Lieber Klo putzen als einen Kundenservice kontaktieren

Bild: Stefano Ferrario/Pixabay

23.05.2019 - Viele Deutsche sind von ihren Erlebnissen mit dem Kundenservice alles andere als begeistert. Die meisten Unternehmen glauben dagegen, dass es um ihren Service gut bestellt ist. Wie Sie es besser machen k�nnen:

von Christina Rose

Das f�r Unternehmen wenig schmeichelhafte Ergebnis: Nur rund jeder Zehnte konnte von erfreulichen Erlebnissen mit dem Kundenservice berichten. Ein Drittel (33 Prozent) �u�erte sich dagegen frustriert �ber seine Erfahrungen. Die gro�e Mehrheit dieser Gruppe (57 Prozent) ging sogar soweit zu sagen, dass sie lieber die Toilette putzen w�rde, als noch einmal mit einem Kundenservice in Kontakt zu treten.
F�r die Studie mit dem Titel 'The good, the bad, the ugly: 2019 Global Customer Service Insights' befragte das Marktforschungsunternehmen Savanta im Auftrag von Pegasystems 1.000 deutsche Konsumenten zu ihren Erwartungen, Einstellungen und Erfahrungen in Sachen Kundenservice.

Als gro�es Problem sahen die Befragten dabei, dass die Serviceabteilungen viel zu wenig �ber sie w�ssten. Lediglich ein knappes F�nftel (18 Prozent) gab an, dass sie sich mit ihren Pr�ferenzen "sehr gut" vom Kundenservice verstanden f�hlen. Rund zwei Drittel (63 Prozent) waren dagegen der Meinung, Serviceabteilungen sollten es zu einer Top-Priorit�t machen, ihre Kunden besser kennen zu lernen.

Kundenwahrnehmung und Selbsteinsch�tzung der Unternehmen im krassen Gegensatz

Auf die Frage, was sie am meisten nervt, nannten die Konsumenten vor allem die langen Wartezeiten bei der L�sung von Problemen (51 Prozent). Auf Platz zwei der Negativliste landeten die langen Antwortzeiten im Kundenservice (44 Prozent). Als drittgr��tes �rgernis nannten die Befragten das Problem, dass sie st�ndig dieselben Informationen wiederholen m�ssen, wenn sie es mit unterschiedlichen Servicemitarbeitern zu tun bekommen oder die Kontaktkan�le etwa von Online zum Telefon wechseln (39 Prozent).

Wenig �berraschend: Negative Erlebnisse mit dem Service sind Gift f�r die Treue der Kunden. So sagten drei Viertel (75 Prozent) der Befragten, dass das Niveau des Kundenservice ein entscheidender Faktor f�r ihre Loyalit�t gegen�ber einem Unternehmen sei. �ber zwei Drittel (69 Prozent) von ihnen gaben an, dass sie erst vor Kurzem damit aufgeh�rt hatten, den Service eines Unternehmens in Anspruch zu nehmen, weil er schlecht war. Knapp die H�lfte (44 Prozent) geht sogar noch einen Schritt weiter und sagte, dass sie in so einem Fall direkt zur Konkurrenz �berlaufen w�rde.

Im krassen Gegensatz zur Wahrnehmung der Konsumenten steht die Selbsteinsch�tzung der Unternehmen. Neben den 1.000 Privatpersonen wurden f�r die Studie auch 250 F�hrungskr�fte in Deutschland befragt, die in ihren Unternehmen f�r den Kundenservice verantwortlich sind. Fast neun von zehn (88 Prozent) zeigten sich davon �berzeugt, dass ihr Unternehmen einen "guten" oder sogar "exzellenten" Kundenservice bietet.

Mit diesen Zahlen unterscheidet sich Deutschland �brigens nicht von anderen L�ndern. F�r die weltweit durchgef�hrte Studie wurden auch Konsumenten und Unternehmensvertreter in den USA, Gro�britannien, Frankreich, den Niederlanden, Japan und Australien befragt. Die Ergebnisse sind im Wesentlichen dieselben und die erhebliche Dissonanz zwischen den Einsch�tzungen der Konsumenten und der Unternehmen zeigt sich auch dort.

Welche Aspekte f�r Kunden einen guten Kundenservice ausmachen:

F�r einen effizienten Kundenservice, der von erfahrenen Servicemitarbeitern abgewickelt wird, w�ren Kunden auch durchaus bereit mehr zu bezahlen.
Grafik: Pricewaterhouse Coopers

Eine andere bev�lkerungsrepr�sentative Studie, die das Hamburger Marktforschungsinstitut Splendid-Research f�r den Hightext Verlag durchgef�hrt hat, zeigt, �ber welche Kan�le Kunden bei welchen Anliegen Kontakt mit Servicemitarbeitern m�chten. Offenbar wollen deutsche Kunden dabei digitale Systeme deutlich seltener nutzen, als das Marketing- und Kundenservice-Verantwortliche gerne h�tten. Der direkte Dialog mit dem Menschen scheint deutschen Kunden nach wie vor wichtig zu sein - zur Not sogar via Briefpost.

