Studie

Kundenloyalität auf dem Prüfstand

24.09.2012 - Die loyalsten Kunden kaufen bei Tchibo, DM-Drogeriemarkt, Coppenrath & Wiese, Lindt & Sprüngli, Miele, Samsung, BMW, Esprit, Aldi und ING-Diba. Diese Top-Zehn führen ein Ranking von knapp 100 Marken an, die in einer Studie auf Kundenzufriedenheit und -bindung aus Verbrauchersicht getestet wurden. Branchen-Ausnahmen wie bei der ING-Diba (Banken rangieren im Ranking ganz hinten) und Vergleiche zwischen Wettbewerbern geben Aufschluss, welche Stellschrauben die Unternehmen selbst beeinflussen können. ONEtoONE sprach exklusiv mit Serviceplan und dem Marktforscher Facit Research über die Treiber für erfolgreiche Kundenloyalität.

Kundenloyalität ist ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg einer Marke. Eine aktuelle Untersuchung von Adobe zum Return-of-Investment von Stammkunden in Online-Shops zeigt beispielsweise, dass in Deutschland (und im europäischen Durchschnitt) knapp 40 Prozent des Umsatzes durch Wiedereinkäufer bzw. Stammkäufer erzielt werden. Dabei sind den Zahlen zufolge die Stammkunden bereit, sieben Mal so viel auszugeben wie die Erstkäufer. Dennoch sprechen die Werbebudgets vieler Unternehmen eine andere Sprache: Forrester Research schätzt, dass im Einzelhandel 80 Prozent der Budgets für digitales Marketing in Instrumente zur Neukundenakquise investiert werden, zum Beispiel in Suchmaschinen- und Anzeigenwerbung. Unterschätzen die Firmen den Wert ihrer Bestandskunden?

96 Unternehmen aus 15 Branchen im Check

[f1]Zumindest haben offenbar einige derjenigen Unternehmen, die vermeintlich viel über ihre Kunden wissen und professionelles Loyalitätsmanagement betreiben, Schwierigkeiten mit der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. In einem Branchen-Ranking zur Kundenloyalität von der Agentur Serviceplan und dem Marktforscher Facit Research, dem "Loyalitätsindex 2012", verweisen Marken aus den Bereichen Babynahrung und Süßwaren die Unternehmen aus den Branchen Versicherungen und Banken auf die hinteren Plätze. So befinden sich unter den "Top-Unternehmen" Tchibo, DM-Drogeriemarkt, Coppenrath & Wiese, Lindt & Sprüngli sowie Miele. Am schlechtesten schneiden Allianz, Deutsche Bank, Generali, Zurich sowie Commerzbank ab.

Das Ranking von 96 Top-Unternehmen aus 15 Branchen in Deutschland basiert auf einer umfangreichen Studie, die Marken in Bezug auf Gesamtzufriedenheit, Wiederwahl, Weiterempfehlung und Cross-Selling bei Verbrauchern testet. Für die Studie wurden im Frühjahr 2012 rund 7.000 Konsumenten online befragt. Die Teilnehmer haben aus einer Auswahl von 96 Unternehmen (die jeweils umsatzstärksten Marktteilnehmer bzw. mit den höchsten Werbespendings) je zwei bewertet, bei denen sie Kunde sind. So sind rund 150 Antworten pro Firma erfasst und ausgewertet worden. ONEtoONE hat mit den Machern der Studie exklusiv über die Ergebnisse gesprochen. "Das ganze Thema Kundenloyalität ist ein wesentlicher Treiber in der Markenführung, wird aber noch viel zu wenig in der Kommunikationsarchitektur berücksichtigt", erläutert Ronald Focken, Geschäftsführer der Serviceplan Holding, die Beweggründe für die Untersuchung.

"Auf den ersten Blick hat es uns am meisten überrascht, dass die Branchen, die besonders viel über ihre Kunden wissen müssten und sie auch zielgerichtet ansprechen könnten, am schlechtesten abschneiden", kommentiert Sandro Götz, seit Kurzem Geschäftsführer Strategie und Beratung der Dialogagentur Serviceplan One, die Studie. "Die am schlechtesten bewerteten Branchen haben jedoch auch die erklärungswürdigsten Produkte", stellt Götz fest.

