Case: Wie IHKs von der Personalisierung der AzubiCard profitieren

Rund 300.000 Auszubildende erhalten jährlich die AzubiCard. (Bild: IHK Trier)
Rund 300.000 Auszubildende erhalten jährlich die AzubiCard.

17.09.2020 - Mit der noch relativ neuen AzubiCard stellen Industrie- und Handelskammern jährlich rund 300.000 Auszubildenden einen hoch individualisierten Ausweis zur Verfügung. Dieser bietet neben nützlichen personalisierten Informationen auch Vergünstigungen von Partnern aus der jeweiligen Region. Was besondere Anforderungen an das Datenmanagement und den Druck stellt. Die wichtigsten Learnings:

von Frauke Schobelt

Dem Ziel, einen bundesweit einheitlichen Ausweis für alle Auszubildenden in IHK-Berufen zu schaffen, kommen die Industrie- und Handelskammern   (IHK) immer näher. 2018 verteilten zuerst die IHKs in Mittelfranken und dann Trier die AzubiCard im Scheckkartenformat an die Auszubildenden in ihren Regionen. Seitdem stellen immer mehr Kammern bundesweit ihren jungen Schützlingen den Ausweis zur Verfügung, sobald der Ausbildungsvertrag eingegangen ist. Aktuell werden bereits über 40 Kammern mit AzubiCards versorgt, darunter auch erste Handwerkskammern (HWK).

Zugang für Partner zur jungen Zielgruppe

Mit der AzubiCard können die jungen Menschen nicht nur überall ihren Ausbildungsstatus nachweisen, sondern erhalten zudem zahlreiche Vergünstigungen bei IHK-Partnern in ihrer Region. Unter www.azubicard.de   können Unternehmen ihre Angebote für die jeweilige Region kostenlos einstellen. Bei Vorlage gibt es für die Auszubildenden etwa Rabatte an der Kinokasse, bei Sportveranstaltungen, in der Gastronomie, in Geschäften, bei Versicherungen oder auch in Onlineshops. Rund 660 solcher Angebote gibt es bereits. "Unternehmen können damit ihre Wertschätzung gegenüber Auszubildenden zum Ausdruck bringen. Außerdem erreichen sie die Zielgruppe der Azubis über die Homepage direkt und ohne Streuverluste", wirbt Sebastian Klipp, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der IHK Trier   , für die Plattform. Von vielen Angeboten, die zuvor nur für Studenten galten, profitieren nun auch die Auszubildenden, andere Vergünstigungen wurden exklusiv für sie geschaffen. "Die etwas mehr als 300.000 Auszubildenden erhalten dadurch einen direkten, geldwerten Vorteil."

"Gedruckte AzubiCard ist wertiger"

Sebastian Klipp, IHK Trier (Bild: IHK Trier)
Sebastian Klipp, IHK Trier

Der Clou ist die Personalisierung: Jede IHK kann die Karten mit verschiedenen Daten personalisieren und veredeln. Etwa mit einem aufgedruckten QR-Code, der jeden Azubi nach dem Einscannen auf sein persönliches Portal führt. Dort erhält er oder sie weitere wichtige Informationen rund um die Ausbildung, unter anderem Prüfungstermine oder Ansprechpartner bei der IHK. Teilnehmende Betriebe können über den QR-Code außerdem herausfinden, ob die vorgelegte AzubiCard noch gültig ist. Auf jeder Karte befindet sich zudem eine persönliche Identifikations-Nummer, mit der die Auszubildenden ihre Prüfungsergebnisse online abrufen können.

"Wir haben uns bewusst für eine gedruckte AzubiCard entschieden, weil sie deutlich wertiger ist als eine reine App- oder Wallet-Lösung", erklärt Klipp. "Die AzubiCard hat außerdem einen gewissen Ausweischarakter und da ist es völlig normal, eine Karte im Geldbeutel mitzuführen."

Datenmanagement findet dezentral statt

Die personalisierten Ausweise werden im Digital Print Solution Center (DPSC) der DATEV   produziert, unterstützt von den Programmatic-Printing-Lösungen der Integrated Realization Services (IRS) GmbH     in Nürnberg, einem Unternehmen der Willmy MediaGroup   . Neben dem Bedrucken der Ausweise realisiert DATEV auch das individuelle Anschreiben, die individualisierte Kuvertierung sowie den porto-optimierten Versand.

