"Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit" - diese bittere Erkenntnis belegt auf erschütternde Weise auch der Ukraine-Krieg. Desinformation, Hetze und Propaganda setzt der russische Präsident Wladimir Putin als weitere Waffen ein, um seine Ziele zu erreichen und seine Macht zu erhalten. Mit einer weltweiten Propaganda-Schlacht versucht der russische Staat den Angriffskrieg auf die Ukraine zu verschleiern und zu rechtfertigen - gerade auch gegenüber dem eigenen Volk.
Weltweit nehmen Regierungen, Organisationen, Digitalplattformen, Tech-Unternehmen und gar ein Hacker-Kollektiv deshalb den Kampf gegen die russische Desinformationskampagne auf. Sie wollen Putins Propaganda-Feldzug stoppen und sowohl Menschen in der Ukraine als auch in Russland den Zugang zu unabhängiger Berichterstattung und unzensierten Informationen sichern und Aufklärung leisten über das wahre Ausmaß der Ukraine-Invasion.
Internetzugang aus dem All
Essenziell für den freien Zugang zu Informationen ist das Internet. Der ukrainische Digitalminister Mykhailo Fedorov
bat deshalb Elon Musk
, Chef von
SpaceX
und Tesla, um Unterstützung. Der US-amerikanische Milliardär aktivierte seinen Satelliten-Schwarm Starklink für die Ukraine, um das Land auch weiterhin mit schnellem Internet zu versorgen, selbst wenn die Infrastruktur am Boden zerstört wird. Gerade die sozialen Netzwerke sind eines der wichtigsten Instrumente der ukrainischen Regierung, um die Moral der eigenen Bevölkerung hoch zu halten und weltweit die Menschen auf seine Seite zu ziehen. Die Kraft, die Social Media entfalten kann, demonstriert eindrucksvoll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj
mit seinen Videos und Posts aus dem Kriegsgebiet. Weltweit wird ihm für seine Botschaften Respekt gezollt. Die Bilder, Filme und Berichte, die Ukrainer und Ukrainerinnen mitten aus dem Kriegsgeschehen posten, gehen um die Welt und tragen einen Großteil zu der immensen Solidaritätswelle bei.
Kampf gegen russische Propaganda-Medien
Ein Hauptziel der medialen Bemühungen gegen russische Fake-News ist der russische Sender Russia Today (RT), der direkt durch den russischen Staat finanziert wird. Er verbreite russische Propaganda und Falschmeldungen - auch in Deutschland, so die Kritik. Mehrere Digitalplattformen und Tech-Firmen wie Google, Youtube, Meta und Tik haben bereits kurz nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine
die Verbreitung von RT stark eingeschränkt oder gestoppt
. In Deutschland wurde RT schon vor dem Ukraine-Einmarsch wegen fehlender Sendelizenz seine Ausstrahlung untersagt, der Sender klagte jedoch dagegen. Die EU hat inzwischen die
Verbreitung von RT und dem russischen Propagandasender Sputnik
unterbunden. Das`hat der Rat der Europäischen Union beschlossen.
Öffnung von Paywalls
Der
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW)
hat die Hilfsaktion "Digital hilft" ins Leben gerufen und bittet Medienunternehmen um Unterstützung. Der Verband fordert sie auf, als ersten Schritt im Kampf gegen Desinformation ihre Paywalls für Nutzer aus der Ukraine oder aus Russland zu deaktivieren. Aktuelle Inhalte zu den Ereignissen in den Kriegsgebieten sollen von deutschen Medien möglichst auch in ukrainischer und russischer Sprache veröffentlicht werden. Der BVDW bittet auch darum, Aufrufe und Hilfsaktionen für die Ukraine durch die Bereitstellung kostenfreier Werbeplätze zu unterstützen. Der Verband fordert außerdem die sofortige Sperre von russischen Technologie-Dienstleistern im europäischen Markt. BVDW-Präsident Dirk Freytag
(Content Pass):
"Als Verband der digitalen Wirtschaft müssen wir hierzu unseren Beitrag leisten, auch wenn er bei den Ereignissen klein wirkt. Wir begrüßen deshalb auch ausdrücklich die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland und akzeptieren die damit einhergehenden Umsatzausfälle."
Unterstützung für Journalisten
Wie wichtig die Pressefreiheit als Säule von Demokratien ist, bekräftigte Harald Stocker
, der Vorsitzende des
Deutschen Journalistenverbandes
, in einer
emotionalen Rede
am 2. März in München auf der Kundgebung "Frieden in Europa und Solidarität mit der Ukraine". Er verwies auf die Arbeitsbedingungen von Journalisten in Russland, denen durch die Machthaber unabhängige Berichterstattung unmöglich gemacht wird. Und er zitierte Sergiy Tomilenko
, den Präsidenten der
National Union of Journalists of Ukraine
(NSJU), der in einer Botschaft an die Münchner die desolate Situation in seinem Land schildert und fordert:
"Die Stimme der Freiheit darf niemals versiegen!". Der DJV bietet deshalb JournalistInnen aus der Ukraine Unterstützung an und informiert auf seiner
Website
über Hilfsangebote und Spendenmöglichkeiten.
