18.04.2000 - Wie Markenartikler versuchen, die Preise zu retten
Philips hat Primus-Online per Einstweiliger Verfügung den Verkauf eines TV-Gerätes gerichtlich untersagen lassen. Was steckt dahinter? Preispolitik, Markenpolitik oder der Schutz des Fachhandels, der zur größten Kundengruppe von Philips zählt? Bei dem Philips-Prozess geht es um einen Fernseher, der bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von 1.900 Mark für 999 Mark zu haben war - bei Primus-Online. Ursprünglich lautete die Klage auf Verstoß gegen Paragraf 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, gegen die Preisangabenverordnung und das Rabattgesetz.
Das Landgericht Hamburg hatte das Begehren in allen Punkten abgewiesen, wohingegen das Oberlandesgericht in der Berufung zumindest den Verstoß gegen Paragraf 7 des Rabattgesetzes aufrecht erhielt. Alle anderen Klagepunkte wurden in diesem Urteil nicht gesondert verfolgt, weil der Verstoß gegen das Rabattgesetz bereits eine Zuwiderhandlung darstellt. Laut Holger Twiehaus, Geschäftsführer bei Primus-Online-Betreiber RTL-Primus Power, eine unverständliche Entscheidung. Hier meint man, es handele sich um einen ganz normalen (virtuellen) Kaufvertrag - ohne Einräumung von Rabatten. Anders als bei herkömmlichen Kaufverträgen sei allenfalls, dass der Kunde sein Kaufangebot zu Preis A unterbreitet, Primus-Online die Annahme aber zu Preis B tätigt, der eben auch unter Preis A liegen kann. Außerdem käme die 3-Prozent-Grenze bei Rabattgewährung nicht zum Tragen, weil es sich bei den Power-Shopppern um eine Einkaufsgruppe handele, die in einem Schwung eine bestimmte Menge abnimmt. Insofern läge kein Verstoß gegen das Rabattgesetz vor.
Dr. Hans Trautmann, Justitiar bei Philips, möchte derzeit keine Stellungnahme zum schwebenden Verfahren abgeben. Eines möchte er allerdings richtig stellen: "Leider wird in den Medien allzu oft der falsche Eindruck erweckt, als kämpfe Philips gegen den E-Commerce. Das Gegenteil ist der Fall: Philips unterstützt die Neuen Medien mit Produktentwicklungen, Know-how etc. Mit dem Verfahren gegen Primus hat Philips wettbewerbswidrige Verhaltensweisen durch das Gericht verbieten lassen, die nichts mit dem Vertriebsweg E-Commerce zu tun haben, sondern auch bei Versendern oder Einzelhändlern angegriffen worden wären, wenn sie Ähnliches gemacht, also ein Premium-gerät unter Verstoß gegen Paragraf 1 UWG (Rabattverstoß, Lockvogelangebot, Appell an die Spielsucht) angeboten hätten.
Richtig ist, dass die Internetanbieter heute noch nicht alle Voraussetzungen geschaffen haben, die Premiumartikel zum Kunden zu bringen, denn sie sind erklärungsbedürftig und bedürfen eines einwandfreien Vor-Ort-Services. Und solange die E-Commerce-Anbieter diesen Service nicht garantieren können, setzt Philips auf den qualifizierten Fachhandel. Schließlich ist man dies dem Kunden, der mit dem Kauf eines Philips-Premium-Gerätes eine Investition tätigt, auch schuldig."
Fragt sich also: Geht es nun um die Gesetze oder um die Preise ? Geht es um den Kunden oder den Gewinn? Niemand kann oder wird es zur Zeit sagen. Nur eines ist klar: Power-Shopper können mit einer Menge Spaß viel Geld sparen. Und dass Philips, Sony & Co. gegen die Branche prozessieren, zeigt nur, dass sie Recht hat. Wie lange Primus-Online, Mailrabatte, Letsbuyit.com usw. noch in dieser rechtlichen Grauzone arbeiten müssen, bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung, allen voran Wirtschaftsminister Dr. Werner Müller, diskutiert öffentlich über die Novellierung des Rabattgesetzes mit der Perspektive der kompletten Abschaffung.
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