03.05.2023 - Wenn eine Zentrale automatisiert Dialogkommunikation für ihren Außendienst organisiert, können richtig gute Kampagnen entstehen. Oder die der DKV.
von Joachim Graf
Ein Quiz. Hervorragende Bestandsadressen. Ein interessantes Thema. Geldpreise zu gewinnen. Ein QR-Code, der schnell auf die Gewinnspiel-Site befördert. Alles hervorragende Ingridienzien, die dennoch in der Upselling-Kampagne der DKV Krankenversicherung bei der Zielgruppe einen ausgesprochenen "Hä??"-Effekt auslösen. Aber der Reihe nach.
Der erste Eindruck: Mein drittliebster Briefkasteninhalt nach Post vom Finanzamt und Rechnungen sind Mitteilungen meiner Versicherungen. In der Regel etwas, was künftig mehr Geld kostet, im besten Fall langweilige Bürokratie. Der (Standard-)Umschlag, in dem die Werbebotschaft steckt, löst also wenig Begeisterung bei mir aus. Vermutlich nur die zweitbeste Voraussetzung für einen Mailingerfolg.
Die Gestaltung: Der Briefinhalt besteht aus einem einseitigen Anschreiben und einer zweiseitig bedruckten C6-Karte, beides mit QR-Code für ein Pflege-Quiz. Die zu gewinnenden Gutscheine werden auf beiden Werbeträgern eher klein abgebildet. Die Gutschein-Erklärung "in über 100 Shops einlösbar" ist zwar auf der Karte, nicht aber in dem (wichtigeren) Anschreiben zu finden. Der auf dem Anschreiben rechts zusätzlich angebrachte Störer "Machen Sie das (!) Pflege-Quiz" ist eher in der Sprache eines unwirschen Versicherungsbürokraten gehalten als verführerische Bewerbung einer Gamification-Aktion mit Geldgewinn.
Die Personalisierung: Personalisiert ist lediglich das Adressfeld, die Anrede und die Quiz-URL, letztere allerdings vermutlich vor allem deswegen, um die KundInnen-Adressen den betreuenden DKV-Versicherungsbüros zuordnen zu können.
Hauptargumentation: Der Claim "Wissen testen und Gutscheine sichern" wird in den Headlines der beiden Werbemittel wiederholt. Aber in der Argumentation schwächelt diese Ansage deutlich: "Mit diesen und anderen Irrtümern räumt unser Pflege-Quiz auf" heißt es beispielsweise schon im dritten Satz des Anschreibens. Da löst sich die Challenge eines Quiz, der Gamification in den Augen der Mailing-Empfangenden auf in das, was das "Quiz" tatsächlich ist: Eine Vertriebsargumentation einer Versicherung, die mir eine weitere Versicherung verkaufen will. Statt einer kurzweiligen Herausforderung erwarte ich bei solch einer Formulierung eine "Nenne alle DKVVertriebsargumente"-Reklame.
Ausgelobt sind 2.000 Gutscheine über zehn Euro, die nur die bekommen, die besonders schnell sind (Gewinnspielenthusiasten wissen: Bei so etwas ist man immer zu spät dran). Sowie 50 Gutscheine à 200 Euro. Ob diese Gutscheine jetzt unter allen Adressaten des regionalen Versicherungsbüros oder unter sämtlichen DKV-KundInnen verlost werden, verrät das Mailing allerdings nicht. Und der Claim "Ihre Chance auf bis zu 210 Euro Einkaufsguthaben" richtet sich vermutlich eher an Menschen, für die Wahrscheinlichkeitsstatistik ein Wort aus einer Fremdsprache ist.
So hat das Mailing bei mir funktioniert: Ich hätte das Quiz gemacht. Ehrlich. Allerdings war es leider schon abgelaufen, als ich auf die Zielseite gehen wollte. Die Subdomain führe mich zu Redaktionsschluss auf eine "Red Hat Enterprise Linux Test Page". Neben einem Kampagnen- auch noch ein IT-Fail. Überhaupt: Mich hat Kundendialogleiter Manfred Peters angeschrieben. Oder doch Herr Gutschon vom DKV-Vertriebsbüro Weilheim? Ich weiß es nicht. Weder der unklare Absender noch die unklare Botschaft sorgen für das für Versicherungen so wichtige Kundenvertrauen. Dass man die Website nach zwölf Wochen abschaltet (ein wirkliches Quiz hätte man länger laufen lassen können, selbst ohne die mageren Gewinne).
Fazit: Es hat bei mir nicht funktioniert. Kampagnendenke kills the Kundendialog. Und die IT-Sicherheit gleich mit.
www.pflegequiz.dkv.de
In unserer Rubrik "Dialog des Monats" stellen wir regelmäßig Dialogmaßnahmen vor, die uns aufgefallen ist. Die Rezension stammt von ONEtoONEHerausgeber Joachim Graf - der die Gamification von Quiz-Challenges liebt, jedoch nur, wenn sie auch wirklich welche sind.
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