Verkaufspsychologie

Vom Umgang mit "schwierigen" Kunden

27.12.2019 - "Schwierige" Kunden mit hohem Betreuungsbedarf fordern jeden Verkäufer. Sie bieten aber auch das Potenzial zu wachsen und noch besser zu verkaufen. Wie das gelingt:

von Frauke Schobelt

Die Weihnachtssaison ist für Handel und viele Unternehmen die umsatzstärkste im Jahr. Hier tobt sich der Konsumwahn ungehemmt aus - mit allen gewollten und ungewollten Nebenwirkungen. Für Verkäufer gilt es dann ganz besonders gute Nerven zu bewahren. Auch ihr professioneller Umgang mit gestressten, fordernden, überforderten, ratlosen, hektischen und manchmal auch unverschämten Kunden entscheidet, ob ein Kauf stattfindet oder nicht. Oder wie zufrieden der Kunde mit dem Umtausch ungeliebter Geschenke ist. Doch wie geht man mit wirklich schwierigen Kunden um? Verkaufsexperte Oliver Schumacher   hat dazu ein paar Tipps:

Ruhe bewahren

Menschen bekommen sehr schnell Stress, wenn sie aufgrund von Aussagen oder Verhaltensweisen in Situationen geraten, die ihnen nicht gefallen. So bekommen manche Verkäufer einen erhöhten Puls, wenn ihr Kunde einen Einwand äußert, den sie eigentlich noch nie richtig entkräften konnten - und deswegen erfahrungsgemäß häufig das Verkaufsgespräch scheiterte. Andere Kunden sind einem manchmal einfach unsympathisch. Vielleicht aufgrund ihres Erscheinungsbildes, ihrer Art und Weise, mit dem Verkäufer zu sprechen oder weil sie anscheinend alles Mögliche wollen, aber ganz bestimmt nichts kaufen.

Interpretation hinterfragen

Haben Sie schon einmal etwas "in den falschen Hals" bekommen? Einfach nur, weil jemand etwas zu Ihnen gesagt hat, das er so gar nicht meinte? Oder haben Sie schon einmal einen gut gemeinten Spruch zur Aufmunterung Ihres Gegenübers gesagt - doch dieser "blaffte" schroff zurück? Missverständnisse aufgrund von falschen Interpretationen scheint es sehr häufig zu geben. Aber es liegt nun einmal in der Natur des Menschen, dass wir etwas sehen oder hören - und automatisch werten. Vielleicht ist es sogar ein Überbleibsel aus unserer frühesten menschlichen Entwicklung: Der Urmensch hat jemanden gesehen. Er musste schnell entscheiden: Freund oder Feind? Angriff, Flucht - oder alles gut? Auch unsere Erziehung und Entwicklung wurde stark geprägt von Einstellungen und Meinungen der Eltern, Geschwister, Lehrer, Freunden - und selbst von unseren Vorbildern aus den Medien. Denn wer hat noch nie über einen Mitmenschen gelästert oder gelacht, weil jemand mit einer anderen Meinung uns wirklich wie von einem anderen Stern vorkam? Doch wer sagt Ihnen, dass Sie Recht haben? Wieso können Sie von sich behaupten, dass es so, wie Sie es sehen, richtig ist? Nur weil Sie 100 Menschen kennen, die das auch so sehen? Eventuell, weil es bei Ihnen bisher immer so war? Möglicherweise weil Sie sich vorrangig mit Menschen umgeben, die ähnlich ticken wie Sie?

Bewertungen vermeiden

Es kann sogar sein, dass uns an einigen Mitmenschen gerade das ganz besonders nervt, was wir selbst gerne hätten. Vielleicht nicht im Verhältnis 1:1. Aber wenn Sie vielleicht von einem teuren Sportwagen überholt werden und Ihr Beifahrer sagt "So ein Angeber!" - kann es sein, dass Sie Ihrem Beifahrer zustimmen, aber selbst gerne auch einmal etwas mehr auffallen würden? Oder wenn wir lesen, dass eine Berufsgruppe wieder mehr Lohn bekommt, wir aber nicht den Eindruck haben, dass gerade diese eine Zulage verdient hat, kann es da nicht sein, dass wir es ihnen nicht gönnen, weil wir auch wieder einmal endlich mehr in der Geldbörse hätten? Der Spruch "Es gibt keine schwierigen Menschen. Es ist nur schwierig mit den Gefühlen umzugehen, die diese in uns verursachen" bringt es auf den Punkt: Letztlich entstehen negative Gefühle nur aufgrund unserer Wertungen. Während also ein Kollege vielleicht mit einem bestimmten Kunden Schwierigkeiten hat, kann ein anderer wegen seiner Denkhaltung den gleichen Kunden als sehr nett und aufgeschlossen empfinden.

