Bild: Andrey_Popov; shutterstock
Die Nähe zur Zielgruppe und die überdurchschnittliche Konsumbereitschaft machen Social Commerce zum tatsächlich ziemlich "heißen Scheiß" im E-Commerce - verspricht es Marken doch, ihre soziale Präsenz sowie Rezensionen und Empfehlungen mit einer unmittelbaren Kaufoption zu verknüpfen. Zudem kommt der Kaufimpuls bei vielen Online-Shoppern zunehmend aus sozialen Netzwerken. So sind einer Studie des Bitkom
zufolge sechs vohn zehn NutzerInnen dort bereits auf Produkte und Dienstleistungen aufmerksam geworden, die sie später auch gekauft haben. Bei jeder und jedem Zehnten (9 Prozent) ist dies regelmäßig der Fall und bei einem Viertel (24 Prozent) immerhin noch manchmal. Versteht man Instagram, Facebook & Co. nicht nur als Bestell- , sondern vor allem als Vertriebskanal, ist der Direct-to-Consumer-Vertrieb über Social Media für Marken zunehmend interessant.
Wenn Werbemaßnahmen auf KundInnen in Kauflaune treffen, ist von Retail Media
die Rede. Und wenn Marken ihre Zielgruppe dort erreichen, wo sie eh viel Zeit verbringt und sich Inspiration für alle Lebenslagen holt, ist von Social Shopping die Rede. Dass Social Commerce ebenso wie Retail Media ein Wachstumsmarkt ist, ergibt sich aus der für MarketerInnen so einfachen wie bestechenden Logik dahinter: Dort zu sein, wo KäuferInnen in Konsumlaune, begeisterungs- und interaktionsbereit und sich dabei auch selbst gerne als Markenbotschafter engagieren. Manch einer sieht im Prinzip von "sehen, klicken, kaufen" gar eine Disruption des Abverkaufsmanagements, wie wir es bisher kennen.
Problem: Unterbrochene Customer Journey
Dass es hierzulande recht schleppend mit dem schon vor Jahren ausgerufenen Megatrend Social Commerce vorangeht, liegt am Handling. Das ist hierzulande einfach noch zu kompliziert. Ein Blick nach China zeigt, wie es gehen kann: Dort geben chinesische NutzerInnen jährlich dreistellige Milliardensummen auf Plattformen wie Wechat, XiaoHongShu oder Pinduoduo aus. Der Checkout läuft in der App ab, Impulskäufe sind so in Sekunden abgeschlossen und treiben die Umsätze hoch. In Deutschland dagegen wird aktuell von Facebook, Pinterest & Co. noch in den Onlineshop des Anbieters und/oder Werbetreibenden verlinkt - und damit meist Ende der Customer Journey.
Ob der Kaufabschluss letztlich per Link zu einem externen Onlineshop oder eben direkt in dem sozialen Netzwerk stattfinden kann, ist nicht nur eine technische Hürde. Dass viele Marken und HändlerInnen sich noch sträuben, den Kaufprozess ganz in die Hände der sozialen Netzwerke zu legen, weil sie dabei auch alle Kundendaten abgeben, stellt noch eine erhebliche Hürde dar. Denn mit dem Kauf steigt die Conversion-Rate zwar, doch die KäuferInnen sind danach für die Marken nicht mehr ansprechbar, weil sie nichts über sie wissen. Die Entscheidung, ob es sich für den einzelnen Anbieter lohnt, den Kaufprozess in die Hände der großen Netzwerke zu legen und damit eigene Kundendaten abzugeben, ist ein noch nicht lösbares Problem. Und so empfehlen ExpertInnen Unternehmen dringend, ihre Social-Media-Accounts mit einer direkten Kaufoption zu verknüpfen.
Laut Studie von
Greven Medien
nimmt ein Drittel der Bevölkerung die Möglichkeit, über soziale Netzwerke einzukaufen, schon wahr. Beliebteste Plattform ist Facebook, gefolgt von Instagram. Bemerkenswert sei die Steigerung von TikTok: Vor fünf Jahren als Shopping-Tool noch weitgehend unbekannt, liegt sie inzwischen schon vor Pinterest und Twitter. Die Besonderheit des Social Commerce ist für viele Unternehmen auch die größte Hürde: die Option zur Live-Interaktion zwischen KonsumentInnen und Unternehmen. Dafür muss man erst einmal gewappnet sein: Für ein unmittelbares Kauferlebnis braucht es die Option einer direkten Beratung für die KundInnen. Produkte müssen emotional und authentisch dargestellt sein.
Hinzu kommt: Der Kaufprozess muss insgesamt einfach, transparent und vertrauensvoll vonstatten gehen. Die Bedienbarkeit eines Social-Media-Kanals, verbunden mit einem unkomplizierten Kaufabschluss, ist besonders für Frauen essenziell (92,7 Prozent). Zwar ist letztlich der Angebotspreis mit 89,9 Prozent immer noch das ausschlaggebendste Kriterium für eine Kaufentscheidung, jedoch spielen andere Aspekte eine fast genauso große Rolle - etwa Sortiment, Referenzen, Lieferzeiten/-bedingungen und Bezahlmöglichkeiten.
"Umsatz zuerst"-Mentalität vergessen
Für Marken hängt der langfristige Erfolg von Social-Commerce-Strategien davon ab, dass sie über eine "Umsatz-zuerst"-Mentalität hinausgehen und hin zu einer Mentalität, die Kundenerlebnisse über die gesamte Social Journey hinweg fördert, so ein Fazit der Studie
'Cashing in on Social Commerce' der Customer-Experience-Plattform Emplifi
. Das Problem aber sei, dass Unternehmen sich derzeit auf grundlegende Social-Commerce-Funktionen wie Messenger-Kampagnen konzentrieren, aber nicht auf personalisierte Kundeninteraktionen. Und nur 26 Prozent der befragten Führungskräfte geben an, dass ihre aktuellen Social-Commerce-Fähigkeiten eng mit ihrem Ziel übereinstimmen, die nächste Generation von VerbraucherInnen zu gewinnen.