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Deinfluencing: Reichweite für nachhaltige Zwecke nutzen

19.07.2023 - Buzzword oder Trend mit Substanz? Was sich hinter dem Begriff 'Deinfluencing' verbirgt:

von Silvia Lange

Der Begriff 'Deinfluencing' ist in den vergangenen Monaten zu einem Trend geworden: InfluencerInnen lehnen bewusst Kooperationen mit nicht-nachhaltigen Marken ab und legen ihren Fokus stattdessen auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Dieser Beitrag wirft einen kritischen Blick auf die Entwicklung des Deinfluencing, beleuchtet dessen Stellenwert im Marketingmix und diskutiert Perspektiven für eine nachhaltigere Zukunft im Influencer Marketing.

Die Welt des Influencer Marketings hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verändert. Während früher vor allem die Zusammenarbeit mit bekannten Marken und die Steigerung der Reichweite im Vordergrund standen, haben sich die Prioritäten vieler InfluencerInnen inzwischen mehr in Richtung Nachhaltigkeit verlagert. Doch wie viel Wahrheit steckt hinter dem Trend des Deinfluencing, der einmal als einfacher Hashtag begann? Und wie nachhaltig ist dieser tatsächlich?

Von den Anfängen bis hin zu aktuellen Trends

Beginnen wir einmal ganz am Anfang. Deinfluencing ist nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt zurückzuführen, sondern entstand schrittweise durch das Engagement verschiedener InfluencerInnen - insbesondere im Beauty- und Lifestyle-Bereich. Der Hintergedanke: nicht mehr einfach alle Produkte in den Himmel loben, nur, weil man dafür bezahlt wird, sondern sich kritisch mit Werbepartnerschaften auseinandersetzen, Produkte und Marken gründlich prüfen und ggf. nachhaltigere Alternativen empfehlen. Mittlerweile geht Deinfluencing weit über diesen Bereich hinaus und ist ein fester Bestandteil vieler Influencer-Strategien geworden.

Dass Deinfluencing einen solchen Aufschwung erlebt hat, hängt auch mit dem wachsenden Misstrauen gegenüber traditioneller Werbung zusammen. Marken müssen neue Wege finden, um ihre Zielgruppen zu erreichen - auch im Influencer Marketing. Zudem wünschen sich FollowerInnen immer mehr authentische Inhalte und glaubwürdige Stimmen anstatt generischer Werbebotschaften. Menschen sind generell empfänglicher für Botschaften, die von InfluencerInnen stammen, denen sie vertrauen und deren Werte sie teilen. Deinfluencing bietet die Möglichkeit, Authentizität zu transportieren und eine Verbindung zwischen InfluencerInnen und ihrer Community herzustellen. Auch in der Kritik stehende InfluencerInnen können ihre Follower dadurch erneut für sich einnehmen und das eigene Image positiv verändern.

Die Anfänge des Deinfluencing waren geprägt von Einzelpersonen, die ihre persönlichen Werte und Überzeugungen über kommerzielle Interessen stellten. TikTokerin 'sadgrlswag' nutzte den Hashtag als eine der Ersten in einem Video, in dem sie diverse auf TikTok viral gegangene Produkte auflistete und dazu aufrief, diese nicht zu kaufen. Innerhalb weniger Tage griffen fast 150 Videos den Sound aus dem Video auf und drehten einen neuen Clip, teils mit Aufrufen in Millionenhöhe. Mittlerweile gibt es bereits ganze Kampagnen und Initiativen, die das Deinfluencing als ganzheitlichen Ansatz etablieren möchten.

Stellenwert von Deinfluencing im Marketingmix

Deinfluencing hat, Stand heute, einen bedeutenden Stellenwert im modernen Marketingmix erlangt. Immer mehr Marken erkennen, dass InfluencerInnen eine enorme Wirkung haben und durch das, was sie sagen, empfehlen oder eben auch nicht, das Konsumverhalten ihrer Follower beeinflussen können. Das bietet Unternehmen neue Chancen, die bisher noch nicht voll genutzt werden, unter anderem in der Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen.

So ermöglicht Deinfluencing den Unternehmen, ihre Werte und Nachhaltigkeitsbemühungen auf eine authentische Weise zu kommunizieren und ein positives Image aufzubauen. Zudem können InfluencerInnen ihre Reichweite nutzen, um mehr Bewusstsein für nachhaltige Themen zu schaffen und ihre Follower zu einem nachhaltigeren Konsumverhalten zu inspirieren.

