E-Commerce bei Banken und Versicherern noch in den Kinderschuhen

07.02.2000 - Mit dem Internetauftritt der je 50 größten Kreditinstitute und Versicherungen hat sich die Unternehmensberatung Mummert + Partner in Hamburg befasst.

Zu den Fragestellungen der soeben erschienenen Studie gehört, welche Zielgruppen angesprochen werden, wie die Leistungspalette im Web aussieht und welche Mehrwertdienste geboten werden.Sowohl Banken als auch Versicherungen wenden sich laut Mummert + Partner primär an Konsumenten. Der Business-to-Business-Bereich spielt eine untergeordnete Rolle. Die Versicherer nutzen das Internet in erster Linie zur Darstellung ihrer Produkte und Allfinanzangebote. Online-Abschlüsse sind die Ausnahme. Mummert + Partner moniert, dass der Verbraucher- und Datenschutz noch unzureichend gehandhabt wird - nur ein Drittel der geprüften Versicherungen erwähnt den Datenschutz.

Die Kommunikation erfolgt bei Banken in der Regel als Medienbruch - der Interessent wendet sich per E-Mail an das Unternehmen und bekommt die Antwort häufig erst einige Tage später per Post oder Telefon. Versicherer antworten dagegen häufiger direkt per E-Mail. Einige wenige Banken und Versicherer bieten Sonderleistungen, wie etwa einen personalisierten Web-Auftritt oder einen Newsletter. One-to-one-Marketing mit Personalisierungsmöglichkeiten und User-Registrierung gibt es bei beiden Unternehmensgruppen so gut wie nicht. Heiko Floeter, PR-Chef des Deutschen Ring in Hamburg, sagt ONEtoONE gegenüber, dass er zwar einen "steigenden Bedarf" für den Einsatz des Internet als Vertriebsinstrument erwarte, allerdings "noch geringe Chancen für Direktversicherungen über das Internet" sehe. Laut Floeter kommen Online-Buchungen vor allem für standardisierte Versicherungen mit wenig Beratungsbedarf - wie etwa die Privathaftpflichtversicherung - in Frage. Christian Arns, bei Debeka in Koblenz zuständig für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, unterscheidet ebenfalls zwischen weniger und mehr beratungsintensiven Versicherungen: Erstere könnten über einen Online-Abschluss angeboten werden, letztere nicht, da sie wie etwa die (Kapital-)Lebensversicherung schon allein wegen ihrer langen Laufzeit einer sorgfältigen persönlichen Beratung bedarf. Allenfalls für die Risikolebensversicherung sieht Arns eine Chance, eines Tages über das Internet gehandelt zu werden.

Aber auch der Online-Abschluss scheinbar einfacher Versicherungen wie der Haftpflichtversicherung hat ihre Tücken, weil Umfang und Bedingungen gründlich studiert werden müssen, um spätere Beschwerden zu vermeiden. Die Debeka will mit ihrem Internetauftritt vor allem der steigenden Nachfrage ihrer jüngeren Kunden und Interessenten gerecht werden. Die Homepage dient bislang dazu, Informationen abrufen oder den Schaden selbst errechnen zu können. Außendienst und direkter Service blieben weiterhin ein wichtiger Faktor. Trotzdem will die Debeka die weitere Entwicklung des E-Commerce "im Auge behalten", eine Ausweitung ist "angedacht".

Ähnlich sieht es die Wiesbadener R+V Versicherung: Dem Unternehmen ist bewusst, so Pressesprecherin Rita Jakli, dass 16 Prozent der Kunden über einen Online-Zugang verfügen und einen interaktiven Kommunikationsprozess erwarten. Rita Jakli: "Diesem Kundenwunsch werden wir entsprechen". Aus Sicht von Olaf Rühmeier, stellvertretender Pressesprecher der Hamburg-Mannheimer in Hamburg, bietet der Weg über das Internet "die Chance, neue Zielgruppen zu erreichen, die auf den herkömmlichen Wegen nicht erreichbar wären."

Auch für Rühmeier sind Lebensversicherungen ein Produkt, das "individuell und bedarfsgerecht für jeden Kunden" nur durch einen geschulten Außendienst vermittelt werden kann. "Diese Beratungsleistung kann unseres Erachtens derzeit nicht via Internet erbracht werden", so Rühmeier. Das Internet biete sich aber für die Bereitstellung von standardisierten Informationen an. Und die würden bei der Hamburg-Mannheimer laufend auf den neuesten Stand gebracht.

