Die Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland (75,8 Prozent) misstraut Zeitungen, 71,6 Prozent vertrauen auch Journalisten und Journalistinnen nicht. Mehr als ein Drittel der Jugendlichen vermutet, dass die Medien absichtlich wichtige Informationen zurückhalten (37,9 Prozent) und nur ihre eigene Meinung verbreiten (32,8 Prozent). Auch das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen, wie z. B. Behörden oder politische Organisationen, ist unter Jugendlichen nur mäßig ausgeprägt. Nur jeder zweite Jugendliche vertraut der Bundesregierung (53,9 Prozent) oder den Vereinten Nationen (54,0 Prozent). Deutlich höheres Vertrauen genießen dagegen Wissenschaftler (76,1 Prozent) und die Polizei (79,9 Prozent).
Dies sind Ergebnisse der 'Vertrauensstudie 2022'
, die im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung
(Bayer) von der Universität Bielefeld
durchgeführt wurde. Sie untersucht, wie sehr Kinder und Jugendliche in sich, in andere und in ihre Zukunft vertrauen. Teilgenommen an der Umfrage haben über 1.500 Kinder (6 bis 11 Jahre) und Jugendliche (12 bis 16 Jahre). Befragt wurden Familien in Berlin, Leipzig, Köln, Deggendorf, Herne, Neunkirchen/Saar, Reutlingen, Stralsund, Bitburg und Aurich.
Zwischen gesunder Skepsis und Verschwörungsneigung
"Das eklatante Misstrauen der Jugendlichen in die Medien, verbunden mit der Annahme, dass diese absichtlich Informationen verschweigen oder nur ihre eigene Meinung verbreiten, halten wir für alarmierend", sagt Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler
. Dabei müsse zwischen Skepsis und Verschwörungsneigung unterschieden werden. Eine
"gesunde Skepsis", die Informationen hinterfragt, sei durchaus nützlich im Leben, so Ziegler.
"Stellen wir aber nicht nur den Wahrheitsgehalt einer Information in Frage, sondern vermuten wir, dass uns - in diesem Fall - die Medien absichtlich Informationen verschweigen und manipulieren wollen, dann bewegen wir uns in einem gefährlichen Bereich von Verschwörungsglauben."
So zeigen die Ergebnisse der Studie, dass von den Jugendlichen, die wenig in öffentliche Einrichtungen vertrauen, mehr als ein Drittel (38,7 Prozent) eine starke Anfälligkeit für Verschwörungsgedanken aufweist, hier hätten auch die Eltern einen wesentlichen Einfluss. Auch gebe es einen Zusammenhang von Medienkonsum und Verschwörungsneigung. Von den Jugendlichen, die ihre Informationen bevorzugt aus den sozialen Medien beziehen, zeigen 37,6 Prozent eine starke Verschwörungsneigung. Von den Jugendlichen, die sich überdurchschnittlich viel über öffentlich-rechtliche Medien informieren, sind dies nur 5,4 Prozent.
Weitere Ergebnisse der Studien zeigen, dass viele Jugendliche auch im Privaten wenig Vertrauen haben, weder in sich selbst noch andere.
- Insgesamt ein Viertel der Jugendlichen (24,5 Prozent) weist nur ein geringes Selbstvertrauen auf.
- 32,2 Prozent der Teenager sagen, dass es ihnen Schwierigkeiten bereitet, ihre Pläne und Ziele zu verwirklichen.
- 26 Prozent wissen nicht, wie sie damit umgehen, wenn neue Herausforderungen auf sie zukommen.
- 41,7 Prozent der Jugendlichen fühlen sich manchmal nutzlos.
- 61,5 Prozent der Jugendlichen haben Angst, etwas falsch zu machen.
- Zwei Drittel der Jugendlichen (63,6 Prozent) vertrauen nicht in andere Menschen.
- Knapp jeder zweite Jugendliche meint, wer sich auf andere verlässt, wird ausgenutzt (49,3 Prozent) und hat bereits erlebt, dass man sich nicht auf andere verlassen kann (46,3 Prozent).
- 39,6 Prozent der Jugendlichen glaubt nicht, dass die meisten Menschen gute Absichten haben.
Diese Ängste wirken sich auch auf ihr Vertrauen in die Zukunft aus:
- Ein Viertel der Jugendlichen (25,8 Prozent) blickt nicht optimistisch in die Zukunft.
- Mehr als zwei Drittel sorgen sich um Klimawandel (74,1 Prozent), Umweltverschmutzung (69,3 Prozent), Krieg (66,4 Prozent) und Armut (64,1 Prozent).
- Nur 4,3 Prozent der Jugendlichen sehen ihre persönliche Zukunft düster. Fast die Hälfte (47,3 Prozent) blickt positiv auf ihre ganze private Entwicklung. Zum Vergleich: Nur 19 Prozent der Jugendlichen sieht für die Gesellschaft eine positive Entwicklung. Mehr als ein Drittel (34,8 Prozent) von ihnen bewertet die Zukunft der Gesellschaft pessimistisch