AGOF gerät ins Stocken

28.06.2005 - Probleme bei der Fusion der Datensätze

Wenn erst einmal die AGOF-Studie da ist, wird alles besser, prophezeihen Deutschlands Online-Vermarkter sinngemäß seit gut drei Jahren. Nun liegen die ersten validen Daten der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung vor. Doch die Begeisterung der Media-Agenturen hält sich in Grenzen. Nach Aussage von Marc Lehmann, Chef der Frankfurter Agentur OgilvyOne, ergab die Studie nichts Neues.

Wenn erst einmal die AGOF-Studie da ist, wird alles besser, prophezeihen Deutschlands Online-Vermarkter sinngemäß seit gut drei Jahren. Nun liegen die ersten validen Daten der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung vor. Doch die Begeisterung der Media-Agenturen hält sich in Grenzen. Nach Aussage von Marc Lehmann, Chef der Frankfurter Agentur OgilvyOne, ergab die Studie nichts Neues.

"Das ist nicht das, worauf unsere Kunden gewartet haben," sagt Lehmann. "Der erste Datensatz brachte nichts Überraschendes und war methodisch nicht viel anders als die alten Studien", ergänzt Oliver Gertz, Geschäftsführer der Media.com-Tochter Magic Response. AGOF-Chef Harald Kratel bestreitet das gar nicht: "Die Studie ergab nichts bahnbrechend Neues". Fürwahr: Dass T-Online das beliebteste Online-Portal Deutschlands ist, hat die Branche vorher auch schon gewusst.

Grund für die geringe Aussagekraft der so genannten internet facts sind Probleme bei der Fusion des Datensatzes 1, bestehend aus einer technischen Messung und einer OnSite-Befragung, mit einer telefonischen Befragung von 25.000 Nutzern. Um sich nicht der Gefahr auszusetzen, dass halbfertige Zahlen von der Kritik zerrissen werden, hat die AGOF vorerst nur den Datensatz 1 veröffentlicht. "Das Ergebnis muss unangreifbar sein", erklärt Kratel die erneute Verschiebung.

"Nehmen uns so viel Zeit wie nötig"

Online-Experten führen die Verzögerung auf weiter reichende Fragen als nur zeitliche Verzögerungen zurück: Es gebe einerseits die gelernten Planungstools für klassische Media mit ihren je eigenen Anforderungen, andererseits sei das Internet ein völlig neues Medium, dessen Planung nach anderen Grundsätzen verlaufe. Die Maßstäbe klas-sischer Planungstools könnten also nicht einfach auf das Internet übertragen werden. Vielmehr müsse ein inhaltlich neuer Ansatz gefunden werden, der aber auch die Vergleichbarkeit mit anderen Mediagattungen gewährleistet.

Als Beispiel nennt Klaus Ahrens, Geschäftsführer von pilot Hamburg, die Tatsache, dass für die Optimierung Daten aus einem nicht von der AGOF erfassten Bereich herangezogen werden, nämlich die so genannten AdServer-Daten, die den Traffic auf den Seiten messen. "Da knirscht noch einiges", sagt Ahrens und wundert sich, dass die technische Kommission der AGOF die Einbeziehung der AdServer-Daten noch nicht diskutiert hat. Laut Kratel werden diese Daten frühestens bei der nächsten Erhebung - für dieses Jahr sind noch zwei weitere Erhebungswellen geplant - einbezogen.

"Die AGOF ist kein Allheilmittel", sagt Ahrens. Zudem seien viele Punkte noch nicht geklärt, beispielsweise internationale Planbarkeit, Abdeckung aller relevanten Werbeträger, Erfassung mobiler Endgeräte, einheitliche Abrechungsmodelle und Standardisierung der Werbemittel. Hier müsse schnell nachgebessert werden. Sonst komme ein zentraler Aspekt ins Wanken: "Die AGOF braucht die Akzeptanz derjenigen, die damit arbeiten, um als einheitliche Währung zu fungieren."

