Digitalisierung reduziert Verkehrsaufkommen nicht

Wissenschaftler fordern klimaneutrale Mobilit�t

Bild: obs/Goodyear Dunlop

12.04.2023 - In einer gro�angelegten Studie zum Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilit�t kommen Wissenschaftler des Mannheimer Leibniz-Zentrums ZEW zu dem Schluss, dass Homeoffice-Vereinbarungen allein nicht f�r weniger Verkehr sorgen. Untersucht wurde der Zeitraum Januar 2020 bis Dezember 2022.

von Christian Gehl

Der durch die Corona-Pandemie verursachte Digitalisierungsschub entfachte Hoffnungen, dass die steigende Verbreitung von Homeoffice und Online-Angeboten zu einer dauerhaften Verringerung des Verkehrsaufkommens f�hren w�rde. So wurde im Koalitionsausschuss am 28. M�rz 2023 unter anderem deshalb eine Homeoffice F�rderung beschlossen, um berufliche Wege zu verringern. Wie eine aktuelle Studie des Mannheimer Leibniz-Zentrums f�r Europ�ische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt, reduzierte sich w�hrend der ersten beiden Jahre der Pandemie die Mobilit�t in Landkreisen und St�dten mit h�herer Unternehmensdigitalisierung tats�chlich st�rker.

Allerdings ist f�r die Zeit nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht und anderer Corona-Ma�nahmen im M�rz 2022 ein Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilit�tsreduktionen nicht l�nger nachweisbar. Die Studie basiert auf Daten zum Digitalisierungsgrad von Unternehmen und auf Mobilfunkdaten auf Kreisebene im Zeitraum von Januar 2020 bis Dezember 2022.

Im Verlauf der Corona-Pandemie kam es zu erheblichen Investitionen in die digitale Infrastruktur und einem starken Anstieg an Homeoffice-Vereinbarungen. Wie bisherige Ergebnisse belegen, erwarten die Unternehmen in Deutschland auch f�r die n�chsten Jahre eine deutlich intensivere Homeoffice-Nutzung als vor der Pandemie. Ob dieser Homeoffice-Schub die CO2-Emissionen im Verkehrssektor allerdings langfristig senken kann, ist aus unterschiedlichen Gr�nden unsicher.

"Die meisten Menschen haben ein intrinsisches Bed�rfnis nach Mobilit�t", sagt Janna Axenbeck, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich Digitale �konomie und Co-Autorin der Studie. "Viele Besch�ftigte verlassen auch im Homeoffice das Haus. Sie verabreden sich in ihrer Mittagspause oder zum Abendessen und erledigen Besorgungen." Solche Treffen oder Erledigungen konnten vor der Pandemie h�ufig mit dem Arbeitsweg kombiniert werden. Dar�ber hinaus erm�glicht das Homeoffice auch eine Verlagerung des Wohnorts, der nun weiter vom Arbeitgeber entfernt sein kann und somit den Arbeitsweg an Pendeltagen erh�ht.

In der Studie untersuchte das ZEW-Team den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilit�t im Verlauf der Corona-Pandemie. "Die Digitalisierung birgt laut unseren Ergebnissen ein Potenzial zur Reduktion des Verkehrsaufkommens und in der Hochphase der Pandemie wurde dieses Potenzial tats�chlich genutzt", fasst ZEW-�konom und Co-Autor Dr. Daniel Erdsiek zusammen. "F�r die Zeit nach der Aufhebung fast aller Corona-Ma�nahmen im M�rz 2022 finden wir auf Kreisebene hingegen keinen Zusammenhang mehr zwischen Digitalisierungsgrad und Mobilit�tsreduktion."

Insgesamt deuten die Ergebnisse der Studie somit darauf hin, dass sich ein m�glicher Digitalisierungsschub nicht zwangsl�ufig in einer l�ngerfristig verringerten Mobilit�t niederschl�gt. "Wenn keine akuten, gesundheitlichen Bedrohungen und staatlichen Einschr�nkungen bestehen, wird das Potenzial digitaler Technologien kaum ausgesch�pft. Auch wenn viele Besch�ftigte wom�glich ihr Mobilit�tsverhalten im Homeoffice ver�ndern, reduzieren diese Verhaltens�nderungen nicht unbedingt die insgesamt zur�ckgelegten Wege", so Janna Axenbeck. "Deshalb ist es wichtiger, umweltfreundliche, klimaneutrale Mobilit�t zu f�rdern, als auf die Vermeidung von beruflichen Wegen durch mehr Homeoffice zu hoffen."

F�r die Analyse wurde ein innovatives Textanalyseverfahren verwendet, das es erlaubt, den Digitalisierungsgrad eines Unternehmens anhand seiner Webseite zu bewerten. Auf Basis dieser Information sch�tzten die Forschenden f�r jeden der 400 Kreise in Deutschland den durchschnittlichen Digitalisierungsgrad der ans�ssigen Unternehmen. Dieses Ma� verglich das ZEW-Forscherteam im Anschluss mit den Ver�nderungen der Mobilit�t, die anhand von Mobilfunkdaten ebenfalls auf Kreisebene beobachtet wurden. Die Analyse bezieht sich auf den Zeitraum von Januar 2020 bis Dezember 2022 und zeigt, dass Kreise mit einer h�heren Unternehmensdigitalisierung in den ersten beiden Jahren der Pandemie eine st�rkere Reduktion der Mobilit�t erfahren haben. Um den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Mobilit�tsreduktionen m�glichst pr�zise messen zu k�nnen, wurden hierbei nur Kreise verglichen, die mit Ausnahme des Digitalisierungsgrades sehr �hnliche Eigenschaften aufweisen.

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