Auch heute noch stehen viele Menschen in Deutschland der Digitalisierung skeptisch gegenüber. Das gilt auch für den Beitrag, den diese in puncto nachhaltige Entwicklung leisten kann. Das Ipsos-Institut hat dazu im Auftrag der Gesellschaft für Informatik
eine repräsentative Umfrage mit 2.000 Teilnehmenden durchgeführt. Die Ergebnisse flossen in den neuen Nachhaltigkeitsmonitor
ein und werfen Schlaglichter auf vier zentrale Herausforderungen unserer Zeit. So werden neben Umwelt- und Klimaschutz auch die Themen Bildung, Gleichbehandlung und physische wie psychische Gesundheit behandelt. In Interviews ordnen ExpertInnen und EntscheidungsträgerInnen die Ergebnisse ein, darunter Bundesumweltministerin Steffi Lemke
, die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Petra Grimm-Benne
und der parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium Dr. Jens Brandenburg
.
Digitalisierung und Klimaschutz: Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Neue Möglichkeiten, hoher Energieverbrauch: Die Umfrage untersuchte unter anderem, ob Menschen die Digitalisierung eher als Chance oder als zusätzlichen Problemfaktor im Kampf gegen die Klimakrise sehen. Dass digitale Technologien unserer Umwelt eher nutzen als schaden, sagten 40 Prozent der Befragten, 19 Prozent sehen es andersrum. Hoch ist mit 30 Prozent auch die Zahl derer, die finden, dass Digitalisierung der Umwelt weder schadet noch nutzt. Der Umweltfaktor spielt für einige auch bei der eigenen Nutzung eine Rolle: 36 Prozent sagen, dass sie für eine App oder digitale Dienstleistung mehr Geld bezahlen würden, wenn sie wüssten, dass sie besonders klimafreundlich ist, unter den 16- bis 24-Jährigen stimmte dem sogar knapp die Hälfte (48 Prozent) zu.
Es fehlt an Aufklärung und Bildung
Die Studie zeigt zudem, dass es häufig noch an Informationen und Aufklärung fehlt: 43 Prozent der Befragten fühlen sich über den möglichen Nutzen digitaler Technologien für Umwelt- und Klimaschutz nicht gut informiert, 74 Prozent wünschen sich darüber mehr Aufklärung. Die allgemeine informatische Bildung spielt hier eine zentrale Rolle - und davon hatten viele der Befragten zu wenig. 72 Prozent hätten gerne mehr informatische Bildung in der Schule gehabt. Spannend sind hierbei die Unterschiede zwischen den Altersgruppen: Besonders Menschen zwischen 25 und 44 Jahren wünschten, sie hätten in der Schule mehr über Informatik gelernt. Sowohl die Jüngeren als auch die Älteren stimmen dieser Aussage seltener zu.
Das Verhältnis von Informatik und Nachhaltigkeit ist ein ambivalentes
Der Nachhaltigkeitsmonitor zeigt, wie vielschichtig die Beziehung von informatischen Systemen und einer nachhaltigen Entwicklung ist. Christine Regitz
, Präsidentin der Gesellschaft für Informatik:
"Digitale Technologien können wichtige Tools im Kampf für eine nachhaltige Entwicklung sein. Die Umfrage macht aber auch deutlich, dass viele skeptisch sind und den Nutzen kritisch hinterfragen. Gleichzeitig suchen sie nach neuen Wegen, ihren Beitrag für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen zu leisten. Um dabei informierte Entscheidungen treffen zu können, brauchen sie allerdings auch die nötigen Kompetenzen und Informationen. Denn wenn wir wollen, dass die Digitalisierung Teil der Lösung und nicht Teil des Problems ist, dürfen wir informatische Systeme nicht isoliert betrachten. Wir müssen verstehen, warum und wie sie genutzt werden - aber auch, wie sie nicht genutzt werden sollten."
Diskriminierung nimmt für viele zu
Eine nachhaltige Entwicklung schließt Chancengleichheit und Fairness mit ein. Auch hier gelten digitale Technologien, allen voran das Internet, zugleich als Fluch und Segen. Zwar gehen 57 Prozent der Befragten davon aus, dass Minderheiten sich durch das Internet mehr einbringen können, gleichzeitig nehmen aber auch 78 Prozent einen Anstieg der Diskriminierung im Netz wahr. Zwei von fünf Menschen (41 Prozent) unter 25 Jahren gaben an, schon einmal selbst im Internet diskriminiert worden zu sein. Doch das Netz kann auch ein Ort sein, an dem sich viele sehr wohlfühlen. Mehr als jede und jeder Vierte (27 Prozent) fühlt sich im Internet oft insgesamt besser verstanden als im Alltag. Unter den 16- bis 24-Jährigen tun dies sogar 42 Prozent.
Besonders junge Menschen glauben an eHealth-Anwendungen
Auch im Gesundheitssektor hat sich im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung viel getan. Täglich strömen neue digitale Gesundheitsanwendungen auf den Markt und versprechen eine unkomplizierte kostengünstige Behandlung ohne Wartezeiten. Jede und jeder Dritte nutzt digitale Gesundheitsanwendungen um die eigene körperliche Gesundheit zu verbessern - jede und jeder Fünfte, wenn es um die mentale Gesundheit geht. Besonders junge Menschen glauben häufiger an den Nutzen digitaler Gesundheitsanwendungen. Im Interview mit Petra Grimm-Benne geht es unter anderem um die Frage, ob digitale Gesundheitsanwendungen die Lösung für oder das Symptom eines allgemeinen Versorgungsproblem in Deutschland sind.