Jede Unterstützung verdient auch die englischsprachige Online-Plattform
Kyiv Independent
, ein Startup junger JournalistInnen, die engagiert über die Lage in ihrem Land berichten und eine sehr wichtige Informationsquelle geworden sind. Auch sie leben von
Spenden
.
Weitere Maßnahmen für die Pressefreiheit und Aufklärung
- Die Organisation Reporter ohne Grenzen
hilft mit dem Collateral-Freedom-Projekt
Medien in Russland und der Ukraine gesperrte Websites wieder zugänglich zu machen.
- Der Axel Springer Verlag hat angekündigt, den freien Journalismus in der Ukraine mit 500.000 Euro zu unterstützen, wie Kress
meldet. Die Berichterstattung der Journalisten vor Ort ist begehrt. Die Journalistin Nika Melkozerova bat deshalb bereits auf Twitter westliche Medien darum, sie für ihre Arbeit zu bezahlen: "Dear journalists. I am no longer making your content for free. I have job to do. I have war in my country. Sorry."
- Noch weiter geht deshalb das Katapult-Magazin
, ein populär-wissenschaftliches Magazin aus Greifswald, das derzeit auch rund um die Uhr online über den Ukraine-Krieg berichtet. Es bietet Redaktionsräume und seine Infrastruktur für geflohene ukrainische JournalistInnen an. 20 werden sogar fest eingestellt - dafür verzichten die Mitarbeitenden auf die Hälfte ihres Gehaltes. Geplant ist nun die Gründung einer Ukraine-Zeitung.
- "Russland entschlüsseln": Vorurteile gibt es auf beiden Seiten. Umso wichtiger ist es, auch Russland besser kennenzulernen. Das Expertenteam aus JournalistInnen und WissenschaftlerInnen des Portals Dekoder.org
veröffentlicht deshalb ausgewählte Recherchen, Reportagen und Projekte aus unabhängigen russischen Medien - und übersetzt sie ins Deutsche, um sie einem breiten Publikum zugänglich zu machen. 2016 und 2021 gab es dafür einen Grimme Online Award.
- Mit kreativen Ideen versuchen auch Privatpersonen, die russische Bevölkerung aufzuklären. Nach einen Aufruf des Hacker-Kollektivs Anonymous (@YourAnonNews
) auf Twitter nutzen zehntausende Google-Bewertungen für Restaurants in Russland, um die russische Zensur zu umgehen und über den Krieg zu aufzuklären.
- EMail-Dienstleister Inxmail
nutzt seinen großen Verteiler und ruft in seinem Newsletter jeden dazu auf, eigenen Netzwerke zu nutzen, um gegen Desinformation vorzugehen. Inxmail bietet dafür die Inhalte und die Header-Grafik zur kostenlosen Weiternutzung an. Nützlich darin ist auch der Hinweis auf eine Übersicht des Enorm-Magazins: 6 Dinge, die du für die Ukraine tun kannst, außer zu spenden
- Wie deutsche Medien sonst noch die Menschen in der Ukraine unterstützen, hat Horizont
zusammengetragen, ebenso wie die Kreativbranche ihre Solidarität zeigt
Spenden, Jobs, kostenlose Services und Unterstützung
Auch AV-Medien sind dabei: Am heutigen Freitag, 4. März, spielten hunderte Radiosender in ganz Europa zeitgleich um 8.45 Uhr den Song "Give Peace A Chance" von John Lennon. Alleine in Deutschland beteiligten sich mehr als 200 Programme. Die
Gemeinschaftsaktion
ist verknüpft mit Spendenaufrufen. Nur eine Aktion von vielen, die den Menschen in der Ukraine und den Hunderttausenden auf der Flucht Mut und Hoffnung machen sollen. Fragt man die Betroffenen selbst, ob ihnen diese Gesten etwas bedeuten, sagen sie: Ja, es hilft zu wissen, dass man nicht alleine ist. Auch viele Unternehmen der Kommunikations- und Digitalbranche leisten Unterstützung und Hilfe für die Opfer des Ukraine-Krieges. Oder sie versuchen, wenigstens den russischen Feldzug so gut es geht zu erschweren.
Weltweit rufen Hilfsorganisationen und Medien zu Spenden auf. Auch die
Industrie- und Handelskammern (IHKs)
stellen ein enormes Engagement der deutschen Wirtschaft bei der Hilfe für die Menschen aus der Ukraine fest. Unter dem Hashtag #WirtschaftHilft sollen die Aktivitäten gebündelt und begleitet werden. Eine Auswahl der Hilfsangebote:
- Der Hamburger Datendienstleister TeamDrive
stellt allen Menschen mit einem ukrainischen Pass, allen privat organisierten Ukraine-Hilfen und allen Hilfsorganisationen, die sich für die Ukraine engagieren, seinen Cloudservice für den Datenaustausch ab sofort kostenfrei zur Verfügung. Dazu Geschäftsführer Detlef Schmuck
: "Eine geschützte und abhörsichere IT-Infrastruktur stellt das Rückgrat jeder gut organisierten Hilfe dar."
