Anzeige
Anzeige

Suchmaschinen

Experten-Interview mit Christina Neuhofer von der Agentur Qusima

Man sollte sich nicht ausschließlich von Plattformen wie Google abhängig machen, sagt Christina Neuhofer (Quisma) im Gespräch (Bild: Bild: Natbasil / Fotolia.com, Google / Montage: ONEtoONE)
Man sollte sich nicht ausschließlich von Plattformen wie Google abhängig machen, sagt Christina Neuhofer (Quisma) im Gespräch

09.08.2017 - Googles neues Open-Source-Feature AMP steht wegen diverser ?Mängel in der Kritik. Dabei ist AMP mehr als eine User-Experience-Optimierung. Vor allem führt es zu einem Machtkampf.

von Svenja Tasch

Christina Neuhofer (Bild: Bild: Natbasil / Fotolia.com, Google / Montage: ONEtoONE)
Christina Neuhofer

SEO Quisma-MD Christina Neuhofer appelliert in unserem Interview an Unternehmen, sich nicht zu abhängig zu machen.

Frau Neuhofer, inwiefern befasst sich Quisma mit Googles AMP?

Wir haben festgestellt, dass viele Unternehmen in puncto Ladezeit noch stark hinterherhinken. Das betrifft sehr viele Marken-Websites, die eher aus Designgründen gestaltet werden und weniger aus SEO-Sicht. Wir stellen außerdem fest, dass Webagenturen keine bis wenige SEO-Skills haben. Auch Google hat beobachtet, dass immer mehr Traffic über mobile Endgeräte kommt, und die Nutzererfahrung ist natürlich das A & O für den Konzern. Sollte sich die Nutzer-erfahrung verschlechtern, wandern die Leute ab. Insofern ist Googles Bestreben natürlich immer, User auf seiner Seite zu halten und User mit einem Google-Ergebnis schnell zufrieden zu stellen. Da viele Seiten langsam laden, ist bei Google ein Zugzwang entstanden. Dieser Zugzwang resultierte dann in AMP. Google hat eine Technologie entwickelt, die dafür sorgt, dass Ladezeiten radikal schneller werden. Und Studien zeigen, dass das AMP die Ladegeschwindigkeit um 15 bis 85 Prozent steigern konnte.

Haben Sie bei Quisma bereits Erfahrungen mit AMP gemacht?

Zu unseren Kunden zählt momentan kein Publisher. Wir gehen aber davon aus, dass auch in anderen Themenbereichen AMP die Nutzererfahrungen steigern könnte, sofern die Unternehmen nicht schnell selber eine Verbesserung ihrer Ladezeiten erreichen. Sollte dort jedoch weiterhin so wenig Reaktion erfolgen, gehe ich davon aus, dass das Thema AMP über die reinen Publisher-Seiten hinausgehen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber nicht alles problemlos, was AMP betrifft. Es hat die User-Erfahrung natürlich stark verbessert, aber Google hat mit AMP das Feature News-Karussell verknüpft. In dem Karussell erscheinen 14 Artikel von Herausgebern im AMP-Format, die dann ganz oben in den Google News stehen. Man kommt aber nur mit der AMP-Technologie in das News-Karussell. Insofern sind die großen Publisher gezwungen, auf AMP zu switchen. In den letzten Wochen hat sich aber sehr viel getan. Zum Beispiel im Bezug auf Werbemittel. Bisher war sehr stark limitiert, was Google auf den AMPs erlaubt. Ganz neu ist, dass man nun mehrere Anzeigen schalten kann. Außerdem hat Google neue Formate an Werbemitteln zugelassen, zum Beispiel Click-to-Call-Anzeigen oder Location-based-Anzeigen. Die Kritik, dass Seiten-Impressionen durch die AMPs verloren gehen und damit Werbeeinnahmen, hat Google somit bereits aufgegriffen.

Google allein entscheidet also über die Abhängigkeit der Publisher?

Unter Umständen absolut. Viele große Publisher sagen, dass sie keine Verluste hinsichtlich Werbeeinnahmen hätten. Wir können uns das eigentlich nur so erklären, dass der Zusatz-Traffic durch die Platzierung im News-Karussell das aufwiegt, oder dass Google durch die neuen, zusätzlichen Werbeplätze die Werbeeinnahmen kompensiert. Aber wir sehen, dass Google das Projekt laufend updatet. Das Ende der Lösung ist also noch nicht erreicht. Im Bereich der Markenwebsites wäre eine Lösung gravierend, denn einer der kritischen Punkte der AMP ist, dass sich die Seiten immer mehr ähneln. Jede AMP-Seite ist gleich aufgebaut, so dass der Trust-Faktor, gerade in Zeiten der Fake-News, sehr leidet. Es ist gefährlich, wenn nicht mehr ersichtlich ist, ob ein Portal ein hochwertiges ist oder nicht. Im Bereich der Markenwebsite geht es immerhin um die gezielte Markenwirkung.

