährt. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein Drucker, der trotz ungünstiger Vorlage eine Qualitätsverbesserung erzielt, darauf - mit Recht - auch sehr stolz ist.

Bezieht man diese Erfahrung auf ein digitales Drucksystem, bedeutet es, dass dessen Betreiber auch das spezielle Know-how und die spezielle Kompetenz haben muss - für seine spezielle Maschine. Da digitale Drucksysteme vom Hersteller mit einer ganz bestimmten Funktionalität ausgestattet werden und eben nicht mal schnell ein anderes Druckverfahren anwenden können, müssen sie immer im Kontext der entsprechenden Aufgabenstellung gesehen werden. Nur mit dem Bewusstsein einer klaren Aufgabenstellung kann man ein System auswählen und von seinen Vor- und Nachteilen sprechen.

OtO: Wie ändern sich die Workflows bei digitalen Personalisierungslösungen?

Gradischek: Drastisch! Es gibt eine Aufgabenstellung "Datenaufbereitung", bei der Datenbankwissen und graphisches Wissen zusammentreffen - neben der Auftragsmappe gilt es nun, Daten zu verwalten. Viele Arbeiten setzen neue Qualifikationen voraus, andere Arbeitsschritte entfallen dagegen ganz.

Eine Tendenz ist auch die sinkende Auflagenhöhe bei gleichzeitigem Anstieg diverser Variationen. Beispielsweise nehmen angesichts des Euro die europäischen Sprachvariationen zu. Für den Workflow bedeutet das: Um die rentable Stückzahl an Druckseiten pro Monat zu produzieren, müssen unter Umständen mehr Aufträge von mehr Kunden akquiriert, verwaltet, be- und verarbeitet werden.

OtO: Ist Digitaldruck nach wie vor in erster Linie bei Kleinauflagen rentabel?

Gradischek: Da die erschwinglichen Systeme im Schwarzweißdruck derzeit bis zu 120 Meter pro Minute und im farbigen Bereich gerade 8.000 Seiten pro Stunde produzieren, wird sich daran wohl nichts ändern. Denn die großen Systeme von Scitex, die mit Geschwindigkeiten von 305 Meter pro Minute schwarzweiß und bis zu 150 Meter pro Minute farbig produzieren können, wird sich nicht jeder kaufen, da hier eine beträchtliche Menge an Druckvolumen und Auflagenhöhe nötig wird, um überhaupt von Rentabilität zu sprechen.

OtO: Welches Layout eignet sich für die individuelle Kundenansprache?

Gradischek: Ich weiß nicht, ob es wirklich ein besonders geeignetes Layout gibt. Die Grundanforderung ist natürlich immer, dass es in die Gesamtkonzeption passen muss. Mir persönlich gefällt ein Layout besser, wenn es nicht allzu trendy ist. Manche sehen zwar gut aus, sind dafür jedoch relativ schlecht zu lesen - aber zu diesem Thema gibt es Untersuchungen von Fachleuten, die darüber sicherlich mehr zu sagen haben als ich.

Einige Studien beweisen, dass farbige, sehr persönliche gehaltene Mailings erfolgreicher sind als andere. Leider gibt es hier von Seiten der Post immer noch sehr starre Vorgaben. Würde man das technische Know-how voll ausreizen, könnte man eine solche Sendung sicher nicht als Massendrucksache verschicken.

OtO: Wie schätzen Sie die Zukunft bei der Personalisierung im Digitaldruck ein?

Gradischek: Nachdem das allgemeine Verständnis dafür steigt, dass alle Informationen eines Unternehmens abteilungsunabhängig in einer Datenbank gesammelt werden - oder zumindest in Bezug zueinander gebracht werden - , und welchen Mehrwert eine solche gut strukturierte Datenhaltung erzielt, wird es auch immer komplexere Aufgabenstellungen geben. Und natürlich wird die Digitaldruck-Technologie auch nicht auf dem heutigen Stand stehen bleiben.

OtO: Warum ist Personalisierung heute unabdingbar?

Gradischek: Erfolg wird man heute wohl kaum mehr haben, wenn man den Kunden etwa mit "sehr geehrte Damen und Herren" anspricht. Der Kunde erwartet eine individuelle Ansprache, vergleichbar mit einem persönlichen Besuch, einem netten Gespräch. Das hinterlässt bei ihm das Gefühl des Individuellen, des Besonderen, des Umworbenseins - und wem würde das nicht gefallen? Wer es mit seinen Texten und Bildern schafft, dieses Gefühl hervorzurufen, wird sicher erfolgreicher sein als andere.

Klaus Gradischek ist Geschäftsführer von PPM Graphic Systems in Nürnberg.

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