Gleichzeitig betont er, dass die Branche eine Reichweitenstudie bitter nötig hat: "Das bisherige Durcheinander der Marktmediastudien, die alle ein bisschen aber nichts Ganzes und schon gar nicht etwas allgemein Akzeptiertes lieferten, muss bereinigt werden, um das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Online-Werbeträger zu erhöhen."

Die AGOF weist die Kritikpunkte des Piloten zurück. Nach Aussagen der stellvertretenden AGOF-Vorsitzenden Claudia Dubrau ist eine Vollabdeckung der Werbeträger aus planerischer Sicht nicht unbedingt notwendig. In Bezug auf die internationale Planbarkeit teilte die IP-Deutschland-Managerin mit, dass die AGOF bereits enge Kontakte zu europäischen Partnern pflege, um auf europäischer Ebene vergleichbare Standards und Definitionen auf der Basis des AGOF-Modells zu schaffen.

Die mobile Nutzung über IP-Adressen werde bereits erfasst. Bei speziellen Sondermodellen und künftigen Techniken baue die AGOF auf das eigene Methodenmodell, das flexibel an die Markt- und Nutzungsgewohnheiten angepasst werden könne. Die Tatsache, dass ausländische Nutzer nicht ausgewiesen werden, begründete Dubrau damit, dass die internet facts eine nationale Währung seien. Entsprechend beziehe sich die Grundgesamtheit nur auf die nationale Wohnbevölkerung. "Mit dieser Definition sind wir absolut AG.MA-konform", so Dubrau. Erweitere man die Grundgesamtheit, so weiche man von den üblichen Marktstandards ab. Ein Vergleich mit anderen klassischen Markt- und Media-Studien wäre dann nicht mehr möglich.

In Bezug auf die Abgrenzung der Belegungseinheiten weist Dubrau darauf hin, dass die Planungs-Tools eine detaillierte Beschreibung der Belegungseinheiten aller Anbieter enthalten. Somit könne jeder Anwender feststellen, was sich genau hinter einer Belegungseinheit verberge. Auf lange Sicht müsse sich aber noch zeigen, ob die jetzigen Definitionen für den Markt akzeptabel und ausreichend sind oder ob vielleicht doch genauere Definitionen und Vorgaben entworfen werden müssen. Die Begriffsverwirrung werde die AGOF im Zuge der geplanten Verknüpfung mit den AdServer-Daten beenden.

Nach Gertz‘ Einschätzung ist diese Verknüpfung gar nicht nötig. Begründung: Die AGOF sei sowieso mehr für klassische Werber als für Direct-Response-Werber gedacht. Schließlich könnten die Direct-Response-Werber mit den vorhandenen Tools bereits fast alles messen. Bei der Messung von Zielgruppen-Reichweiten im Internet bestehe dagegen noch Nachholbedarf. Insofern sei es gar kein Nachteil, wenn die AGOF-Messung von der technischen Messung getrennt bleibe: "Über die AGOF sehen wir, wen wir erreichen. Über den AdServer schauen wir uns dann an, ob die User auch geklickt haben. Anschließend fragen wir den Werbetreibenden, was ihm wichtiger ist: dass verkauft oder die gewünschte Zielgruppe erreicht wird." Gegebenenfalls könne natürlich auch gemixt werden. Mit dem Ergebnis, dass sich die Kampagnen "mehr ausdifferenzieren".

Die Kritik an der AGOF erklärt der Online-Media-Planer Gertz mit der Unsicherheit einiger Agenturen: "Vielleicht haben die nur Angst, nicht zu wissen, wie man genau mit der AGOF arbeitet soll, unter anderem weil bestimmte Kampagnen eventuell ganz anders gestaltet werden müssen." Er rät den Kunden daher, die aus den internet facts gewonnen Erkenntnisse langsam einzuarbeiten. "Dann können die Kampagnen nur erfolgreich werden", so Gertz. brö

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