20.05.1999 - InterXion telekom will den ersten freien Handelsplatz für Telekommunikations- und Internet-Dienste in Deutschland eröffnen
"Die Rohstoffe der Informationsgesellschaft verderben schneller als Bananen. Wenn eine Telefonleitung eine Stunde lang nicht genutzt wird, ist dieses Kapazitätspotential unwiederbringlich verloren." Mit dieser Verschwendung, die Gerd Simon, Geschäftsführer der InterXion Telekom, so plastisch beschreibt, soll es künftig ein Ende haben. Noch in diesem Sommer will das Frankfurter Unternehmen den ersten freien Handelsplatz für Telekommunikations- und Internet-Dienste in Deutschland eröffnen. Verkauft und gekauft werden Bandbreiten, Telefonminuten, Internet-Datenverkehr und Voice over IP (VOIP, Internet-Telefonie). Die technische Plattform für den TK-/INT-Handel kommt von Siemens.
Einen Parketthandel soll es dabei nicht geben: Käufer und Verkäufer treffen sich in einem virtuellen Internet-Handelsraum, den InterXion betreibt. Beide Seiten bleiben auf Wunsch anonym. Das ist gut fürs Geschäft, denn, so Gerd Simon: "So können auch Unternehmen miteinander ins Geschäft kommen, die sonst aus Wettbewerbsgründen nicht voneinander kaufen." Ist der Deal perfekt, steht der gewünschte Telefon- oder Internet-Service innerhalb von 30 Minuten physikalisch bereit.
Sowohl die Handelsabwicklung als auch das gesamte Clearing werden von InterXion übernommen: Hierzu prüft InterXion jeden Telefon- und Internet-Carrier vor der Handelszulassung sowohl in Hinblick auf die Qualität der angebotenen Dienste als auch auf die Bonität der Gesellschaft. Somit garantiert InterXion - weit über das herkömmliche Brokerage hinaus - für die technische Qualität sowie für eine korrekte Abrechnung aller zum Handelsplatz zugelassenen Teilnehmer.
Die technische Plattform für die Abwicklung des Handels wurde mit Unterstützung der Detron-Group, Deutschlands größtem unabhängigen Netzwerkdienstleisters, als sogenanntes Carrier-Hotel in Frankfurt eingerichtet. Das installierte System, ein zentraler Knotenpunkt mit Telefonvermittlungs- und Internet-Verbindungstechnik, basiert auf einer EWSD-Vermittlungsanlage von Siemens. An diese Carrier-Zentrale werden die Netzwerke der handelswilligen Telefongesellschaften und Internet Service-Provider angeschlossen.
Bereits im Juni letzten Jahres hatte InterXion das erste Handelszentrum dieser Art in Amsterdam in Betrieb genommen. Mit Erfolg: Mehr als 30 namhafte Telefon- und Internet-Firmen sind hier heute notiert. Aufgrund der intensiven Wettbewerbssituation in Deutschland erwarte InterXion-Chef Gerd Simon einen noch stärkeren Andrang auf dem Frankfurter Handelsplatz: "Bandbreite und Kapazitäten für Telefon-, Daten- und Internet-Verkehr mußten bisher zwischen den Firmen in bilateralen Abkommen geregelt werden. In der heutigen Marktsituation mit mehr als 400 Telefongesellschaften und über 1.000 Internet-Service-Providern allein in Deutschland ist die Nachfrage nach einem universellen Handelsplatz immens."
Laut Simon liegen die Kosten für ein einziges Abkommen bisher zwischen einer viertel und einer halben Million Mark, einschließlich der technischen Realisierung. Eine Zeitverzögerung von bis zu vier Monaten führe zu brachliegenden Bandbreiten in zweistelliger Millionenhöhe beim Verkäufer und - bedingt durch Umsatzverluste aufgrund von Kapazitätsengpässen - nochmals in gleicher Größenordnung beim Käufer.
Mit dem TK-/INT-Handel verspricht InterXion den Austausch von Bandbreiten innerhalb einer halben Stunde. Lediglich der ein-malige technische Anschluß an den zentralen Frankfurter Knoten bedarf eines Vorlaufs von ein bis zwei Monaten. Sobald dieser Anschluß steht, kann der Handel im "Virtual Dealing Room", der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, beginnen.
Erste Handshake-Abkommen mit Anbietern und Kunden am neuen Handelsplatz, in dem Gerd Simon nicht zuletzt "einen hervorragenden Ansatz für zielgerichtete Marketingunterstützung" sieht, sind bereits getroffen. Offizieller Eröffnungstermin für das Handelszentrum ist der 10. Juni 1999.
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