Um den Bestellvorgang zu vereinfachen, steht den Kammern das Bestellportal DATEV MyPrint zur Verfügung. Über das Webportal können die IHKs das Design ihrer AzubiCards individuell festlegen und die Ausweise mit den gewünschten Daten personalisieren. Die Herausforderungen für die Dienstleister liegen dabei nicht nur in der steigenden Zahl an AzubiCards, die schwerpunktmäßig im September verschickt werden. "Die Druckerei muss in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit, hunderttausende AzubiCards drucken und verschicken zu können", erklärt Klipp die Aufgabenstellung.

Das Bestellportal vereinfacht den Prozess für die IHK. (Bild: IRS/DATEV/IHK)
Das Bestellportal vereinfacht den Prozess für die IHK.

Eine Herausforderung ist auch das Datenmanagement für den Kartendruck: Es findet dezentral in jeder IHK oder Handwerkskammer statt. "In Trier und vielen anderen IHKs funktioniert es so, dass im Stammdatensystem eine Selektion für die AzubiCard möglich ist. Azubis, die bereits eine AzubiCard erhalten haben, erhalten ein Druckkennzeichen und sind damit automatisch von der nächsten Selektion ausgeschlossen. Das verhindert, dass ein Azubi aus Versehen mehrere AzubiCards erhält", so Klipp.

Die Datev eG erhält von den Kammern neben den für den Druck und Versand notwendigen personenbezogenen Daten auch eine URL, die in einen QR-Code umgewandelt und auf die AzubiCard aufgedruckt wird. Auf einen Blick ist dann sichtbar, ob der Ausweis noch gültig oder ungültig ist. "Der Datenabgleich findet in Echtzeit über die in unserem Stammdatensystem hinterlegten Daten statt", so Klipp.

Herausforderungen und Learnings

Einfachheit
Wichtigstes Learning für die IHKs ist, "dass jeder einzelne Schritt so einfach wie möglich gestaltet werden muss, da sich jedes noch so kleine Problem mit jeder weiteren IHK oder HWK vergrößert", so Sebastian Klipp. Als "wichtigen Meilenstein" bezeichnet er die Entwicklung des Bestellportals DATEV MyPrint. "Zukünftig ist es darüber möglich, die AzubiCards direkt zu bestellen. Ich erhalte nach Upload meiner Daten sofort die Freigabemuster und kann innerhalb weniger Klicks den Versand für tausende AzubiCards anstoßen. Das spart sowohl dem Dienstleister als auch uns Zeit und Kosten."

Variable Lösungen programmieren

Stefan Graf, IRS (Bild: IRS)
Stefan Graf, IRS

Die große Herausforderung für IRS bestand darin, "unsere Web-to-Media-Lösung (genera) mit unserer hochperformanten Lösung zur Generierung hyperpersonalisierter Druck-PDFs (genow) zu 'verheiraten'", erklärt IT-Consultant Stefan Graf. "Auf diese Weise können nun je nach Bedarf bis zu zig tausend individuelle Druck- und Vorschau-PDFs in Sekundenschnelle generiert werden." Priorität hatte dabei: "Die Lösung musste so variabel programmiert werden, dass die Strategie alle Varianten des Programmatic Printings künftig damit flexibel abzudecken, gewährleistet wird. Neben Mailings und AzubiCards lassen sich so nun zahlreiche weitere Produktvarianten über Templates realisieren.

Agiles Vorgehen
Ein wichtiges Learning aus Grafs Sicht ist, dass sich der agile Ansatz (Scrum Prozess) für solche komplexen Aufgabenstellungen erneut bewährt habe. "Nur auf diese Weise können wir im gesamten Projektverlauf höchst flexibel auf nicht vorhersehbare Herausforderungen reagieren, ohne dabei das Projektziel sowohl aus wirtschaftlicher, qualitativer als auch terminlicher Sicht aus den Augen zu verlieren." In den rund sechs Monaten, die terminlich für das Projekt angepeilt wurden, konnte so nicht nur die angedachte Lösung realisiert werden, sondern es war auch möglich "direkt auf erste Kundenfeedbacks im Rahmen der Pilotierung einzugehen und diese bereits vollumfänglich umzusetzen".