[b]Branchen-Ranking nach CPI - CSI - CRI [/b][k]CPI - CSI - CRI

77,3 - 79,8 - 76,4 - Babynahrung
77,2 - 80,8 - 76,0 - Süßwaren
75,4 - 79,0 - 74,2 - Convenience/Tiefkühlkost
75,1 - 75,7 - 74,5 - Lebensmitteleinzelhandel
75,0 - 77,3 - 74,0 - Drogerien
74,6 - 78,4 - 73,3 - Haushaltsgeräte
74,3 - 74,9 - 74,1 - Textilhandel
73,7 - 78,5 - 71,9 - Molkereiprodukte
73,6 - 77,1 - 72,3 - Automobile
72,2 - 72,4 - 72,0 - Touristik
72,0 - 72,8 - 71,4 - Bau- und Gartenmärkte
70,0 - 73,0 - 69,0 - Fast Food
67,2 - 69,2 - 66,5 - Telekommunikation
67,1 - 69,7 - 66,0 - Finanzdienstleister
62,7 - 67,8 - 60,8 - Versicherer
[/k]
Die Branchenzugehörigkeit kann allerdings nur bedingt als Ausrede für die Unternehmen herhalten: Die ING-Diba, im Juni dieses Jahres mit dem Eddi (Erfolg durch Dialogmarketing, s. OtO 08/2012) ausgezeichnet, befindet sich unter den "Top-Ten" im Gesamtranking. Die Commerzbank hingegen belegt den letzten Rang.

[f2]Wie genau aber kommen diese Werte zustande? Das Loyalitäts-Ranking setzt sich nach dem Studienkonzept aus vier Dimensionen zusammen. Diese sind die Gesamtzufriedenheit, die Wiederwahl, die Weiterempfehlung und das Cross-Selling. Die Gesamtzufriedenheit bildet dabei den CSI (Kunden-Zufriedenheits-Index), die übrigen drei Dimensionen den CRI (Kunden-Bindungs-Index). Aus beiden setzt sich der Gesamtwert, der Kunden-Performance-Index (CPI) zusammen. Die befragten Kunden mussten in der Studie Fragen auf einer Skala von eins bis sechs beantworten. Unter anderem wurde nach der Zufriedenheit mit den Produkten und Dienstleistungen gefragt, aber auch nach Preis-Leistungs-Verhältnissen, den Führungsqualitäten und Werten des Unternehmens. Aus den Antworten berechnete das Marktforschungsinstitut den Gesamtwert auf einem Index mit maximal 100 Punkten. Bis zu einem Indexwert von 70 gilt das Ergebnis laut Facit-Geschäftsführerin Katrin Meyer-Schönherr als "gut", ab 86 als "sehr gut".

[k] Der [b] Kunden-Performance-Index (CPI)[/b] besteht aus [b]Kunden-Bindungs-Index[/b] ([b]CRI [/b]= Wiederwahl, Weiterempfehlung, Cross-Selling) und [b]Kunden-Zufriendenheits-Index [/b]([b]CSI [/b]= Gesamtzufriedenheit)[/k]
"In die Top-Liga schaffen es meist nur sehr kleine Unternehmen und Nischenanbieter", erklärt Meyer-Schönherr. "Kunden vergeben selten den Bestwert und haben immer etwas zu mäkeln." Beim Index zur Kunden-Performance bewegen sich die Unternehmen nach der aktuellen Studie in einem Feld von 81,3 bis 58,9 Punkten. "Die große Mehrheit erlangt einen Wert von mehr als 70 Punkten, weist also eine gute Kunden-Performance auf", so Götz. Das ließe darauf schließen, dass die Firmen Kundenorientierung ernst nehmen. "Sie ist dennoch ausbaufähig", mahnt der Dialogmarketingexperte.

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