19.03.2020 - Im Interview berichtet BPG-CEO Dirk Kemmerer, wie sich der Konzern auf die wachsende Nachfrage nach individualisierter Printwerbung einstellt.
von Frauke Schobelt
Die Marketingwelt verändert sich, viele Budgets wandern in die digitalen Kanäle. Hat Print noch seine Berechtigung? Auch für das Loyalty-Programm DeutschlandCard, dessen Geschäftsführer Sie ebenfalls sind?
Absolut. Ich sehe das jedoch nicht dogmatisch, weder in Richtung Print noch in Richtung Digital. Dem Endkunden geht es um Relevanz, dem Werbungtreibenden um möglichst hohe Konvertierungsraten im Verhältnis zu den eingesetzten Marketingbudgets. Das wird sich nie ändern. Das gilt für die BPG ebenso wie für die DeutschlandCard. Es gibt Kanäle, deren Einsatz bei bestimmten Produkten oder bestimmten Kundengruppen sinnvoller ist als bei anderen. In digitalen Kanälen bekommen sie ein unmittelbares Feedback. Sie wissen, wer auf Gamification, Newsletter oder die App reagiert. Beim Printkanal brauchen wir hingegen ein Vehikel und setzen beispielsweise Codes ein, um die Werbewirkung zu messen. Mit digitaler Werbung kann man vieles zielgenauer und messbarer aussteuern. Doch auch der Markt für Handzettel und Prospekte wird leicht wachsen, weil in diesem Bereich der klassische Printkanal bei Weitem zu den besten Ergebnissen bei den Werbetreibenden führt. Grundsätzlich gilt: Der Kanal ist Mittel zum Zweck und muss Relevanz für den Endkunden haben.
Um Printmailings automatisiert zu versenden, müssen die Daten verknüpft werden. Wie funktioniert die Integration von Print?
Im Direktmarketing ist das Thema Automatisierung entscheidend. In den vergangenen Jahren waren alle neuen Onlinekanäle von Tag Eins an integriert in die Automatisierung über Marketingsuites. Das fehlt den klassischen Offline-Kanälen. Marketingentscheider brauchen jedoch Tools, mit denen sie alle Kanäle integriert bespielen können. Nicht nur aus Gründen der Budgetallokation, sondern auch, um die Übersicht zu behalten, wie die einzelnen Kanäle funktionieren. Ein ganz entscheidender Baustein bei unserer Strategie hin zu einem integrierten Marketingdienstleister kommt unserem Tochterunternehmen dialog zu. Die Kollegen der AZ Direct bieten gemeinsam mit der Business Unit Campaign verschiedene Automatisierungsansätze an, um unseren Direktmarketingkanal zu integrieren. Der Marketingverantwortliche kann so die verschiedenen Kanäle miteinander vergleichen und die Folgekampagnen entsprechend anpassen. Ob Akquise, Kundenbindung, Kundenzufriedenheit, Churn-Prevention - bei all diesen Themen ist Marketing-Automation entscheidend. Für uns ist es daher wichtig, mit unseren Kanälen entsprechend in Marketingsuites vertreten zu sein.
Ist diese Integration in die Marketingsuites noch eine große Baustelle?
Es ist uns schon ganz gut gelungen, aber es bleibt weiterhin einiges zu tun. Intensiv spielen wir das vertrieblich erst seit zwei, drei Jahren. Zunächst haben wir dabei geprüft, ob wir mit einem eigenen Ansatz in den Markt gehen. Um den Printkanal zu integrieren, macht jedoch eine Partnerschaft mit bestehenden Marketingsuites mehr Sinn. Das läuft seitdem deutlich erfolgreicher, weil wir gemeinschaftlich am Markt auftreten.
Ist das auch eine Argumentationshilfe bei den Kunden?
Das ist es sicherlich. Bisher war es so: Sie können alle Onlinekanäle automatisiert steuern, benötigen für die Offline-Kanäle aber einen eigenen Kommunikationsstrang und einen eigenen Rechnungslauf. Da hilft es, dass wir das alles aus einer Hand anbieten und mit diesen Tools die Komplexität für den Kunden reduzieren können. Nicht nur rein zeitlich, sondern auch für die Budgetallokation und die übergreifende Steuerung der Marketingkanäle. Auch hier ist die Konvergenz der Marketingkanäle entscheidend. Wir merken bei unseren Kunden, dass der Hype 'Hauptsache-Digital' ein wenig vorüber ist. Wichtiger wird, was sie bekommen und wie gut es funktioniert in Bezug auf ihren Marketing ROIC.
