21.10.2002 - Die WWL Internet AG, E-Business-Dienstleister in Nürnberg, hat am heutigen Montag einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Grund: Die Investoren hätten ihre Zahlungen trotz ihrer Zusagen von April 2002 mit sofortiger Wirkung eingestellt. Außerdem habe sich die Auftragslage weiter verschlechtert. Die Geschäftsleitung erwartet, dass sich der Jahresumsatz 2002 zwischen fünf und sechs Millionen Euro bewegt. An einer Auffanglösung für das Unternehmen wird laut Management gearbeitet.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Max Rauch ist aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten, der Vorstand hat deshalb beantragt, den Aufsichtsrat gerichtlich ergänzen zu lassen.
Im Gründungsjahr 1995 der Agentur WWL war von einer Krise noch nichts zu spüren. Die Gründer Dr. Steffen Weber, Dr. Christian Winkler und die Brüder Michel und Andreas Lindenberg (daher der Agenturname WWL) konzentrierten sich zunächst auf die Vermittlung von Internetzugängen, später kamen die Gestaltung und Betreuung von Internetauftritten hinzu, schließlich Consulting, Konzeption, Online-Marketing und Sicherheitskonzepte. Man gewann Topkunden wie das Versandhaus Quelle, Siemens oder den 1. FC Nürnberg und steigerte die Mitarbeiterzahl kontinuierlich bis auf rund 60. Im Februar 1999 wurde WWL zur Aktiengesellschaft, und der neue Vorstand unter Andreas Butz, Andreas Lindenberg und Mario Rosso gründete eine Dependance in München.
Doch schon im Februar 2001 holte die Realität die Firmengründer ein. WWL hatte im Geschäftsjahr 2000 Verluste in Höhe von rund neun Millionen Euro angehäuft. Dennoch gab man sich optimistisch, im Jahr 2001 die Gewinnschwelle zu erreichen, angepeilt wurde ein Umsatz von 15,3 Millionen Euro: indem man sich aufs Kerngeschäft konzentrierte, den Vertrieb stärkte - und Mitarbeiter entließ.
Im Juni 2001 übernahm dann der Venture-Capitalist XL Venture acht Prozent an der Interactive-Agentur, und TellSell Consulting arbeitete ein neues Vertriebs- und Marketingkonzept aus. Im November 2001 sprach das Management nurmehr von zwölf Millionen Euro Umsatz für das gesamte Jahr 2001. Schlimmer noch: Die Verluste der ersten neun Monaten betrugen 13,2 Millionen Euro. Nun hoffte WWL darauf, Mitte 2002 die Gewinnzone zu erreichen. Das auch daraus nichts wurde, zeigt die heutige Insolvenzerklärung.
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