- Das Jobportal StepStone
veröffentlicht ab sofort alle Jobanzeigen von Hilfsorganisationen kostenlos
, mit denen MitarbeiterInnen für die humanitäre Hilfe in der Ukraine-Krise gesucht werden.
- Die Pro-Bono-Initative 'Händler helfen Händlern' startet eine Job-Initiative
für geflüchtete Menschen aus der Ukraine.
- Unterstützung bei der Jobsuche stellt auch der Bitkom
in Aussicht
. Die Ukraine mit ihren vielen jungen Tech-Unternehmen und IT-SpezialistInnen sei ein wichtiger Entwicklungspartner der digitalen Wirtschaft in Deutschland. "Die Digitalunternehmen werden das ihnen Mögliche tun, die Menschen, die nun aus der Ukraine zu uns kommen werden, bestmöglich in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in unserem Land zu integrieren", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg.
- Zahlreiche Startups wie Travelcircus
, Tier
, Airbnb
, Flixbus
oder die Berliner Wunderflats
kümmern sich um Lebensmittel, Transporte und Wohnungen für Flüchtende, berichtet Business insider
.
- Die Blackbit digital Commerce GmbH
ist direkt vom Krieg betroffen, da das Unternehmen auch einen Standort in Kiew hat. In seinem Newsletter teilt es Links
zu Spendenmöglichkeiten für dringend benötigte medizinische Hilfe und die Finanzierung von Ausrüstung.
- Was Agenturen für ihre Mitarbeitenden in der Ukraine tun, hat das Magazin W&V
zusammengetragen. In einem ergreifenden Video
bittet etwa die preisgekrönte Agentur Banda aus Kiew um Hilfe und Solidarität.
- Unser W&V-Kollege Conrad Breyer
setzt sich seit Jahren für LGBTIQ*-Rechte in der Ukraine ein. Der Redakteur ruft für die Münchner Gruppe Munich Kyiv Queer
zusammen mit dem Bündnis Queere Nothilfe Ukraine
zu Spendensammlungen auf. Hier berichtet er über die schwierige Situation der Menschen vor Ort
.
- Freier Mobilfunk: Telekom
, O2
und Vodafone
erheben derzeit keine Gebühren für Ukraine-Anrufe und SMS, um die Menschen zu unterstützen, die dort Familie oder Freunde habe. Auch die Roaming-Gebühren in der Ukraine entfallen. Unterstützt werden auch Heime, die Flüchtlinge aufnehmen. Vodafone schreibt zudem Millionen seiner KundInnen direkt an und bittet um Spenden für die "Aktion Deutschland Hilft". Auch alle Kunden von Norma Connect
können kostenlos in die Ukraine telefonieren oder SMS in das Land versenden. Kunden, die sich in der Ukraine befinden, erhalten ein kostenloses Datenvolumen.
- Auch der Handel hilft: Die Schwarz-Gruppe
mit Kaufland
und Lidl
spendet Waren im Wert von 10 Millionen Euro. Die Rewe Group
und ihre Unternehmen unterstützen in Kooperation mit dem 1. FC Köln
und dem deutsch-ukrainischen Verein Blau-Gelbes Kreuz
mit Lebensmitteln, Sachspenden und Logistik. Auch dm
und Rossmann
unterstützen mit Hilfsgütern und Transporten in die Grenzregionen. Netto Marken-Discount
ruft zur Unterstützung der Spendenaktion der Stiftung RTL - Wir helfen Kindern e.V.
auf. Bis zum 13. April 2022 können Netto-KundInnen an den Kassen und Pfandautomaten aller Netto-Filialen spenden. Zusätzlich stellt Netto als Sofortmaßnahme Lebensmittelspenden bereit.
- Die Deutsche Bahn
erleichtert mit dem Ticket 'helpukraine' Menschen mit ukrainischen Ausweispapieren die Weiterreise in Deutschland und hat weitere Hilfspakete geschnürt.
- Der ADAC
stellt allen Flüchtlingen aus der Ukraine und ihren Helfern die kostenlose Pannenhilfe zur Verfügung.
- Millionen spenden auch Beiersdorf
und Volkswagen
. Weitere Hilfsaktionen von Unternehmen hat Markenartikel-Magazin.de
zusammengestellt.
Einflussanalyse: Was mit dem Ukrainekrieg auf die Digitale Wirtschaft zukommt
Auch die deutsche Wirtschaft tritt der Konflikt hart. Mit welchen mittel- und langfristigen Auswirkungen Interaktiv-Unternehmen, Onlineshops und Digitalverantwortliche rechnen müssen, zeigt
diese Einflussanalyse von iBusiness.de
. Herausgeber Joachim Graf
stellt darin acht entscheidende Faktoren für die interaktive Entwicklung vor, auf die Digitalverantwortliche in den kommenden Monaten ihr Augenmerk richten müssen.
Der HighText-Verlag beteiligt sich auch:
Wer in diesem Monat eine iBusiness-Premium-Mitgliedschaft abschliesst
, spendet damit direkt an die Ukraine-Hilfe: Wir überweisen das Geld direkt weiter....