Ein Export von Waren und Dienstleistungen findet demnach bei etwa der Hälfte der Gründenden und jungen Unternehmen nicht statt. Und dieser Fokus auf regionale und nationale Märkte werde sich infolge der Corona-Krise tendenziell verstärken, lautet ein Fazit des 'Global Entrepreneurship Monitors (GEM) 2019/2020'
. Die deutsche Ausgabe hat das RKW Kompetenzzentrum
in Kooperation mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover
erstellt. An der aktuellen Studie haben sich weltweit 50 Länder beteiligt, insgesamt wurden dafür 154.991 Personen befragt.
Unternehmensgründer schauen vor allem auf die eigene Region
Die Region spielt bei Unternehmensgründungen in Deutschland eine große Rolle. So erfolge die Entscheidung über den Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen, häufig auf Grundlage der erwarteten Marktchancen innerhalb der eigenen und bekannten Region. Auch die ersten Kundinnen und Kunden stammen häufig aus dem regionalen Umfeld: Mehr als 90 Prozent der befragten Gründenden und deren junge (maximal 3,5 Jahre alten) Unternehmen hatten im Jahr 2019 Kundinnen und Kunden aus der Region des Firmensitzes oder erwarten diese nach vollzogener Gründung dort zu haben.
Die dem GEM zugrundeliegende Gründungsquote TEA (Total early-stage Entrepreneurial Activity) definiert sich als Anteil derjenigen 18 bis 64-Jährigen, die während der letzten 3,5 Jahre ein Unternehmen gegründet haben oder gerade dabei sind. 70 Prozent der Befragten gaben Kundschaft "Andernorts in Deutschland" und rund 50 Prozent "Außerhalb von Deutschland" an.
Die ersten Kunden von Start-ups stammen aus der Region.
Grafik: GEM Team Deutschland 2019/RKW Kompetenzzentrum
Die Ergebnisse zeigen laut der Studienautoren, wie wichtig die Region für die ersten Schritte einer Gründung ist. Der einfache Zugang zum regionalen Markt sei daher prägend für die Attraktivität von Gründungsstandorten.
Konzentration auf nationale Märkte
Auch ein anderer Indikator aus dem GEM-Bericht - der "Exportanteil am Umsatz" - zeigt, dass sich Gründende in Deutschland vor allem auf den regionalen und nationalen Markt konzentrieren. Etwas über die Hälfte der TEA-Gründenden exportiert nicht oder erwartet auch zukünftig keine internationalen Umsätze. Dieses Ergebnis passt zu der stark regional geprägten Verteilung der Kundschaft vieler Gründungen. Nur knapp 5 Prozent der TEA-Gründenden erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes (über 75 Prozent) mit Exportaktivitäten oder erwarten diesen über internationale Märkte zu erwirtschaften.
Regionale und nationale Märkte stehen für Unternehmensgründer im Fokus.
Grafik: GEM Team Deutschland 2019/RKW Kompetenzzentrum
Trend zu Regionalisierung der Wirtschaft in der Krise
Hinzu kommt: Infolge der Corona-Pandemie ist die Bedeutung der regionalen Wirtschaft in den meisten Unternehmensbranchen noch weiter gestiegen. Die Krise hat vielen Unternehmen in Industrie und Handel zudem gezeigt, wie fragil globale Lieferketten sein können und welche Risiken eng verknüpfte internationale Wertschöpfungsketten - beruhend auf hochgradig spezialisierter Arbeitsteilung und Just-in-time-Produktion - mit sich bringen. Die aktuelle Lage verdeutliche der Wirtschaft, dass eine einseitige Abhängigkeit zu vermeiden ist und internationale Lieferketten stärker diversifiziert werden sollten. So könnte es sinnvoll sein, die Wertschöpfungsketten in ihrer Gesamtheit stärker regional auszurichten.
Fazit der Studie: Aus Sicht von Gründerinnen und Gründern müssen Geschäftsmodelle zukünftig besser in der Lage sein, Unwägbarkeiten von Krisensituationen zu meistern. Der regionale Ansatz in Kombination mit einem digitalen Kundenzugang könnte hier eine mögliche Lösung sein.
Der GEM-Länderbericht Deutschland 2019/20 steht
hier
zum Download zur Verfügung. Sämtliche GEM-Länderberichte Deutschland seit 1999 gibt es unter
www.wigeo.uni-hannover.de/gem.html
. Das RKW Kompetenzzentrum ist ein gemeinnütziger Ratgeber für den deutschen Mittelstand, der vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
gefördert wird.