Internationale Vorschriften

EU-Digitalmarkt: Uneinheitliche Regeln zerstören rund 100 Milliarden Euro Umsatz

16.07.2020 - Was den europäischen Binnenmarkt angeht, bremsen einige Faktoren das große Potenzial aus, das Unternehmen hier erschließen könnten - nicht zuletzt die Furcht der Firmen, etwas aus Unwissenheit falsch zu machen.

von Sebastian Halm

Nur jedes dritte Unternehmen ist sich derzeit sicher, die gesetzlichen Normen überall einzuhalten. Nur knapp ein Viertel (24 Prozent) ist überzeugt, überhaupt in Gänze zu verstehen, welche Normen das eigene Unternehmen in allen Ländern wirklich betreffen.

Europaweit sind knapp drei Viertel (72 Prozent) der befragten Führungskräfte der Meinung, dass das Unternehmenswachstum gebremst werde, weil die Einhaltung aller notwendigen internationalen Vorschriften übermäßig komplex sei. 30 Prozent sprachen von einer "großen Herausforderung", und 42 Prozent sind der Meinung, dass die Einhaltung der Vorschriften immer schwieriger werde. In Deutschland ist diese Zahl sogar noch größer (82 Prozent). Das wirkt sich auch direkt auf die Ambitionen zu grenzüberschreitendem Handel aus: 41 Prozent der Online-Unternehmen in Europa, die sich derzeit international zurückziehen, tun dies, weil die Komplexität der Vorschriften zugenommen hätten, seit sie in bestimmte Regionen expandiert seien.

Verpasstes Potenzial durch uneinheitliche Regulierung

Unternehmen jeder Art und Größe würden von einheitlicher Regulierung innerhalb der EU profitieren. Mehr grenzüberschreitende Unternehmensaktivität wiederum bietet die Chance auf beträchtliches zusätzliches Wirtschaftswachstum. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Führungskräfte geben an, dass ihr Unternehmen in mindestens zehn Ländern aktiv wäre, wenn die Vorschriften und Steuersysteme in der EU besser harmonisiert würden oder zumindest einfacher navigierbar wären.

Diese Unternehmen sagen weiterhin, dass sich ihr Umsatz im Schnitt um 30 Prozent steigern ließe, wenn sie sich nicht mit übermäßig komplexen nationalstaatlichen Vorschriften und deren Einhaltung auseinandersetzen müssten. Rechnet man diese Zahl auf alle B2C-E-Commerce-Unternehmen in der EU hoch, könnte die europäische Online-Wirtschaft allein in diesem Segment um mehr als 100 Milliarden Euro wachsen.

Die befragten Führungskräfte sind insbesondere auf der Suche nach Tools, die bei der Einhaltung von Vorschriften unterstützen. Europaweit nutzen bereits 70 Prozent der Online-Unternehmen solche Technologien, deutsche Unternehmen hingegen liegen mit 46 Prozent weit unter dem Durchschnitt. Ein Grund dafür ist, dass die Landschaft der Online-Tools fragmentiert ist und die Technologie ebenso wie die Vorschriften als zu länderspezifisch angesehen wird, um wirklich effektiv zu sein.

Auch Innovation ist ein Bereich, den deutsche Führungskräfte als Herausforderung betrachten. Gemeinsam mit Frankreich belegt Deutschland mit 42 Prozent in diesem Punkt den letzten Platz, während beim Spitzenreiter Schweden nur 16 Prozent Innovation als Herausforderung empfinden.

Für die Studie der Payment-Plattform Stripe   befragte das Marktforschungsinstitut B2B International   500 europäische Führungskräfte in international tätigen Online-Unternehmen.

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