Seit Jahren ringt die deutsche Verlagsbranche mit Google
um die Frage, in welchem Umfang der Konzern in seiner Suche und in Google News Inhalte von Presseverlagen ohne eine entsprechende Lizenzierung anzeigen darf. Finanzielle Forderungen von Presseverlagen für die Darstellung der kleinen 'Snippets' - Teaser und kurze Textauszüge aus den Artikeln - hatte Google mehrfach zurückgewiesen. Auch das deutsche Leistungsschutzgesetz für Presseverlage brachte die Branche nicht weiter - es wurde vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt. Eine Klage musste die Verwertungsgesellschaft VG Media
, die vor Gericht den Streit für die Verlage ausfocht, daher kürzlich zurückziehen
.
Nun will Google doch zahlen. Der Suchmaschinenriese wird erstmals in seiner Geschichte Lizenzverträge mit Zeitungsverlagen für die Präsentation von journalistischen Inhalten abschließen. Dies hat der Konzern in seinem Blog
bekanntgegeben.
5 Verlage beim Start dabei
Die neue Initiative startet in Deutschland, Australien und Brasilien. Die Inhalte von ersten Partnern wie "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Zeit", "Rheinische Post", "Tagesspiegel" und "Spiegel" sollen auf Google News und Google Discover erscheinen. Die genaue Form des
"neuen Nachrichtenformates" ist noch nicht klar. Auch wie viel Geld die Verlage erhalten, verrät Google nicht. Das Programm sei
"aber breit und langfristig angelegt" und soll auf noch mehr Verlage, kleinere Lokalzeitungen sowie Radiostationen und TV-Sender ausgeweitet werden.
Google-Manager Brad Bender
, VP Product Management, News, äußert sich in dem Blog wie folgt:
"Eine vitale Verlags- und Nachrichtenbranche war vermutlich nie wichtiger als heute, in einer Zeit, in der Menschen nach Informationen suchen, auf die sie sich inmitten einer globalen Pandemie oder angesichts der jüngsten Prozesse gegen Diskriminierung verlassen können." Das Geschäft der Branche sei jedoch erheblich unter Druck geraten.
"Für Google war und ist es von zentraler Bedeutung, Verlage bei ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen und gleichzeitig Nutzern Zugang zu relevanten Informationen zu ermöglichen." Das neue Programm solle den teilnehmenden Verlagen helfen, die Sichtbarkeit ihrer Inhalte durch
"ein verbessertes Storytelling-Erlebnis" zu vergrößern. Google will im Rahmen der Initiative auch für den kostenlosen Zugriff von Nutzern auf einzelne kostenpflichtige Artikel hinter Bezahlschranken zahlen. Verlage, die eine Paywall einsetzen, könnten so ihre Reichweite vergrößern und Nutzer Inhalte lesen, die sie normalerweise nicht sehen.
EU-Richtlinie zwingt zum Handeln
Das Umdenken dürfte mit der neuen EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt zusammenhängen, die bis spätestens zum Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Das darin enthaltende Leistungsschutzrecht (LSR) soll Verlage an den Einnahmen von Suchmaschinenbetreibern beteiligen. Das Argument: Unternehmen wie Google verdienten Geld, indem sie die Inhalte von Medien aufbereiteten. Deshalb müssten sie Verlage für die Snippets bezahlen. Die französische Wettbewerbsbehörde hatte im April einer Beschwerde der französischen Presseverleger und der Nachrichtenagentur AFP gegen Google
bereits stattgegeben
. Google wurde verpflichtet, innerhalb von drei Monaten Verhandlungen mit den Verlagen und Presseagenturen über die Vergütung für die Nutzung ihrer geschützten Presseinhalte zu führen.