Zieht das eher bei Bestandskunden oder konnten Sie auch neue Kunden gewinnen?
Wir haben viele neue Kunden gewonnen. Zum Beispiel große Suchmaschinen, die mit Digital Marketing sehr viel Geld verdienen. Wir konnten auch direkte Wettbewerber gewinnen, außerdem Firmen aus dem Bereich Fashion-E-Commerce.
Braucht man für individualisierte Printwerbung ein gewisses Volumen oder ist das auch interessant für kleinere Shops?
Sowohl als auch. Wir haben gerade einen Auftrag für einen Kunden fertig produziert, klassisch hybrid, mit großen Volumina im Offsetdruck. Fünf Millionen Kataloge wurden gedruckt, für verschiedene Zielgruppen. Vier Millionen gehen klassisch raus und eine Million vollpersonalisiert. Konkret wurde der Umschlag im Digitaldruck vollpersonalisiert - mit dem Namen, dem letzten Kauf des Endkunden und dazu passenden Produkten. Zum Einsatz kam dabei eine KI-Software, die hochrechnet, was zu dem zuletzt erworbenen Outfit passen könnte. Personalisiert haben wir aber - wie gesagt - nur eine Million Kataloge, mehr gab die Datenlage nicht her. Wirtschaftlich hat das auch Sinn gemacht. Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse, weil dies für uns in dieser Größenordnung neu war. Im Digitaldruck ist theoretisch sogar nur ein Katalog möglich. Es gibt keine Größenbeschränkung nach unten oder nach oben.
Was ist die größte Herausforderung bei der Automatisierung von Printmailings?
Individualisierte Werbung braucht die nötige Datenbasis. Fehlt diese, wird es beispielsweise schwierig, im Digitaldruck Umschläge zu produzieren, die den Endkunden persönlich ansprechen. Individualisierung ist jedoch ein Mehrwert und wird in den nächsten Jahren ein Riesenthema bleiben. Denn der Endkunde will als Individuum wahrgenommen werden und nicht als einer von Millionen.
Welche Entwicklungen im Druck treiben die automatisierte Printwerbung voran?
Wir haben in den vergangenen drei Jahren unsere komplette Digitaldruck-Maschinenlandschaft umgerüstet und alle Digitaldrucker auf Vier-Farb-Druck umgestellt. Damit ist eine dynamische Printaussteuerung möglich. Der zweite Quantensprung ist, dass die Qualität sehr nah an den Offset-Druck heranreicht. Wenn Sie heute 300 Kundenzeitschriften verschicken wollen, können Sie diese hochindividualisieren. Das ist zwar noch deutlich teurer als im Offset-Druck, aber so lassen sich die Erfolgsgeheimnisse aus der digitalen Welt in Print übertragen. Individualisierte Mailings funktionieren besser, wie unsere Erfahrung zeigt.
Ein Beispiel?
Ein großer Mobilfunkkunde hat auf Basis seiner Daten die Kunden geclustert und basierend darauf spezielle Angebote für Neukunden und Bestandskunden erstellt. Je nach Kundenwert lassen sich so etwa gezielter neue Smartphones anbieten, mit individuell festgelegten Preisen in den Printmailings. Der Endkunde erkennt nicht, dass es da Unterschiede gibt. Im Bereich Individualisierung können Sie unglaublich viel machen. Das wird nachgefragt und deshalb haben wir konsequent investiert. An den Standorten Frankfurt und Gütersloh stehen jetzt drei weitere Maschinen zur Verfügung. Damit haben wir in den vergangenen zwei Jahren einen Paradigmenwechsel im digitalen Druck vollzogen. Neben Innovationen im Druck ist die IT entscheidend. Man braucht eine Datenbasis. Da helfen wir unseren Kunden auch mit Komplettlösungen.
Beim Produkt Direct-Mail Retargeting können etwa unbekannte Webseiten-Besucher gezielt mit Printmailings angesprochen werden. Wie lassen sich diese postalisch erreichen?