Deinfluencing und Nachhaltigkeit

Die Reichweite von InfluencerInnen für nachhaltige Zwecke zu nutzen, ist sicherlich ein guter Ansatz, um das Image des Influencer Marketings in diesem Bereich etwas aufzupolieren. Allerdings ist es bei all der Rede von Nachhaltigkeit auch umso wichtiger, das Thema kritisch zu betrachten und sich nicht mit leeren Versprechungen zufriedengeben. Stichwort: Greenwashing.

Wo es um Nachhaltigkeit geht, ist die Gefahr, oberflächlich zu agieren und sich Vorwürfe des Greenwashings anhören zu müssen, nicht weit - und das nicht selten zu Recht. Oftmals wählen InfluencerInnen nachhaltige Kooperationen aus strategischen Gründen, um ihre eigene Glaubwürdigkeit und ihr Image zu stärken. Wie ehrlich die eigentlichen Nachhaltigkeitsbemühungen der Marke oder des Influencers selbst sind, bleibt fraglich. Es ist wichtig, dass InfluencerInnen und Marken diesbezüglich transparent sind und ihre Nachhaltigkeitsansprüche auch tatsächlich umsetzen. Eine Kooperation mit einem einzelnen nachhaltig agierenden Unternehmen reicht dabei nicht aus, um beispielsweise zehn weitere Kooperationen mit fragwürdigen Marken aufzuwiegen.

Zudem werden beim Deinfluencing bestimmte Aspekte der Nachhaltigkeit vernachlässigt. Oftmals liegt der Fokus auf umweltfreundlichen Produkten, während soziale und ökonomische Nachhaltigkeitsaspekte in den Hintergrund treten. Es ist wichtig, eine ganzheitliche Betrachtung von Nachhaltigkeit zu fördern und sicherzustellen, dass InfluencerInnen und Marken nicht nur umweltbezogene Aspekte ansprechen, sondern auch soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Nachhaltigkeit berücksichtigen.

Nicht zuletzt ist auch Deinfluencing von kommerziellen Interessen geprägt. InfluencerInnen sind nach wie vor MarkenbotschafterInnen und verdienen durch Kooperationen ihr Geld. Daher sollten Authentizität und Glaubwürdigkeit der InfluencerInnen immer auch mit einem kritischen Auge bewertet werden.

Trotz allem bietet Deinfluencing eine vielversprechende Perspektive, um Nachhaltigkeit im Influencer Marketing mehr Bedeutung zuzuschreiben. InfluencerInnen haben die Möglichkeit, Trends zu setzen und eine große Anzahl von Menschen zu erreichen. Durch ehrliches Engagement für Nachhaltigkeit kann eine enorme Wirkung erzielt und eine positive Veränderung in der Gesellschaft vorangetrieben werden. Auch Unternehmen werden so dazu gedrängt, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu intensivieren und transparenter zu kommunizieren. Das ist schlussendlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Nicht alles, was mit Nachhaltigkeit wirbt, ist auch nachhaltig

Deinfluencing bietet neue Möglichkeiten, die Überzeugungskraft und Reichweite von InfluencerInnen zu nutzen, um nachhaltige Unternehmen und Produkte zu fördern. Die Entwicklung der vergangenen Monate zeigt, dass viele InfluencerInnen nicht nur Werbefläche sein wollen, sondern sich auch in gesellschaftlicher Verantwortung sehen. Die Integration von Deinfluencing in den Marketingmix ermöglicht es Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsthemen glaubwürdiger zu kommunizieren und ein positives Image aufzubauen. Es ist jedoch entscheidend, dass sowohl InfluencerInnen als auch Unternehmen eine authentische und transparente Herangehensweise an das Thema Nachhaltigkeit verfolgen, um einen tatsächlichen positiven Einfluss zu erzielen.


Silvia Lange (Bild: Julian_Mathieu)
Silvia Lange

ONEtoONE-Autorin Silvia Lange ist Mitgründerin und CEO der Mobile Marketing Agentur Medialabel   sowie der Influencer Tech-Company hi!share.that   mit Fokus auf Messbarkeit das Influencer-Marketings. Ihr Ziel: Mit geeigneten technologischen Lösungen die Basis schaffen für Kommunikation von Werbetreibenden und InfluencerInnen auf Augenhöhe.

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