E-Mail und Telefon sind nach wie vor mit gro�em Abstand die beliebtesten Kan�le f�r Kundensupport.
Grafik: Quelle: Splendid-Research; Grafik: Hightext Verlag; Bilder im Chart: 3dman_eu, pixabay

Jeweils bis zu drei Kommunikationskan�le konnten die Befragten nennen, als die Marktforscher nachfragten, wie sie ein Unternehmen bevorzugt kontaktieren, wenn es um unterschiedliche Dialoganforderungen geht. So fallen die Kan�le "E-Mail", "Mitarbeiterchat" und "Mitarbeitertelefonat" deutlich ab, wenn es um allgemeine oder einfache Informationen wie beispielsweise �ffnungszeiten geht. F�r knapp jeden Zweiten ist hier die Recherche auf der Unternehmenswebsite einer der drei Kommunikationswege, die am liebsten genutzt werden. Die Briefpost spielt ihre St�rken dann aus, wenn es um pers�nliche Daten, wie z.B. Rechnungsangelegenheiten, geht. 32 Prozent der befragten Bundesb�rger nutzen bevorzugt dann (auch) diesen Kanal. Bei komplexen Problemen wie Produktm�ngeln und/oder Reklamationen sind es immerhin 15 Prozent, die lieber einen Brief schicken.

Digitale Dialogmedien (mit Ausnahme der E-Mail) werden von den Bundesb�rgern nur selten als bevorzugte Kommunikationskan�le mit Unternehmen genannt. Besonders unbeliebt sind der SMS-Dialog und der Chat mit einem Chatbot. Aber auch CTI - das Telefonat mit einem Computer, der Dialog �ber Whatsapp und Social Media werden jeweils nur von zwei Prozent der Bundesb�rger als bevorzugter Dialogkanal genannt.

Interessanter f�r den Dialogverantwortlichen scheint die Implementation einer Chatfunktion auf der Website zu sein. F�r jeden vierten Bundesb�rger (22 Prozent) kommt der Chat bei einer Produktberatung infrage, f�r Reklamationen und pers�nliche Probleme ist es f�r jeden sechsten ein gangbarer Weg - umso mehr, wenn man mit richtigen Mitarbeitern chatten kann. Vor allem die unter 30-J�hrigen als auch die Geringverdiener sch�tzen diese Dialogform.

Da jede Interaktion im Kundenservice wertvolle Ressourcen kostet, ist es g�nstiger, wenn Kunden die Antworten auf Standardfragen selbst finden k�nnen. Self-Service-Angebote sind daher f�r Online-H�ndler eine interessante Option, um den Kunden-Service zu entlasten und Kosten zu sparen. Wie der Einstieg gelingen kann, beschreibt Steffen Teske , Director Central & Eastern Europe bei Zendesk :

Investieren Sie in FAQ-Seiten:
Viele Kundendienstkontakte lie�en sich von vornherein vermeiden, wenn H�ndler die h�ufigsten Fragen ihrer Kunden gleich auf ihrer Website beantworten w�rden. Dazu geh�ren m�glichst vollst�ndige und verst�ndliche Produkt- und Leistungsbeschreibungen genauso wie FAQ-Seiten (Frequently Asked questions - h�ufig gestellte Fragen). Auf Grund der Schnelllebigkeit im E-Commerce, sollten H�ndler ihre FAQs regelm��ig aktualisieren. Die FAQs sollten im Shop prominent beworben werden und Besuchern auf Basis ihres Surf-Verhaltens passende Themen beziehungsweise L�sungen vorschlagen.
Bieten Sie Hilfe zur Selbsthilfe:
Wer Serviceangebote ins Internet verlagert, kann sein Personal entlasten und Kosten sparen. Es sollte daher beispielsweise m�glich sein, dass Kunden selbstst�ndig online ihre Rechnungsadresse �ndern, einen Bestellstatus abfragen oder Zahlungsdaten aktualisieren k�nnen. Solche Services bieten Kunden zudem den gro�en Vorteil, dass sie die �nderungen jederzeit selbst vornehmen k�nnen und nicht auf die offiziellen Service-Zeiten eines H�ndlers angewiesen sind. Mitarbeiter im Kundendienst wiederum werden von Routineaufgaben entlastet und k�nnen sich komplexeren Anfragen widmen.
Denken Sie �ber eine Community nach:
Gerade bei technischen Produkten zeigt sich oftmals, dass Kunden teilweise �ber mehr Fachwissen verf�gen als Mitarbeiter im Kundendienst. Vor diesem Hintergrund kann es sich lohnen, eine Online-Community in einem Online-Shop aufzubauen. Hier k�nnen Kunden ihre Fragen posten und direkt aus der Community von anderen Kunden hilfreiche Antworten erhalten beziehungsweise sich mit anderen Mitgliedern �ber ihre Anliegen austauschen.

Abschlussplenum Kundenservice und Kundendialog: �ber Menschen, Medien und Maschinen

Dass im Contactcenter der Zukunft Menschen arbeiten werden, ist unstrittig. Aber wieviel Maschine darf denn sein in der Kundenkommunikation der Zukunft? Was ist realistisch - was nur ein Nerd-Traum? Und vor allem: In welche Richtung m�ssen Unternehmensentscheider jetzt planen? Dar�ber diskutieren unsere SprecherInnen mit dem Publikum.

Vortrag im Rahmen der KI in Kundenkommunikation und Kundendialog 2023 am 11.07.23, 12:25 Uhr