19.04.1999 - Das an der Universität Mannheim angesiedelte Institut für Marktorientierte Unternehmensführung unter der Leitung der Professoren Dr. Hans H. Bauer und Dr. Christian Homburg beschäftigt sich zur Zeit intensiv mit dem Thema Neue Medien.
Die Wissenschaftler veröffentlichen in regelmäßigen Abständen aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema, zuletzt eine Arbeit mit dem Titel "Der Beitrag des Internet zum Relationship", verfaßt von Prof. Dr. Hans H. Bauer, Mark Grether und Mark Leach. Freundlicherweise haben uns die Autoren ein Abstract ihrer Arbeit zur Verfügung gestellt, das wir Ihnen - wenn auch in leicht gekürzter Version - nicht vorenthalten wollen:
Unternehmensgewinne lassen sich, einfach formuliert, auf drei Wegen steigern: 1. Gewinnung neuer Kunden, 2. Steigerung der Rentabilität und 3. Verlängerung der Lebensdauer einer Kundenbeziehung.
Wissenschaft und Praxis sind sich einig, daß die Neukundengewinnung bis zu fünfmal teurer sein kann als das Pflegen bestehender Kundenbeziehungen. Folglich findet ein Paradigmenwechsel weg vom Massenmarketing hin zum Beziehungsmanagement statt.
Ein erfolgreiches Beziehungsmanagement zeichnet sich durch ein hohes Commitment sowie gegenseitiges Vertrauen und Zufriedenheit aus. Um Beziehungen zu Kunden aufbauen und pflegen zu können, müssen Unternehmen Informationen über potentielle Partner gewinnen sowie Vertrauen und Verpflichtungsbewußtsein schaffen. Zur Informationsbeschaffung und Beziehungspflege eignen sich z.B. Database- und Direktmarketing, Kundenclubs sowie Kundenzeitschriften. Ein weiteres und neues Medium, um Kundenbeziehungen aufzubauen und zu festigen, ist das Internet.
Im Rahmen einer in den USA von der Universität Mannheim in Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung durchgeführten Untersuchung wurde überprüft, inwieweit das Internet einen Beitrag zur Verbesserung einer Geschäftsbeziehung leisten kann. Folgende Fragen standen im Vordergrund:
Welchen Einfluß üben die Merkmale des Internet auf das Commitment in einer Geschäftsbeziehung aus? In welchem Ausmaß können diese Merkmale die Zufriedenheit mit einer Geschäftsbeziehung beeinflussen? Ist das Vertrauen zu einem Geschäftspartner durch das Internet beeinflußbar? Wie stark ist die Abhängigkeit zwischen Commitment, Zufriedenheit und Vertrauen in einer Geschäftsbeziehung? Die Resultate liefern wertvolle Hinweise für ein erfolgreiches, Internet-basiertes Kundenbeziehungsmanagement von Unternehmen. Zur Steigerung der Kundenzufriedenheit eignet sich vor allem die Nutzung der Interaktivität des Internet.
In diesem Bereich offenbaren die untersuchten Unternehmen allerdings Schwächen: Die Interaktivität findet häufig nur als Dialog der Kunden untereinander statt, nicht aber zwischen Kunden und Unternehmen selbst. Zwar soll hier die erfreuliche Wirkung positiver Mund-zu-Mund-Werbung nicht in Frage gestellt werden; es erscheint aber sinnvoll, den direkten Kontakt zum Kunden zu fördern. Hierzu eignet sich zum Beispiel ein elektronischer "Kummerkasten", an den Beschwerden per E-Mail gesandt werden können. Eine derartige Anlaufstelle für unzufriedene Kunden birgt die Chance, Mißstände frühzeitig zu erfahren und zu beseitigen. Die individualisierte Kommunikation schafft ein hohes Maß an Kundennähe. Allerdings muß elektronische Post schnell beantwortet werden - gelingt es dem Unternehmen nicht, in angemessener Zeit zu reagieren, steigt die Unzufriedenheit der Kunden.
Durch die Interaktivität zwischen Anbieter und Nachfrager steigt auch deren Commitment. Die innere Verpflichtung der Kunden wird ähnlich wie bei der Zufriedenheit durch eine individuelle Leistungserstellung positiv beeinflußt. Auffallend ist der relativ große Einfluß techniklastiger Faktoren auf das Commitment. Deshalb sollten Unternehmen der Server-Leistung besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Pluspunkte können Anbieter aber auch durch eine einfache Benutzerführung bzw. kundenorientierte Informationsübermittlung sammeln.
Die Vergrößerung des Vertrauens der Kunden stellt eine dankbare Aufgabe dar, da sich hierfür alle Internet-Eigenschaften heranziehen lassen. Umgekehrt resultiert daraus aber die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Beschäftigung mit all den verschiedenen Facetten der Gestaltung des Internet-Auftritts. Bei Vernachlässigung eines Faktors droht ansonsten ein Vertrauensentzug seitens der Kunden. Fazit: Unternehmen haben viele Möglichkeiten, das Beziehungsmanagement via Internet erfolgreich zu gestalten. Erfolgsentscheidend ist jedoch, die Interdependenzen von Commitment, Vertrauen und Zufriedenheit nicht zu vergessen.
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