Personalisierung ist ein Muss - 89 Prozent der US-Unternehmen geben laut Forrester Research
an, dass sie in die Personalisierung des Kundenerlebnisses investieren. Demgegenüber sagen aber 36 Prozent der Kunden, dass Unternehmen mehr im Bereich Personalisierung tun müssen
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Felix Schirl
Bild: Trbo
Woher kommt diese Diskrepanz? Vielleicht gibt es unterschiedliche Auffassungen, was Personalisierung ist und wie sie gedacht wird. "Für viele Unternehmen ist Personalisierung oft noch Stückwerk, ohne Gesamtstrategie", weiß Felix Schirl, Geschäftsführer und CEO der Trbo GmbH
, einem auf dynamische Onsite-Personalisierung, Optimierung und Testing spezialisierten Technologieunternehmen. Da würden hier und da (personalisierte) Produktempfehlungen ausgespielt, auf Traffic-Kanäle eingegangen oder es werden E-Mails personalisiert. "Aber bei einem großen Thema halten viele Shopbetreiber lieber noch die Füße still: der Personalisierung von Texten und Bildern", so Schirls Erfahrung. Dabei seien die Technologien für KI-basierte Personalisierung von Texten und Bildern schon da und gar nicht so schwer, wie Shop- und Website-Betreiber vielleicht denken. Nachfolgend erklärt Schirl, wie Content personalisiert werden kann:
Dynamische Anpassung der Startseite
Über dynamische Segmentierung können sehr einfach Slider oder Teaserflächen ausgetauscht werden - entsprechend dem jeweiligen Nutzerinteresse. Ein Beispiel: Ein Nutzer besucht den Shop eines Fashion-Händlers. Dort sieht er beim ersten Besuch die generische Startseite mit Angeboten für Damen und Herren, ohne spezifische Kategorien. Er klickt sich dann durch das Sortiment des Shops und sieht sich Kleidung an, die zu seinen Interessen passt. Ein intelligenter Algorithmus ordnet ihn dynamisch in das Segment "Herrenmode-affin" ein. Beim nächsten Aufruf der Startseite erscheint diese in einem neuen Look: die Angebote für Damen sind aus dem sichtbaren Bereich verschwunden, stattdessen zeigen die verschiedenen Teaser-Bilder Vorschauen auf die Herren-Kategorien.
Startseitenpersonalisierung mit Austausch von Teaserflächen nach Interesse (Stiefel/Kleider) bei Sheego.
Bild: Sheego
Die Anpassung von Teaserflächen müsse aber nicht zwingend nach Affinitäten für Mode aus dem Damen- oder Herrenbereich angewendet werden. Genauso funktioniere dies auch für Sportshops (Kraft vs. Cardio) oder Möbel (Kinderzimmer vs. Büromöbel) und viele weitere.
In vielen Branchen kann beispielsweise auch auf das Wetter beim User eingegangen werden, um es für die Personalisierung von Inhalten und die Bildsprache auf der Website zu nutzen. Ist es regnerisch? Dann werden gemütliche Sofas und passende Kuscheldecken beworben. Scheint die Sonne, treten an deren Stelle Terrassenmöbel und Grills. Im Fashion-Bereich werden bei Regenwetter die Sommerkleider-Teaser kurzerhand gegen Regenjacken und Gummistiefel ausgetauscht.
Personalisierung von News und Artikeln
"Es muss aber nicht immer nur der E-Commerce sein. Auch News-Seiten profitieren von Personalisierung", skizziert er. Ein Online-Medium (egal ob Tageszeitung oder Blog) kann den Nutzern personalisierte Inhalte auf Basis ihrer Lesevorlieben bieten. Bei einer klassischen Ressort-Aufteilung sieht dann ein sportinteressierter Nutzer automatisch mehr Artikel aus dem Sport-Ressort, zum Beispiel auf der Startseite. Aber auch im Verlauf des Surfens können weitere, für den jeweiligen Nutzer spannende, Artikel empfohlen werden. So steige die Verweildauer und die Nutzer lesen die Artikel, die ihren Interessen entsprechen. Und auch im News-Bereich profitieren Websitebetreiber vom Einsatz von Geotargeting. Denn Nachrichten können auf den Standort des Nutzers angepasst werden - so sieht dieser direkt den Lokalteil aus seiner Region. Mit jedem Besuch steigen die Kenntnisse über die jeweiligen Nutzer und die angebotenen Artikel werden noch relevanter.
Austausch von Textbausteinen
Auch bestimmte Textbausteine können interessensbasiert ausgetauscht werden. Das bietet sich nicht nur im Newsbereich an, sondern bei vielen Seiten und Artikeln. Schirl:
"Das einfachste Beispiel ist der Austausch von Überschriften je nach Besucherstatus. Beim ersten Besuch sehen die Nutzer eine Headline, die für alle gleich ist. Beim zweiten Besuch kann man sie schon mit einem 'Willkommen zurück' begrüßen, bei weiteren Besuchen darauf eingehen, wie man ihnen helfen kann ('Noch nicht das Richtige gefunden? Wie wäre es mit …')." Bei letzterem könne man auch wieder auf die Interessen der Nutzer eingehen und gleich passende Alternativen aus der bisher angesehenen Kategorie empfehlen.
Personalisierte Aktionen und Kampagnen
Mit personalisierten Bildern und Texten zu arbeiten, bietet sich laut Schirl zudem bei Aktionen an. Denn das Ausspielen von Rabatten, Gutscheinen und Co. müsse nicht statisch für alle Nutzer gleich erfolgen. Wenn es in der Kategorie Kinderzimmer einen Sonderverkauf gibt, dann sollten besonders Nutzer, die sich für diese Kategorie interessieren, davon erfahren.
"Das funktioniert, indem man die Teaser-Bilder oder Kategoriebanner austauscht, um darauf aufmerksam zu machen. Hat der Nutzer bisher noch nicht gekauft, aber besucht die Website schon zum wiederholten Mal? Vielleicht überzeugt ihn ja ein Rabatt für die erste Bestellung auf der Seite. Treue Bestandskunden können mit einem Treuerabatt glücklich gemacht werden. So erhält jeder Besucher genau die Aktion, die zu ihm passt", erklärt er.
Tests als Voraussetzung für erfolgreiche Personalisierung
Wie viel Uplift bringt es wirklich, Startseitenteaser auszutauschen? Wie sinnvoll ist es, bei eingeloggten Usern den Namen und Personalisierung in Überschriften oder Texten einzubinden? Diese Fragen lassen sich laut Schirl nur mit Tests belastbar beantworten:
"Ob einfache A/B-Tests oder größere Multivarianten-Tests: Es sollte immer getestet werden, ob eine Personalisierungsmaßnahme einen Uplift bringt, oder ob sich die Nutzer vielleicht gestört fühlen. Nur wer Alternativen testet, lernt." Und dann stehe der erfolgreichen Umsetzung einer Personalisierungsstrategie nichts mehr im Wege.