Und wie sehen weitere mögliche Vor- und Nachteile aus?

Ein weiterer, wesentlicher Nachteil ist, dass man sich in eine reine Google-Technologie begibt. Auch wenn dies eigentlich eine Open-Source-Technologie ist, gelangt man nur in das News-Karussell, wenn man über die Google-Lösung geht. Das bedeutet, dass Google die Publisher zwingt, die Google-Lösung und nicht die Open-Source-Variante zu wählen. Das ist deshalb kritisch, weil man damit Kontrolle aus der Hand gibt, die eigentlich bei dem Website-Betreiber liegen sollte, oft aber von diesem leider nicht entsprechend wahrgenommen wird. Kritisch im Bezug auf die Analyse der Website-Besucher ist, dass für AMP-Seiten im Moment nicht der volle Umfang der Features von Google Analytics zur Verfügung steht. Im Moment bekommt man nur Einblick in ein Teilset der Analytics-Daten, was keine genaue Auswertung des Userverhaltens ermöglicht. Das ist für die Learnings auf Unternehmensseite sehr schlecht, weil es die User-orientierte Aussteuerung der Inhalte erschwert. Google hat diesen Dateneinblick und wird daraus sicherlich Ableitungen treffen. Die Macht verlagert sich infolgedessen vom Webseiten-Betreiber auf Google. Ein Unternehmen sollte vollständig über seine eigenen Daten verfügen und nicht eine dritte Instanz. Mein Appell an Website-Betreiber wäre deshalb, die Ladezeiten ernster zu nehmen. Google ist nun mal die größte Suchmaschine, das heißt, jeder Website-Betreiber ist abhängig von dem Google-Traffic, aber genauso ist Google Anlaufstelle der meisten Nutzer. Aus der Perspektive ist es nur logisch, dass Google hier seine Marktmacht nutzt, um eigene Lösungen für den Markt zu entwickeln.

Wie stehen Sie zu der Meinung, dass Google AMP nur entwickelt hat, um Facebooks "Instant Articles" etwas entgegenzusetzen?

Für mich war das eine erwartbare Entwicklung. Das sind zwei Großmächte, die sich um Werbebudgets und User-Anteile batteln. Und während Google im Desktop-Bereich führend ist, ist?Facebook auf mobilen Endgeräten mindesten gleichauf, wenn nicht stärker als Google.

Und was unterscheidet die beiden Formate dann voneinander?

Der Hauptunterschied ist, dass die AMP-Technologie frei verfügbar ist, während man bei Facebook eine Partnerschaft eingehen muss, um Content zu publizieren. Aus User-Sicht sind die beiden Plattformen in anderen Lebenssituationen relevant. Während der User Facebook hauptsächlich zu Unterhaltungszwecken nutzt, steht bei Google der Search-Faktor im Vordergrund. Ich glaube, dass beide auch parallel gut funktionieren, weil sie den Unser in unterschiedlichen Momenten erreichen. Ich glaube wirklich, dass sich die Publisher und Unternehmen dennoch überlegen sollten, wie sie ein Gegengewicht zu Google und zu Facebook bilden könnten. Man sollte sich nicht von diesen Plattformen abhängig machen. Wenn man so will, haben die Unternehmen mit AMP eine Spielwiese gewonnen, die man in Zukunft sehr genau beobachten muss. (st)

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:

Vorträge zum Thema:

  • Bild: Thilo Kerner
    Thilo Kerner (Sybit GmbH)

    Wie Sie ein wirklich sinnvolles Management-Dashboard für Marketing und Vertrieb aufsetzen

    Wie definieren Sie die wirklich wichtigen KPIs für Marketing und Vertrieb? Und wie steuern Sie dann mit diesen Ihre Marktbearbeitung erfolgreich? Thilo Kerner, Chief Revenue Officer der Sybit GmbH zeigt an Beispielen aus der konkreten Vertriebs- und Marketingpraxis, wie ein wirklich nützliches Marketing-Dashboard aussehen muss und wie Sie kennzahlengesteuertes Management im Unternehmen aufsetzen. Außerdem liefert er Tipps und Strategien, um KPIs effektiv im Geschäftsalltag Ihres Unternehmens zu integrieren.

    Vortrag im Rahmen der Daten & KI 2024. Künstliche Intelligenz, Datengestütztes Marketing und Vertrieb am 14.05.24, 10:00 Uhr

Anzeige
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:



Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.versandhausberater.de