Rühmeier verweist darauf, dass im Vertrieb von Versicherungen "andere Gesetzmäßigkeiten gelten als für Bücher oder CDs. Insbesondere für den Abschluss gelten strenge juristische Regeln. Diese Regeln, die Kunden und Anbietern ein hohes Maß an Rechtssicherheit garantieren, sind nicht ohne weiteres auf das Internet zu übertragen." Stichworte sind hier die elektronische Unterschrift oder die vollständige Aushändigung von Informationsunterlagen. Bei der Hamburg-Mannheimer sieht man deshalb die rechtliche Seite noch "mit vielen Fragezeichen".

Die DBV-Winterthur, Wiesbaden, steht laut Sigurd Teske vom Internetteam mit der Domain dbv-winterthur.de noch am Anfang. Bis zum dritten Quartal dieses Jahres soll aber vor allem im Business-to-Business-Bereich "eine Menge realisiert" werden. Für Online-Abschlüsse eignen sich laut Teske prinzipiell alle Sachversicherungen sowie die Risikolebensversicherung - die "ganzheitliche Beratung in den Sparten Leben und Kranken ist nur durch einen versierten Fachmann möglich". Teilbereiche könnten aber vielleicht durch eine exzellente Analyse- und Beratungssoftware abgedeckt werden - das Internetteam der DBV-Winterthur arbeitet daran.

Auch beim Deutschen Ring hat man erkannt, dass die One-to-one-Kommunikation per Internet bisher eher kümmerlich ist - noch in diesem Jahr soll sie ausgebaut werden. Außerdem wird ein Call Center etabliert. Konkretere Pläne gibt es bei der Debeka für die One-to-one-Kommunikation via Internet: Schon Mitte dieses Jahres soll sie mit Call-me-back-Button und Call Center einschließlich Direktbearbeitung für alle Versicherungen intensiviert werden. Bei der R+V Versicherung ist die Entwicklung dieses Bereichs laut Rita Jakli noch offen. Kommunikation mit den Kunden findet einstweilen per Außendienstmitarbeiter in den Volks- und Raiffeisenbanken sowie via Kunden-Center, Telefon, Fax und E-Mail statt.

Noch in einer "Phase der Überlegung" ist eine direkte One-to-one-Kommunikation bei der DBV-Winterthur, die vielleicht als audiovisueller Dialog gestaltet werden wird. Sie bietet sich, so Sigurd Teske, besonders im Schadensbereich, aber auch in der Informations- und Beratungsphase beim Abschluss von Versicherungen an. Mummert + Partner stellt übrigens abschließend fest, dass sowohl Banken wie auch Versicherungsunternehmen vorwiegend einfache, standardisierte Produkte anbieten. Vor allem die Internet-Auftritte der Versicherungsunternehmen seien einander sehr ähnlich und auch leider nicht besonders benutzer- und verbraucherfreundlich gestaltet.

Die Unternehmensberatung kommt zu dem Schluss: "E-Commerce im Sinne einer vollständigen Ablösung stationärer durch virtuelle Geschäftsprozesse über IP-basierte Netze ist in beiden Branchen nicht erkennbar." Fazit: Auch für die Versicherungsbranche ist das Internet ein Medium von zunehmender Bedeutung - allein, um der steigenden Nachfrage der Kunden und Interessenten gerecht zu werden. Da Versicherungsleistungen aber überwiegend erklärungsbedürftige Dienstleistungen sind und nicht jede Versicherung für jeden Verbraucher "passt", ist objektive Beratung und gründliches Nachrechnen vor Vertragsabschluss wichtig. Für die Versicherungsunternehmen bleibt das Internet also wohl auflängere Sicht ein Vertriebsweg unter mehreren. Es gilt, seine Möglichkeiten zu optimieren und gleichzeitig daran zu arbeiten, dass der Verbraucher zu seinem persönlichen Berater und dessen objektiver Beratung Vertrauen haben kann. Das Misstrauen, ob nicht doch der Gedanke an die Provision im Vordergrund steht, könnte nämlich das Interesse am Online-Abschluss verstärken.

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