Kundenindividualität sichern

Für die DATEV steht der "Kundennutzen einer schnellen, gesicherten und zugleich modernen Bestellmöglichkeit im Vordergrund, gepaart mit internen Prozessverbesserungen", betonen die Business Development Manager Herbert Leistl und Projektleiter Christian Kulhanek. Auch sie heben die "erheblichen Vorteile" der agilen Vorgehensweise hervor. Ein weiteres Learning sei, "dass der Betrieb eines Portals eine gewisse kundenübergreifende Standardisierung benötigt, aber gleichzeitig die Kundenindividualität nicht verloren gehen darf." Von kundenindividuellen Produkten bis hin zum CI-konformen Kunden-Shop seien mit DATEV MyPrint viele Spielarten möglich. Diese Flexibilität komme insbesondere auch Unternehmen mit Filial- oder Regionalstrukturen zugute.

Christian Kulhanek, DATEV (Bild: DATEV)
Christian Kulhanek, DATEV


Verknüpfung mit regionalisierten Projekt-Homepages

Für die IHKs hält das Projekt noch weitere Herausforderungen bereit, denn neben den AzubiCards gilt es auch die Projekt-Homepage zu verwalten, die ebenfalls der steigenden Zahl an teilnehmenden Kammern gerecht werden muss. Sie ist so konzipiert, dass jede Region in Deutschland eine eigenständige Startseite erhält - auf der vorrangig die regionalen Angebote präsentiert werden. "Da alle dort eingestellten Angebote aber für alle AzubiCard-Azubis in Deutschland gelten müssen, sind diese Unterseiten mit einer gemeinsamen Datenbank verknüpft", so Klipp. Der Azubi könne sich dadurch Angebote nach seinem Standort anzeigen lassen. "So sieht der Azubis aus Hamburg beispielsweise auch die Vergünstigungen in seiner Nähe, wenn er Urlaub in München macht".

Der Budgetrahmen für das Projekte unterscheide sich dabei je nach teilnehmender Kammer. "Für die regionalisierte Homepage müssen IHKs und HWKs mit einmaligen Kosten in Höhe von 2100 Euro und jährlichen Kosten von etwa 900 Euro rechnen. Hinzu kommen die Kosten für den Kartendruck, die abhängig von der Zahl der betreuten Azubis sind", so Klipp.

Ergebnis: Positives Feedback und bessere Datenqualität


Die Investitionen lohnen sich. "Wir und alle anderen teilnehmenden Kammern erhalten viel positives Feedback von Seiten der Azubis", so Klipp. Eine Befragung unter Auszubildenden hatte zuvor ein sehr hohes Interesse an Vergünstigungen gezeigt. Aber nur ein Bruchteil der Azubis hatte einen Überblick, welche Angebote es überhaupt gibt. Dort setzt Azubicard.de an. "Dass die AzubiCard bei den Azubis funktioniert, zeigt auch ein schöner Nebeneffekt. Die Datenqualität der IHKs hat sich stark verbessert. Azubis teilen uns sehr viel zuverlässiger ihre neue Adresse mit, weil sie eine AzubiCard erhalten möchten." Mittlerweile gebe es in den Wochen vor dem Versand der Karten vermehrt Nachfragen, wann die Karte denn endlich ankommt.

Individualisiert: Anschreiben und AzubiCard (Bild: IRS/DATEV/IHK)
Individualisiert: Anschreiben und AzubiCard


Auch von den Partnern gebe es positives Feedback. "Dort eingestellte Angebote sind ja nicht in Stein gemeißelt sondern können jederzeit vom Unternehmen angepasst werden." Niemand gehe eine langfristige Bindung ein, außerdem sei der Service kostenlos. Das Unternehmen trägt nur die Kosten, die ihm durch die Bereitstellung des Angebots entstehen. Dafür könnten sie eine junge Zielgruppe auf sich aufmerksam machen. "Azubis sind in der Regel deutlich verwurzelter in der eigenen Region als das bei Studenten der Fall ist. Der Azubi von heute ist daher auch ein potenzieller Kunde von morgen und auch übermorgen", so Klipp. Ziel des Projektes sei denn auch die Förderung der regionalen Wirtschaft und der Dualen Ausbildung. Außerdem diene es der Vorbereitung vieler digitaler Dienstleistungen, die die Industrie- und Handelskammern im Rahmen der Dualen Ausbildung bereits anbieten oder in naher Zukunft anbieten werden.

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