Frauen erreichen einen geringeren Digital-Index als Männer, zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Digital Gender Gap - Lagebild zu Gender(un)gleichheiten in der digitalisierten Welt". Auf der Skala von 0 bis 100 Punkten kommen Frauen auf einen durchschnittlichen Digitalisierungswert von 51, Männer auf 61 Indexpunkte. Die Sonderauswertung der Studie D21 Digital-Index 2018/2019 untersucht, in welchem Umfang die Geschlechter die Digitalisierung adaptieren, nimmt Ursachen und Hindernisse unter die Lupe und liefert Lösungsansätze. Herausgeber sind die Initiative D21
und das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit
.
Differenzen bei Interesse, Kompetenzen und Wissensaneignung
Sowohl bei der Einschätzung ihrer Fertigkeiten zur Bedienung einzelner Anwendungen wie Office-Programmen und der Kenntnis von Fachbegriffen aber auch beim Interesse an Digitalthemen oder der Wissensaneignung erzielen Frauen jeweils geringere Werte als Männer. Bei den älteren Generationen sind die Unterschiede dabei deutlich stärker ausgeprägt als bei den jüngeren, doch auch bei den 14- bis 24-Jährigen sind sie sichtbar.
Unterschiedliche Voraussetzungen in der digitalisierten Arbeitswelt
Auch im Berufsleben gibt es strukturelle Unterschiede: Männer arbeiten laut der Studie öfter im Homeoffice. Sie sehen mobiles Arbeiten auch öfter als Frauen als Chance für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben. Am Beispiel von Büroarbeitsplätzen zeigt sich zudem, dass in Vollzeit arbeitende Männer deutlich häufiger als Frauen mit mobilen Geräten ausgestattet sind und Zugang zu digitalen Anwendungen wie Videokonferenzsystemen erhalten. Verstärkt wird diese strukturelle Ungleichheit dadurch, dass weniger als ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten (30 Prozent) angibt, keine Geräte oder Kollaborationstools zu haben, bei den Teilzeitbeschäftigten mit höherem Frauenanteil sind es beinahe die Hälfte (48 Prozent).
Hannes Schwaderer
, Präsident der Initiative D21, empfiehlt Unternehmen die
"geschlechtergerechte Ausstattung mit mobilen Geräten in ihren Institutionen zu evaluieren und die Kriterien der Vergabe zu hinterfragen. Digitale Geräte wie Laptop und Smartphone müssen normales Arbeitswerkzeug sein, kein Statussymbol für bestimmte Positionen im Job."
Strukturelle Ursachen für den Digital Gender Gap
"Wir brauchen ein gezieltes digitales Empowerment von Mädchen und Frauen entlang der gesamten Bildungskette", fordert Prof. Barbara Schwarze
, Vorsitzende des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit.
"Dies ist dringend erforderlich, weil ihnen der Zugang zur Gestaltung digitaler Technologien durch Geschlechterklischees und traditionelle Rollenzuweisungen erschwert wird. Sie fehlen somit auch in den entsprechenden Ausbildungen und Studiengängen, in denen grundlegende Kompetenzen für Zukunftsberufe vermittelt werden. Dabei bringt mehr Diversität in den Entwicklungsteams für digitale Werkzeuge und Anwendungen mehr Nutzen für vielfältige gesellschaftliche Gruppen und mehr an Qualität in den Ergebnissen."
Für mehr Gendergleichstellung in der digitalisierten Welt geben die Experten folgende Handlungsempfehlungen:
- Gendergerechte Qualitätsstandards für digitale Kompetenzen entwickeln: Für mehr Chancengleichheit sollen Aus- und Weiterbildungsangebote geschlechtsspezifische Sozialisationsprozesse und ihre Auswirkungen auf den Kompetenzerwerb sowie die Vielfalt innerhalb der Geschlechter berücksichtigen.
- Anreize für gendergerechte Zukunftskonzepte für digitale Arbeitsumgebungen setzen: Unternehmen, Verwaltungen und Organisationen, die alle ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen mit digitalen Werkzeugen und Anwendungen ausstatten, entsprechend schulen und damit attraktive flexible Arbeitsformen ermöglichen, sollten ausgezeichnet und sichtbar gemacht werden.
- Weiterbildungen zu digitalen Kompetenzen für pädagogische Fachkräfte gendergerecht gestalten: In Programmen zur Vermittlung digitaler Kompetenzen muss die jeweils lebensweltliche Perspektive von Frauen und Männern bzw. unterschiedlicher sozialer Rollen, die weiblich oder männlich konnotiert sind, berücksichtigt werden - entlang der gesamten Bildungskette.
Die Studie steht
hier
zum Download zur Verfügung.