An der Aufgabe wachsen

Nun ist es natürlich so, dass Sie aufgrund dieser Erkenntnis nicht einfach von heute auf morgen komplett anders sein können, so dass Sie plötzlich keine "schwierigen" Mitmenschen und Kunden mehr haben. Auch werden Sie nicht Ihre Kunden ändern können. Oder ist es einem Verkäufer schon einmal gelungen, Sie selbst in Ihrer Rolle als Kunde zu verändern? Genau! Wenn ein Verkäufer das bei Ihnen versucht hat, haben Sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dagegen gewehrt. Entweder mit einer langen Diskussion oder einem Nichtkauf - vielleicht sogar mit der Phrase "Ich muss es mir noch einmal überlegen!" Wer würde denn auch einem Verkäufer eiskalt ins Gesicht sagen, dass er sich von diesem verletzt und nicht ernst genommen fühlt? Es ist schließlich so, dass Kunden die Wahl haben - und wenn es in dem einen Laden nicht gut läuft, ist der nächste nicht weit weg.

Andere Meinungen zulassen

Gerade an Menschen, die auf den ersten Blick als komplett anders erscheinen, können Sie persönlich als Verkäufer und Persönlichkeit enorm wachsen. Es ist übrigens hochinteressant, wenn man Menschen beobachten kann, die das Gleiche aus einer komplett anderen Perspektive sehen. Sollte jemand einen Standpunkt vertreten, der Ihnen gar nicht gefällt, dann gehen Sie bitte nicht automatisch dagegen an. Wenn jemand eine andere Meinung hat als Sie, dann ist es seine Meinung. Sehen Sie seine Äußerungen doch einfach als Meinungsvorschläge an. Das heißt: Es liegt an Ihnen, ob Sie die Meinung Ihres Gesprächspartners zu Ihrer Meinung machen wollen - oder nicht. Respektieren Sie einfach gewisse Dinge und hinterfragen gegebenenfalls wertschätzend, wie er zu dieser Meinung gekommen ist. Aber selbst dann, wenn Sie Ihr Gegenüber nun dabei ertappen, dass seine Argumentation nicht schlüssig ist - zwingen Sie ihm deswegen nicht gleich Ihre Meinung auf. Denn wer sagt, dass Sie Recht haben? Wenn Ihnen ein Verkäufer womöglich faktisch beweist, dass Sie sich die letzten 30 Jahre geirrt haben - würden Sie deswegen kaufen? Oder kann es sein, dass Sie aufgrund dieses Gesichtsverlustes womöglich den Verkäufer - wenn nicht sogar das Geschäft - meiden?

Kunden ernst nehmen und Lösungen suchen

Sollten Sie von Ihren Kunden immer wieder gewisse Einwände hören, die Ihnen das Leben schwer machen, dann stellt sich eine interessante Frage: Warum soll sich daran etwas ändern, wenn Sie daran nichts ändern? Vielleicht setzen Sie sich einfach einmal mit Ihren Kollegen zusammen und sammeln alle Einwände und Situationen, die Ihnen den Verkaufsalltag erschweren. Suchen Sie dann gemeinsam nach Lösungen und Möglichkeiten, wie Sie zukünftig anders oder vielleicht sogar besser damit umgehen können. Im schlimmsten Falle gibt es ein paar Situationen, vor denen der eine oder andere Verkäufer Angst hat. Gerade dann, wenn der Kunde auf einen "wunden Punkt" zu sprechen kommt, werden so manche Verkäufer ohne böse Absicht dominanter, rechthaberischer oder kleinlauter. Automatisch interpretiert der Kunde, dass da etwas nicht stimmig ist und demzufolge nicht stimmen kann. Entsprechend logisch ist es, wenn er dann mit mehr Fragen oder Ausweichmanövern "schwieriger" wird.

Fazit: Freuen Sie sich also zukünftig auf Kunden, die etwas anders sind als die Norm. Denn nur an diesen werden Sie persönlich wachsen. Und irgendwann werden Sie rückblickend merken: Donnerwetter, vor zwei Jahren wäre ich bei diesem Kunden ausgeflippt. Aber jetzt ging alles plötzlich ganz leicht - und der Kunde hat sogar gekauft.

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