Logistik: "Wer die Zukunft meistern will, muss outsourcen"

17.02.2001 - ONEtoONE hat Werner Nies, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Post Fulfilment, nach Outsourcing von Logistik-Dienstleistungen, der Rolle von Software, den Auswirkungen der gestiegenen Benzinpreise und aktuellen Trends gefragt.

go Viele E-Shops scheitern, weil E-Commerce-Unternehmen die logistischen Anforderungen unterschätzen - ein Grund, warum Werner Nies, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Post Fulfilment in Bonn, für das Outsourcing von Logistik-Dienstleistungen plädiert. ONEtoONE hat Nies auch nach der Rolle von Software, den Auswirkungen der gestiegenen Benzinpreise und aktuellen Trends gefragt:

ONEtoONE: Auf dem Versandhandelskongress in Wiesbaden haben Sie über "E-Commerce versus Logistics" referiert. Warum "versus"?

Werner Nies: Diese Überschrift verweist auf die häufig unterschiedlichen Erwartungen und Vorstellungen von E-Commerce-Anbietern und Logistik-Dienstleistern. In der Vergangenheit war es häufig so, dass E-Commerce-Unternehmen aus ihrer Sicht Anforderungen realisiert haben, häufig aber logistische Notwendigkeiten außer Acht ließen. Dabei ist eine reibungslos funktionierende Logistik - das haben viele Anbieter mittlerweile erkannt - Grundvoraussetzung für erfolgreichen Internethandel. Viele Online-Unternehmen übergeben die Logistik deshalb Spezialisten. Die Logistik-Partner müssen ihr Know-how bereits in der Konzeptionsphase aktiv einbringen. Nur wenn die Vorstellungen des Anbieters mit den logistischen Lösungen harmonisiert werden, funktioniert auch die Logistik.

OtO: Haben die E-Shops ihre Logistik-Aufgaben im Weihnachtsgeschäft bewältigt? Mit welchen Problemen hatten Sie zu kämpfen?

Nies: Mir liegt es fern, über die Performance anderer Unternehmen zu urteilen. Generell kann man sagen, dass Weihnachten 2000 unter der Überschrift "Der zweite Versuch" stand. Nach meiner Einschätzung haben Händler und Logistik-Unternehmen aus dem Weihnachtsgeschäft 1999 gelernt. Das war auch notwendig. Denn grundsätzlich ist unser Eindruck, dass die Käufer wesentlich kritischer und rigoroser auf "Nichtlieferungen" oder verspätete Lieferung reagieren. Eine solche Enttäuschung hat Auswirkungen auf die weitere Geschäftsbeziehung.
Die Herausforderungen für die Deutsche Post Fulfilment lagen sicherlich in der Beherrschung der steigenden Auftragsmengen. Bei all unseren Kunden, auch denen aus dem Versandhandelsbereich, hat die Abwicklung problemlos geklappt.

OtO: Ist es heute nur noch die richtige Software, die den Erfolg von Logistik ausmacht?

Nies: Ohne eine moderne IT-Struktur und eine ausgeklügelte und zukunftsfähige System- und Anwendungsarchitektur sind Fulfillment-Dienstleistungen unter wirtschaftlichen und effizienten Gesichtspunkten nicht möglich. Aber so schön auch solche technischen Landschaften sind: Ohne den Menschen funktionieren sie cht.

OtO: Wann lohnt es sich, Logistik outzusourcen?

Nies: Immer. Wenn Sie die Zukunft meistern wollen. Und die ist beim schnelllebigen Medium Internet früher erreicht, als Sie denken.

OtO: Welche Trends in der Logistik-Branche prognostizieren Sie für 2001?

Nies: Wir sehen im E-Commerce den Trend zu wirklich integrierten Dienstleistungen, die über eine bloße Integration von Front- und-Back-End hinausgehen. Mit anderen Worten: Über die genannte Integration hinaus werden zum Beispiel Direktmarketing-Aktivitäten als Teil der Komplettlösung für den Kunden für die aktive Akquisition von Aufträgen eine Rolle spielen. Der Transport einer Ware wird weiterhin einen hohen Stellenwert für die Branche haben, aber dabei bleibt es eben nicht.
Selbstverständlich wird auch der Trend zu einer Minimierung der Lagerbestände und zu verkürzten Reaktionszeiten weiter anhalten. Dabei spielt die intelligente Verknüpfung der Verbraucher mit dem Anbieter eine bedeutende Rolle.

OtO: Wie begegnet die Branche den steigenden Benzinpreisen?

Nies: Damit müssen wir wie auch unsere Wettbewerber leben. Allerdings verlagert die Deutsche Post derzeit schon Sendungsmengen auf die Schiene (Parcel Intercity). Vollständig wird das aber nicht möglich sein. Die kurzen Strecken werden aus Gründen der Flexibilität auch weiterhin auf der Straße zurückgelegt werden.

OtO: Welche Kardinalfehler werden in der Logistik-Branche begangen?

Nies: Ich möchte nicht von Kardinalfehlern sprechen. Aber für LogistikAnbieter ist es schon entscheidend, wenn sie den Trend des zunehmenden Outsourcing von Logistik und der Nachfrage nach international greifenden Lösungen verpasst haben. Die Nutzung oder Entwicklung einer passenden IT ist ebenso bedeutsam, und das heißt zunächst einmal Investitionen. Letzteres ist auch für kleinere Anbieter wichtig, die vielleicht nicht international agieren wollen oder können. Nach ihren Spezialangeboten wird es auch weiter eine Nachfrage geben, und die sind ohne technisches Know-how kaum denkbar.
Eines steht fest: Für Unternehmen, die ihre Logistik outsourcen wollen, spielen erstens Kosteneinsparung und zweitens ein Zugewinn an Flexibilität die bedeutenden Rollen. Die Logistik-Dienstleister müssen darauf überzeugende, konzeptionelle Antworten haben, damit diese Erwartungen erfüllt werden können.

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