Point of Sale

Trotz Onlineshift: Stationärer Handel hat Zukunftspotenzial

18.02.2022 - KundInnen werden weiterhin den stationären Handel aufsuchen, wenn dort individuelle, besondere Einkaufserlebnisse und geschickte digitale Verzahnungen geschaffen werden. ­

von Christina Rose

­­Seit zwei Jahren hält die Coronapandemie den Handel in Atem und der Blick in die Zukunft fällt schwer. In der Krise haben sich Kundenerwartungen und -bedürfnisse in vielen Bereichen stark verändert. Doch wie nachhaltig sind die veränderten, in der Pandemie erlernten Gewohnheiten der KundInnen und wie kann der Einzelhandel die neuen Kundenbedürfnisse zukünftig erfüllen? Als Antwort auf diese Fragen hat das IFH Köln   in Zusammenarbeit mit Capgemini   im Rahmen der Studienreihe 'Retail of the Future - Consumer Insights' und basierend auf einem hochkarätig besetzten Roundtable mit EntscheiderInnen aus dem Handel sechs Zukunftsannahmen zu Kundenerwartungen im Thesenpapier 'COVID-19 als Turbo-Boost für die Digitalisierung im Handel' zusammengefasst.

Onlineshift entkoppelt sich von Pandemiegeschehen

In der Pandemie haben KonsumentInnen vermehrt stationär geplante Einkäufe in den Onlinekanal verschoben. Dieser Onlineshift folgte zunächst dem Pandemieverlauf: Bei höheren Inzidenzzahlen wurde vermehrt online eingekauft. Jedoch scheint sich der Zusammenhang abzuschwächen. Der Onlineshift entkoppelt sich trotz hoher Inzidenzen und der 2G-Regelung im Einzelhandel seit Ende 2021 zunehmend vom Pandemiegeschehen. Gaben Anfang 2021 noch 43 Prozent der KonsumentInnen an, stationär geplante Käufe online getätigt zu haben, so waren dies im weiteren Verlauf des Jahres nur noch rund ein Drittel.

Nachholeffekt oder nachhaltige Entwicklung?

Doch handelt es sich bei dieser Entwicklung beziehungsweise dem Wunsch, stationäres Shopping nachzuholen, nun um einen kurzfristigen Effekt, der schnell wieder abflaut? Die befragten HandelsentscheiderInnen waren sich einig: Kundinnen und Kunden werden auch weiterhin den stationären Handel aufsuchen. So bescheinigen die ExpertInnen dem stationären Handel großes Zukunftspotenzial, wenn dort besondere Einkaufserlebnisse und digitale Verzahnungen geschaffen werden. Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich darüber hinaus, wenn der stationäre Handel nicht nur als reiner Transaktionskanal, sondern vielmehr als emotionaler und persönlicher Kundentouchpoint verstanden wird.

"2022 werden entscheidende Weichen für die Zukunft des Handels gestellt. Jetzt gilt es Konsument:innen zu überzeugen, dass der Besuch im Geschäft sich lohnt. Das kann nicht nur über Events oder besondere persönliche Shopping-Erlebnisse passieren, sondern auch über Angebote wie Click & Collect oder Live Shopping", so Dr. Kai Hudetz , Geschäftsführer des IFH Köln, zu den Ergebnissen des Thesenpapiers.

Ausblick: Wie verläuft die globale Entwicklung?

Nicht nur in Deutschland ist der Trend zur Rückkehr in die Geschäfte zu beobachten - vor allem im FMCG-Bereich, wo es häufig auch um Haptik (z.B. bei Obst & Gemüse) oder Inspiration (z.B. bei Beauty) geht. Das zeigt der internationale Vergleich aus aktuellen Daten von Capgemini: Bereits jetzt ist der Anteil stationärer ShopperInnen mit hoher Interaktion im Konsumgüterbereich höher als vor der Pandemie. Dies wird Kundenangaben zu Folge auch nach der Pandemie so bleiben. Zugleich, so die Capgemini Studie, werden die Interaktionen mit Onlineshops auf dem gleichen hohen Niveau bleiben, das sie während der Pandemie erreicht haben.

Die Thesen im Überblick

  • KundInnen werden mehr online kaufen als heute - das zwanzigprozentige Wachstum aus 2020 und 2021 wird in Zukunft jedoch nicht erreicht.
  • KundInnen werden auch weiterhin den stationären Handel aufsuchen - wenn dort Kundenerlebnisse und digitale Verzahnungen geschaffen werden.
  • KundInnen werden mehrwertbringende digitale Services im stationären Handel erwarten - jedoch ohne Bereitschaft, dafür zu zahlen.
  • KundInnen werden Convenience-Technologien wie kassenlose Supermärkte nutzen - wenn diese gut erklärt und Bedenken ernst genommen werden.
  • KundInnen werden sich lokal orientieren - Lokalität wird aber, vor allem bei Transaktionen, online weiterhin schwer abzubilden sein.
  • KundInnen werden nachhaltig einkaufen - für bestimmte Kundengruppen bleiben jedoch Preis und Convenience relevanter.

"Die Grenzen zwischen Onlineshopping und dem Einkauf im stationären Laden verschwimmen für VerbraucherInnen zunehmend", erklärt Achim Himmelreich , Global Head of Consumer Engagement, Consumer Products & Retail bei Capgemini. "Sie erwarten das gleiche Einkaufserlebnis, egal ob online oder offline. Statt in diesen Silos zu denken, sollten sich Einzelhändler darauf konzentrieren, überall eine einheitliche, überragende User Experience zu bieten."

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