Lufthansa setzt auf Direktvertrieb - Deutsche BA hält dagegen

12.12.1998 - Die Lufthansa baut ihren Direktvertrieb aus.

Die Motive: geringere Kosten, eine stärkere Kundenbindung, die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes und: die mit dem Direktvertrieb verbundenen "Automatisierungspotentiale zur Steigerung der Vertriebseffizienz", so Kerstin Heinen, Pressesprecherin der Deutschen Lufthansa mit Sitz in Frankfurt.

Rund 25 Prozent vom Preis für ein Flugticket entfallen auf Verkauf und Vertrieb. In diesem Jahr betrugen die Kosten des Reisebürovertriebs bei der Lufthansa 25,3 Prozent der Bruttoerlöse, im Direktvertrieb liegen sie bei nur 17,6 Prozent.

Grund genug, den Direktvertrieb zu forcieren: Im Oktober eröffnete Lufthansa in Melbourne das sechste Call Center, für 1999 sind drei weitere, davon eins in Kassel, geplant. Reservierungszentralen in Indien, Israel sowie im Mittleren Osten sollen folgen.

Mit dem Call-Center-Netz will die Airline den Telefonumsatz von 260 Millionen Mark 1998 auf 340 Millionen Mark 1999 steigern. Insgesamt liegt der Anteil des Direktvertriebs am Gesamtumsatz bisher bei eher bescheidenen sieben Prozent, davon 19 Prozent über Call Center und ein Prozent online über den Lufthansa InfoFlyway (www. lufthansa.com). Dieser Umsatz soll bis 2003 auf 14 Prozent verdoppelt werden (39 Prozent Call Center, 21 Prozent online).

Den InfoFlyway gibt es seit zwei Jahren. Er bietet den Reisenden die Möglichkeit, alle Angebote von Lufthansa und der Amadeus-Fluggesellschaften online zu buchen. Noch liegt der weltweite Internetumsatz nur bei rund 40 Millionen Mark, aber durch Angebote wie Live-Versteigerungen von Flugtickets steigt der Bekanntheitsgrad kontinuierlich - und damit auch die Zahl der Buchungen. Lufthansa sieht im Online-Vertrieb das stärkste Wachstumsfeld im Vertrieb und erwartet bis 2003 eine jährliche Verdoppelung der Leistungszahlen, wie überhaupt die Akzeptanz von E-Commerce in der Reiseindustrie in Zukunft zunehmen wird.

Neue Kunden will die Fluggesellschaft über One-to-one-Marketing gewinnen und binden. Ab dem kommenden Jahr wird zu diesem Zweck ein E-Mail-Service eingerichtet, der die Kunden über besondere Angebote informiert und gleichzeitig Teil der Strategie ist, mit einer noch leistungsfähigeren Kundendatenbank einen Wettbewerbsvorteil im heißumkämpften Tourisitk-Markt aufzubauen.

Der Direktvertrieb setzt selbstbedienungsfähige Produkte voraus, wie den Linienflug von A nach B oder den Pauschalurlaub in Spanien, "mit wenigen objektiv vergleichbaren Leistungsmerkmalen wie dem Flugplan oder dem Hotel. Das Massengeschäft bei Geschäfts- und Privatreisen eignet sich also hervorragend für den Direktvertrieb durch Airlines oder Veranstalter", sagt Kerstin Heinen.

Grundsätzlich stimmt dem Fred Geiger, Marketingleiter der Deutschen British Airways, die mit nur sieben Strecken relativ "einfache Produkte" bietet, zu.

Die Deutsche BA arbeitet ebenfalls mit einem Call Center zusammen, da viele Informationen direkt über das Telefon vermittelbar sind. Die Info-Hotline des Call Center wird über klassische Werbung bekanntgemacht. Trotzdem läuft auch bei der Deutschen BA der überwiegende Teil des Geschäfts über Reisebüros. Geiger ist eher skeptisch, was die Ausdehnung des Direktvertriebs angeht. Er schätzt, daß sich in den nächsten zehn Jahren nichts daran ändern wird: 80 Prozent der Umsätze würden auch weiterhin über Reisebüros vermittelt werden, weil nur die Buchung über ein Reisebüro das Gefühl des "best buy" vermittele.

Wähle man hingegen ein Call Center an, habe die Vorauswahl bereits stattgefunden, eine neutrale Beratung könne es nicht geben. Das gleiche gilt für Online-Buchungen, die selbst im "Direktvertriebsland Nummer 1", den USA, nur bei unter einem Prozent der Gesamtbuchungen liegen.

Fred Geiger betrachtet das Internet in erster Linie als Informationsmedium: Der deutsche Kunde wolle - mehr als im angelsächsischen Bereich - beraten werden. Zudem seien Kreditkarten hierzulande weniger verbreitet. Ein Potential für den Direktvertrieb sieht Fred Geiger hingegen bei den Last-Minute-Reisen, genau spezifizierten Sonderangeboten und bei der traditionellen Geschäftsreise - bei Produkten also, die nicht so beratungsintensiv sind. gös

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