E-Mail-Markt in Deutschland und den USA: Die kleinen Unterschiede

15.03.2001 - E-Mails in Deutschland und den USA: Nicht nur die Gesetze unterscheiden sich

Von Hans-Jürgen Wieneke
Obwohl die E-Mail eine universelle Kommunikationsplattform ist, gibt es doch Unterschiede zwischen der Nutzung und der Beurteilung von E-Mails als Marketingwerkzeug in den USA und in Deutschland.

Die vier Hauptunterschiede sind:
1) die unterschiedlichen Marktreifegrade
2) die abweichenden Gesetze/Regeln
3) die unterschiedliche Infrastruktur
4) die verschiedenen Mentalitäten

ad 1) Während die US-amerikanische Bevölkerung laut den Online-Forschern NUA zu 55,8 Prozent online ist, sind hierzulande, so Forsa, 22,3 Millionen Einwohner, also knapp 25 Prozent, online. Das World Wide Web und E-Mail ist für viele lange noch nicht so selbstverständlich, wie etwa die Nutzung des TV-Gerätes.

ad 2) Trotz der zum Teil erheblich höheren Zivilstrafen, die in den USA immer wieder durchgesetzt werden können, sind die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen in Deutschland schärfer. Insbesondere die neu geplante E-Commerce-Richtlinie mit dem beim E-Mail-Versand anzuwendenden Opt-in statt Opt-out Modell geht weiter als die amerikanischen Regeln. Durch die Opt-in-Regel wird Spamming illegal - was E-Mail-Marketing-Dienstleister stets forderten.

ad 3) Infrastrukturell wäre Deutschland in der Lage, eine führende Internetnation zu sein. Die monopolistische Struktur der "letzten Meile" behindert jedoch weiterhin den flächendeckenden, schnellen Internetzugang und damit auch eine weitergehende Verbreitung der Internettechnologie bis in die einzelnen Privathaushalte. So kann sich E-Commerce kaum entwickeln. Das ist vor allem deshalb traurig, weil damit eine bestehende Chance auf eine führende europäische Wettbewerbsposition dem Festhalten an einer überkommenen Monopolstruktur geopfert wird.

ad 4) Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Märkten scheint jedoch die Mentalität zu sein. So sehen viele Amerikaner in individualisierten Angeboten (fußend auf detaillierten Kundenprofilen) nicht Fluch, sondern Segen, retten diese sie doch aus der Dauerschusslinie des klassischen Unterbrechungsmarketing, das - ungeachtet der inhaltlichen Relevanz eines bestimmten Angebotes - auf Kundenjagd geht, statt One-to-one-Prozesse aufzusetzen. Die Möglichkeit, durch Angebote, die auf individuellen Vorlieben beruhen, eine echte Kundenbeziehung zu entwickeln, die sich zu einer wirklichen Partnerschaft auswachsen kann, wird in Deutschland weniger gesehen und gewünscht. Allerdings belegt eine von MessageMedia in Auftrag gegebene Emnid-Studie, dass vor allem bei den jüngeren Netznutzern One-to-one Angebote angenommen würden. Danach tragen sich 54,1 Prozent in Opt-in-Listen ein, um individualisierte Angebote zu erhalten. Erst wenn wir alle lernen, dass individualisiertes Marketing positiv für Konsumenten arbeitet, werden diese One-to-one-Angebote nutzen. Das Beschreiten dieses Weges setzt allerdings voraus, dass die "gnadenlose Massenmarketinggießkanne" dorthin gestellt wird, wo sie im Zeitalter des Internet hingehört: zum alten Eisen! Hans-Jürgen Wieneke ist Marketing Manager bei MessageMedia Europe in Düsseldorf

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