Markenführung

Nutzen wichtiger als Vertrauen: Die Brand Experience von Plattformmarken

23.01.2020 - Plattformmarken wie Paypal, Google und Airbnb punkten durch ihren hohen Nutzwert bei den Verbrauchern. Markenwerte wie Vertrauen und Image werden dagegen weniger wichtig.

von Frauke Schobelt

Plattformmarken gehört die Zukunft - und auch die Gegenwart. Sie verkörpern eine Generation von Marken, die neue Spielregeln schaffen und traditionellen Markenriesen den Rang ablaufen. Von den weltweit wertvollsten Unternehmen basieren mittlerweile sieben von zehn Unternehmen auf Elementen einer Plattform. Ihr Erfolgsrezept: Sie verknüpfen verschiedene Angebote zu einem Ökosystem, das eine hohe Usability bietet. Die Markenberatung Sasserath Munzinger Plus   definiert mit "Plattformmarke" die "Marke eines Angebots, das mehrere Marktseiten auf einer prinzipiell offenen, digitalen Plattform zum Austausch von Gütern, Dienstleistungen und/oder sozialen Interaktionen miteinander verbindet und nach der Logik von Kreuznetzwerkeffekten agiert". Ein Beispiel: Apple bietet nicht nur Hard- und Software, sondern auch Payment-Dienste an und baut seinen Gesundheits- und Fitnessservice aus.

Aufgrund ihres hohen Nutzwertes gewinnen Plattformmarken stetig an Attraktivität. Das Image und die emotionale Bindung an die Marke - früher der "Goldene Gral" jeder Marketingabteilung - treten dagegen in den Hintergrund, erklärt Lea Schumacher   , Senior Brand Strategist bei der Markenberatung Mutabor   . "Imagemarken klammerten das Produkt aus der Markenführung aus, bei Plattformmarken ist das Produkt der zentrale Ausgangspunkt." Doch auch Plattformmarken stehen im Wettbewerb und müssen sich differenzieren. Die Brand Experience, das Markenerleben - also wie Kunden die Marke wahrnehmen und sie in ihrer Erinnerung abspeichern - bleibt auch für sie eine wichtige Währung.

Wie gut ihnen dies gelingt, untersucht der 11. Brand Experience + Trust Monitor von Sasserath Munzinger Plus. Im November 2019 wurden dafür 1056 Personen online zur Markenbekanntheit, der Intensität und Qualität der Brand Experience sowie Brand Trust von 100 Marken - darunter 25 Plattformmarken - befragt. Die Ergebnisse werden im sogenannten 'Brand Experience Wheel' abgebildet. Es zeigt das Markenerleben-Volumen der jeweiligen Marke, erstellt aus der erlebten Reichweite der Marke an jedem Touchpoint, gewichtet mit der Kontaktpunktrelevanz (siehe Grafik unten).

Paypal bietet die beste Brand Experience

Eines eint fast alle Plattformmarken: Sie schaffen eine positive Brand Experience bei jung oder alt, es gibt jedoch große Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Die beste Brand Experience aller überprüften Plattformmarken erzielt dabei Paypal   (61 Prozent), gefolgt von Wikipedia   (61 Prozent), WhatsApp   (59 Prozent), Amazon   (59 Prozent) und Ebay   (54 Prozent). Uwe Munzinger , Gründer und Geschäftsführer von Sasserath Munzinger Plus kommentiert: "Diese Plattformmarken sind mehr als andere in ihrem Nutzenversprechen für breite Altersgruppen relevant und durch ihre einfache Usability für alle problemlos handhabbar. WhatsApp wird z.B. auch von den Großeltern genutzt, um mit den Enkeln in Kontakt zu bleiben."

Plattformmarken aus dem Bereich der Kommunikation wie Spotify   , Instagram und aus dem Bereich Mobilität wie Uber   , Blablacar   und auch AirBnB   erzielen bei 18- bis 35-Jährigen eine signifikant bessere Brand Experience als bei Älteren (36+). Dagegen können Marken wie Otto   , Google   und Ebay   vor allem bei Menschen punkten, die über 36 Jahre alt sind. Apple   scheint dabei bei den Jüngeren an Strahlkraft verloren zu haben und schafft nur in der Zielgruppe der 36+ eine gute Brand Experience (41 Prozent bei 36+ vs. 21 Prozent bei 18- bis 35-Jährigen). "Apple ist mit seiner Zielgruppe älter geworden und gilt bei der Generation Z oft als uncool", meint dazu Uwe Munziger.

Ein weiteres Ergebnis: Plattformmarken haben laut Studie im Durchschnitt eine fast genauso hohe Erlebensreichweite (im Durchschnitt 55 Prozent) wie andere Marken (im Schnitt 59 Prozent), haben aber eine etwas schlechtere Brand Experience (33 Prozent vs 39 Prozent) und generieren signifikant weniger Vertrauen (37 Prozent vs 48 Prozent) als andere Marken. Das Fazit von Munzinger: "Plattformmarken funktionieren vor allem über den Nutzen, den sie stiften - weniger über Vertrauen".

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