29.07.1999 - Walter Plötz von Publicis Dialog über Blindtexte
Szenario: Die Layouts sind auf Pappen oder - für mich ein Rätsel wie - in den Beamer gelangt. Die Spannung steigt, der Adrenalin-Spiegel auch, die Präsentation kann beginnen. Die Konzeption ist rund, die Bildwelt bunt und der Text - blind. Kisuaheli in lorem ipsum steht dort, wo sich der Texter* hätte Gedanken machen sollen. Kisuaheli in lorem ipsum in den Anzeigen. In den Mailings. In den Prospekten. Schade eigentlich. Hat der Texter-Stand nichts Besseres verdient, als nur als Stand in den Layouts vertreten zu sein? Ich finde, er hat.
Gerade im Dialogmarketing, dem Dorado für Longcopies, sollte Texters* Wort Gewicht haben. Und in Zeiten, in denen puristische Aussagen wie "Jetzt gratis" oder "Ja, ich will" endlich charmanter umschrieben werden dürfen, ist es auch an der Zeit für mehr Textverständnis. Natürlich kann für eine Präsentation nicht jedes Werbemittel bis zum letzten Punkt ausgetextet sein. Aber es sollte schon klar sein, wo der Texter* einen Punkt setzen will.
Das Dialogmarketing ist im Umbruch. Kreativität ist gefragt. Und wird nachgefragt. Das verlangt von den Texten - und von den Textern* - eine neue Qualität. Die Mühe lohnt sich allemal. Die richtigen Worte bringen jede Bleiwüste zum Blühen. Und plötzlich werden die oft so vernachlässigten Graumacher zu Muntermachern der Präsentation. Im Ernst: Spaß macht ein Konzept doch erst, wenn die Agentur bewiesen hat, daß sie die Melodie der Long-Copy mit den pfiffigen Headlines in Einklang zu bringen versteht.
Bilder verleihen dem Werbemittel das Leben. Worte geben ihm die Seele. Gut, das habe ich etwas pathetisch formuliert. Ich hätte auch nur schreiben können: Dem Text muß im Dialogmarketing mehr Stellenwert eingeräumt werden. Hätten Sie dann aber weitergelesen?
Und da wir schon einmal - so one-to-one - bei Ihnen sind: Sie sind der Beweis, wie wichtig der Text für eine Botschaft ist. Oder wollen Sie sagen, daß Sie wegen meines hübschen Bildes bis hierher weitergelesen haben? *Was für den Texter gilt, gilt natürlich auch für die Texterin.
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