Beim Direct-Mail Retargeting kann die AZ Direct einen Cookie, der über unser im Webshop eingebundenes Pixel erkannt wurde, datenschutzkonform einer postalischen Adresse zuordnen. Diese postalische Adresse wiederum stammt aus den Beständen der AZ Direct, was über einen Informationstext im Footer des Mailings für den User ersichtlich ist. Zum Hintergrund: Auf Basis des patentierten Datenschutzverfahrens Data SecureTTP verfügt AZ Direct, auf Basis separater Vorprozesse, über Brücken in die Offline-Welt, an deren Ende eine postalische Consumer-Adresse steht. Das Mailing wird dann in einem Lettershop produziert und auf postalischem Wege an den User versendet, um weiterführend über das Produkt zu informieren und ggf. durch ein Incentive wie einen Rabattcode zur Rückkehr in den Webshop und zum Abschluss des Kaufvorgangs zu animieren.
Datenschutz und Cookie-Aus: Gilt das "berechtigte Interesse" auch weiterhin? Welche (Daten)-Voraussetzungen muss der Kunde selber dafür schaffen?
Im Zuge der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) kommt dem Datenschutz natürlich eine besondere Aufmerksamkeit zu. Unser Direct-Mail Retargeting kann dank Data SecureTTP auf Grundlage des sogenannten "Berechtigten Interesses" gemäß DSGVO §6 1 f durchgeführt werden. Dies wird auch durch externe Rechtsgutachten bestätigt. Zwei Punkte sind dabei wichtig und müssen durch den Werbetreibenden gewährleistet werden: Zum einen transparente Informationen zum Einsatz des Produktes in den Datenschutzbestimmungen seiner Webseite und zum anderen die einfache Möglichkeit eines Opt-outs für den User.
Wie stark hat Sie die Einführung der DSGVO in den vergangenen Monaten beschäftigt?Für den Markt war die DSGVO Fluch und Segen zugleich. Viele, die in den vergangenen Jahren mit dem Thema Datenschutz nicht vernünftig umgegangen sind, wurden zu Recht mit den Konsequenzen konfrontiert. Den rechtlichen Rahmen für den Datenschutz zu definieren und für alle verbindlich zu machen ist wichtig und richtig. Diese Maßnahmen sind nicht geschäftsverhindernd, sondern sie trennen die Spreu vom Weizen. Unsere Geschäftsmodelle fußen sehr stark darauf, dass wir mit Daten extrem verantwortungsvoll umgehen. Sonst haben wir keine Daseinsberechtigung.
Die DSGVO hat die Nutzer stärker sensibilisiert für das Thema Datenschutz. Merken Sie das?
Neben dem rechtlich vorgeschriebenen Datenschutz ist auch der gefühlte Datenschutz entscheidend - also, wie die Nutzer den Umgang mit ihren Daten wahrnehmen. DSGVO-konform ist vieles möglich, aber es sollte nicht beim Nutzer zu einem unguten Gefühl führen. Dies ist für uns ein genauso wichtiges Regulativ wie der rechtliche Rahmen, vor allem beim Retargeting. Wir brauchen die Akzeptanz des Kunden. Deshalb ist der sensible Teil des gefühlten Datenschutzes auch für uns ein wichtiger Aspekt.
Wie gehen Sie damit um?
Beim rechtlichen Thema sind wir sicher. Aber auch der gefühlte Datenschutz ist wichtig bei der Geschäftsmodellierung gemeinsam mit unseren Kunden. Dabei überlegen wir in Diskussionsrunden, was zu einem Unwohlsein bei den Endkunden führen könnte, zu einer erhöhten Sensibilität, zu einem "Moment-Mal-Effekt". Wer sich im E-Commerce auskennt und selbst Endkunde ist, entwickelt dafür ein gutes Gespür. In Summe sind wir uns dabei auf Kunden- und Dienstleisterebene relativ einig. Wichtig sind sowohl der rechtliche Rahmen, als auch das Bauchgefühl, was man dem Endkunden zumuten kann. Bei letzterem Aspekt gibt es durchaus Interpretationsspielraum. Entscheidend ist: Kommt es deshalb aufgrund fehlenden Vertrauens des Endkunden zu keiner Conversion, ist niemandem geholfen.
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